Fussball trägt zur Versöhnung bei

Cha Bum

Früher schoss er für Eintracht Frankfurt und Bayer Leverkusen Tore, dann trainierte er Südkoreas Nationalmannschaft: Cha Bum-Kun, Fussballspieler und engagierter Christ. Jetzt bringt er Kindern das Kicken dabei und hofft, die Weltmeisterschaft in Südkorea und Japan bringt die beiden lange verfeindeten Nationen einander näher.

Er war und ist weit über die Tore Frankfurts und Leverkusens hinaus bekannt. Auch wer kein Fussballfan ist, hat von ihm gehört: Cha Bum-Kun, 1979 bis 1989 erfolgreicher Spieler bei Eintracht Frankfurt und Bayer Leverkusen. Nicht nur seine Torbilanz 98 Tore in 308 Spielen machten den Südkoreaner, der seine deutsche Karriere beim SV Darmstadt 98 startete und fiel schon lange vor Jorginho und Paulo Sergio in den Stadien als bekennender Christ auf.

Von solchen Ausnahmen abgesehen assoziiert man mit Fussball nicht gerade als Erstes Korea. Doch das ändert sich jetzt: Zum ersten Mal in der 72-jährigen Geschichte der internationalen Spiele teilen sich zwei Länder die Gastgeberrolle noch dazu zwei Staaten, die alles andere als ein freundschaftliches Verhältnis zueinander haben. Der Weltfussballverband FIFA hatte wohl gehofft, die Zusammenarbeit im Sport würde die einstigen Erzfeinde einander auch politisch näher bringen.

Ein Schuldbekenntnis einiger japanischer Intellektueller gab aus den Reihen der protestantischen Kirchen. Der Moderator des Kirchenbundes Kyodan (Vereinigte Kirche Christi in Japan) bat die Opfer japanischer Kolonisation um Vergebung und ermahnte die Kirche, ihr "Wächteramt" in Zukunft entschlossener wahrzunehmen. Doch mit einem Anteil von weniger als einem Prozent der Bevölkerung hat die Stimme der Christen in der japanischen Öffentlichkeit kein hohes Gewicht.

Anders in Südkorea: Dort gehören 25 bis 30 Prozent der Bürger einer christlichen Kirche an, und 90 Prozent von ihnen sind auch in ihren Gemeinden aktiv. Im Kampf um soziale Gerechtigkeit und Versöhnung spielen die Kirchen eine Vorreiterrolle, sei es in der Unterstützung der Immigranten, der "Trostfrauen" oder in der Frage der Wiedervereinigung.

Und das Wort engagierter Theologen hat Gewicht: Kim Hae-Song zum Beispiel, Pfarrer der Presbyterianischen Kirche in der Republik Korea (Prok), hat zwei Zentren für illegal im Land lebende Ausländer aufgebaut. Dort erhalten sie unter anderem Hilfe, wenn sie nach Arbeitsunfällen keine Entschädigung bezahlt bekommen. Kim war zu Zeiten der Militärdiktatur wie viele Christen im Widerstand und hat oft im Gefängnis sitzen müssen. Heute verfügt er bei Polizisten und Kommunalpolitikern über Autorität, die er zu Gunsten seiner Gemeindeglieder aus anderen Teilen Asiens geltend macht.

Mit Kim Dae-Jung, dem Mandela Koreas und bekennenden Katholiken, ist die Demokratie im Land der Morgenröte eingezogen. Auch aussenpolitisch geht der charismatische Staatspräsident versöhnlich auf die ehemaligen Feinde Südkoreas zu.

Immerhin herrscht zurzeit Tauwetter im frostigen Verhältnis der beiden Bruderstaaten: Das im Oktober kurzfristig vom Norden abgesagte vierte innerkoreanische Familientreffen konnte am 28. April stattfinden. Die "Sonnenschein"-Politik Kim Dae-Jungs verzeichnet ganz allmählich Erfolge: Im Gegenzug für wirtschaftliche Hilfe öffnet Nordkorea zumindest punktuell die Schlagbäume. Seit Bushs Vorwurf nach dem 11. September, Kim Jong-Il unterstütze den Terrorismus, ist der Norden dazu gezwungen, gut Wetter zu machen.

An eine baldige Wiedervereinigung ist nicht zu denken. "Viele Südkoreaner fragen, wie viel der Zusammenschluss menschlich und finanziell wohl kosten wird. Und vor allem junge Menschen haben Angst, dass ihr eigener Lebensstandard dadurch sinken könnte", erklärt Park Jong-Wha, Berater des Präsidenten, Moderator einer Fernsehshow zu aktuellen politischen Fragen und Pfarrer einer Gemeinde der Prok.

Seit über 15 Jahren steht der nordkoreanische Christenbund (KFC) mit dem Nationalen Kirchenrat (NCCK) in Seoul in Verbindung. Bereits 1988 verabschiedeten beide eine gemeinsame Erklärung zu Wiedervereinigung und Frieden. Auch zu Kirchen in Japan und den USA pflegt der KFC seit langem Kontakte.

Seit den 80er Jahren finden zudem deutsch-koreanische Konsultationen von Kirchenvertretern statt. Die Hoffnung, welche die Teilnehmer des achten Treffens im Mai 2001 zum Ausdruck brachten, erfüllte sich unerwartet schon im Jahr der Weltmeisterschaft: Eine Delegation des Evangelischen Missionswerkes in Deutschland (EMW) und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) konnte vom 7. bis 11. Mai erstmals in das kommunistische Land einreisen.

Der 49-jährige ehemalige Coach der südkoreanischen Nationalmannschaft Cha Bum-Kun bringt in seiner "Chaboom"-Fussballschule dem Nachwuchs das Kicken bei. Dort trainieren koreanische Kinder zusammen mit Sprösslingen europäischer Ausländer. Der Bolzplatz, findet Cha, sei gerade für die Jugend ein Platz der Begegnung und die Weltmeisterschaft ein wichtiger "Schritt zur Versöhnung aller Völker".

Datum: 14.06.2002
Autor: Cordula Schmid

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