Spiritualität und Dschihadismus

Was Selbstmordattentäter antreibt

Was treibt Dschihadisten und Selbstmordattentätern an? Der Theologe und Psychotherapeut Roland Mahler ordnet ihnen eine fehlgeleitete Form von Spiritualität zu.
Dschihad-Symbolbild
Roland Mahler

Der Mensch hat ein Bedürfnis nach einer transzendenten Sinngebung. Sie treibt, wenn sie positiv orientiert ist, den Menschen zu hohen Leistungen an: in Familie, Arbeitsplatz, Kirche, Kunst etc. Wenn sie auf der Basis einer gescheiterten Sinnfindung entsteht, kann sie aber auch negativ gepolt sein und letztlich verheerende Auswirkungen haben.

Positive Spiritualität

Diese Zusammenhänge beschrieb der promovierte Theologe und Psychotherapeut, Roland Mahler, Leiter des Instituts für christliche Psychologie, Therapie und Pädagogik, in einem Workshop an der Tagung «Ressource Spiritualität» am 18. März in Aarau. Positiv gepolte Spiritualität, wie sie der christliche Glaube ermöglicht, schafft Zugehörigkeit (in einer Familie und Gemeinde), stärkt selbstwirksames Handeln und befähigt, Hindernisse zu überwinden. Daneben gibt es Formen von Spiritualität im Sinne von Fans und Followers, zum Beispiel Fans eines Fussballklubs oder einer Marke wie Apple.

Extreme Spiritualität

Problematisch ist eine extreme Spiritualität, wie sie Dschihadisten aufweisen, die der Islamische Staat anzieht. Sie hatten öfter ein Identitätsproblem und lösten dieses mit einer verfehlten Sinnfindung in einer extremen Spiritualität, die kollektivistisch und eschatologisch ausgerichtet ist. Sie liefert eine einfache Erklärung für die Beschaffenheit dieser gescheiterten Welt. Dschihadisten des Islamischen Staates fühlen sich berufen, die Zerstörung dieser Welt mit allen Mitteln herbeizuführen. Dass sie daran aktiv beteiligt sind, beflügelt sie zusätzlich. Sie sind bereit, sich dafür selbst zu opfern. Sie fühlen sich dabei unfehlbar und sind gegen jede Kritik immun. Der Zweck heiligt für sie die Mittel. Es sind Kennzeichen, die auch Anhänger extremer Sekten oder Ideologien aufweisen.

Gesunde Spiritualität

Eine gesunde Spiritualität weiss dagegen, dass es keine absolute und unfehlbare Erkenntnis gibt. Sie kann über die grossen Fragen reflektieren und weiss, dass «das Ganze mehr ist als die Summe der Teile» (Roland Mahler). Sie weiss, dass «Wahrheit mehr ist, als das, was gerade ist». Eine so ausgerichtete (christliche) Spiritualität ist eine Ressource, die mit Schwierigkeiten und «hoffnungslosen Fällen» zurande kommt, an denen andere verzweifeln.

Zum Thema:
«Tschüss, ich geh in den #Krieg»: Was hilft gegen religiöse Radikalisierung? 
Wo Terror-Prävention beginnt: Mansour: «Radikalisierung hat in unserer Gesellschaft stattgefunden»
Willkommene «Nebenwirkung»: Evangelium wirkt als Gewaltprävention

Datum: 24.03.2016
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

Verwandte News
Werbung
Werbung
Livenet Service