«Die verschossenen Elfmeter machen Beckham sympathisch»

David Beckham
Nicky Gumbel

Ausgerechnet David Beckham verschiesst an der EM zwei Elfer. Wie kann so etwas passieren? Der Sportlerseelsorger Thomas Zindel, Leiter von «Athletes in Action» und Herausgeber der «Bibel für Fussballer», äussert sich über Beckham & Co. und die Möglichkeit, das Beste aus dem Spiel des Lebens herauszuholen.

Livenet: Mit David Beckham verschiesst einer der weltbesten Fussballer zwei von zwei Penaltys an der EM. Eine Trefferquote von 0 Prozent. Wie kann so etwas passieren?

Thomas Zindel: Das kann ihm passieren, wie es jedem Fussballer passieren kann. Nur ist er eine Ikone. Und der bestvermarktete Fussballer steht denn auch unter einem ganz anderem Druck als andere. Es erstaunte mich auch und ich frage mich, wie er damit um geht.

David Beckham ist nicht ein Halbgott, wie verschiedene Leute meinen. Das macht ihn auch wieder sympathisch. Es zeigt, dass all das eine hochstilisierte Scheinwelt ist. Wenn hochgeputschte Leute Fehler machen, werden sie nahbar. Sie werden wieder normaler und menschlicher, so wie wir auch sind.

Für ihn und das Team mag sein Drüberschiessen auf den ersten Blick matchentscheidend sein. Aber der alles entscheidende Faktor ist es nicht. Die Engländer verpassten in 120 Minuten viele Chancen. Wenn der portugiesische Goalie Ricardo nun zum alles entscheidenden Helden stilisiert wird, ist dies falsch. Aber wir Menschen suchen eben Helden...

Über welchen Europameister würden Sie sich mehr freuen: ein Team, welches den Titel noch nie holte, oder eines, das schon einmal triumphierte?

Ich habe allgemein den Eindruck, dass gewisse Sachen auf den Kopf gestellt werden. In der Champions League standen im Mai zwei Teams im Finale, die man vom Namen her dort nicht erwartet hatte. Wenn eine Überraschungsmannschaft die EM gewinnt, wäre das für mich etwas Mutmachendes.

Wir als Nichtstars und Nichtfussballer erwarten, dass Gott mit uns Sachen auf den Kopf stellt und Pläne verwirklicht, die wir nicht in der Rechnung haben. In der Bibel steht, dass Gott nicht Bekannte und nicht Edle gerufen hat. Es ist ein Prinzip im Reich Gottes, dass er Schwache oder nicht Favorisierte nimmt und mit ihnen etwas macht. Mit solchen, die sich ihm zur Verfügung stellen. Ein Europameister, der nicht zu den Favoriten gehörte, würde mich freuen.

England führte über 85 Minuten und verlor zuletzt. Welche Parallele fürs Leben als Christ ziehen Sie – «Gehe hin zur Ameise, du Fauler»?

Dass das Spiel in den letzten Minuten kippen kann, macht seinen Reiz aus. Davon lebt der Fussball. Bis zum Abpfiff ist alles möglich.

Auf der geistlichen Ebene geht es darum, dass wir den Lauf, den wir mit Jesus begonnen haben, zu Ende laufen. Er will, dass wir ein gutes Ende nehmen. Dort wo wir uns zurücklehnen und uns das christliche Leben einrichten, sind wir in Gefahr, dass wir nicht das Maximum aus dem Spiel herausholen und uns den Siegeskranz vor der Ziellinie nehmen lassen.

Ich denke dabei auch an das Bild eines Marathonläufers, der in ein Stadion einläuft und von Zehntausenden bejubelt wird. Das ist für mich ein relevanter Vergleich für den Moment, in dem wir bei Gott einlaufen werden. Dieses Bild motiviert mich in schwierigen Situationen. Und zwar für den Moment, in dem Gott sagt: «Das hast du gut gemacht, treuer Diener.»

Solange unser Herz Gott vertraut, mag es auch Niederlagen leiden. Dann liegt es drin, dass wir mal ein Spiel verlieren oder versagen. Denn wir stehen wieder auf und laufen weiter. Ich möchte allen Leserinnen und Lesern dieses Interviews Mut machen, dort wo sie am Boden liegen, wieder aufzustehen und weiterzugehen.

Datum: 26.06.2004
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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