Ulrich Parzany: "Spiritualität gehört zum Menschen"

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Die 1600 Stühle reichten nicht.
Allianz GD Thun

Die Schweiz steht einer aktuellen Umfrage zufolge in punkto Religiosität in Europa an zweiter Stelle. Man habe wiederentdeckt, dass Spiritualität zum Menschsein gehöre, kommentiert Ulrich Parzany das Ergebnis.

Der deutsche Theologe referierte an der von der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA) veranstalteten Pro-Christ-Woche in Thun über die Notwendigkeit einer klaren christlichen Haltung im Dialog mit dem Islam und die Möglichkeiten der Kirchen heute.

Freund der Freiheit

Er schätze die unterschiedliche Profilierung der Kirchen und er sei ein Freund der Freiheit erklärte Parzany in einem Interview mit dem "Bund" vom 9. Januar. Auch wenn die Landeskirchen nicht Mitglied der SEA seien, sehe er darin kein Hindernis an der Veranstaltung teilzunehmen. Vorurteilen seiner Kollegen der Landeskirche, dass Freikirchen allesamt als Sekten zu betrachten sind, steht er skeptisch gegenüber. "Ist ein Christentum authentischer, wenn mit Hilfe staatlicher Förderung gearbeitet wird?" so seine Anfrage.

Standpunkt beziehen

Parzany wirbt für ein klares christliches Bekenntnis der einzelnen Christen und der Kirchen. Gerade im Umgang mit dem Islam sei dies von grosser Bedeutung: "Erst wenn ich eine klare christliche Haltung beziehe, nehmen mich Muslime ernst und ein respektvoller Dialog ist möglich." Und: "Wir brauchen einfach mehr als indifferente, gleichgültige Toleranz."

Kirche muss ständig erneuert werden

Seiner Meinung nach gibt es zwar "kein Patentrezept dafür, wie man die Kirchen voll bekommt", doch sei klar, dass gerade die Landeskirchen grosses Vertrauen in der Gesellschaft geniessen und daher die sich bietenden Chancen nutzen sollten. Kirche sei immer eine "Ecclesia semper reformanda", sie müsse ständig erneuert werden. Das werde deutlich, wenn man einen Blick in die Geschichte wage.

1600 zweifeln und staunen an „ProChrist“

Seit Montagabend laden 24 evangelische Kirchen und Organisationen der Region Thun zu ProChrist ein. Pfarrer Ulrich Parzany spricht zu Lebensfragen aus christlicher Sicht. Das öffentliche Interesse steigt dabei von Abend zu Abend. Wollten am Montag gut 1300 Personen zum Thema „Zweifel – Kann man Gott beweisen?“ zuhören, kamen am Dienstag schon gegen 1500 Menschen zum Thema „Sinn – wozu lebe ich?“. Am Mittwoch reichten schliesslich die bereit gestellten 1600 Stühle nicht für die Interessierten am Thema „Leid – warum lässt Gott das zu?“

Einfühlsam und klar

Der deutsche ehemalige CVJM-Generalsekretär versteht es immer wieder die brennenden Fragen der Menschen einfühlsam, klar und ermutigend zu beantworten. Parzany wird jeweils umrahmt von christlichen Musikern, Schauspielern und Interviewgästen. Zum Thema Leid fesselte einerseits der Mime Carlos Martinez mit seinem neuen Stück „rewind“ und andererseits gab die körperlich schwer behinderte Theologin Simea Schwab eindrücklich Auskunft, weshalb sie auf gewisse Fragen keine Antworten braucht und wieso ihre Behinderung auch eine Chance sei.

Politiker folgten der Einladung

Schon am Mittag referierte der evangelische Pfarrer am Politlunch zum Thema "Wer gibt den Werten ihren Wert?" im Gwattzentrum/Thun. 60 Politikerinnen und Politiker aus Gemeinde-, Stadt- und Grossrat folgten der Einladung der beiden E-Parteien (EVP, EdU).

Parzany erklärte den Volksvertretern, weshalb der Mensch seine Werte nicht einfach von sich aus festlegen könne, sondern auf eine äussere Instanz angewiesen sei: „Wer will schon freiwillig gut zu allen anderen sein?“ Auch die Demokratie lebe von Voraussetzungen, die sie nicht selber schaffen könne: „Menschen können nicht gezwungen werden, das Gute zu wollen.“ Im abschliessenden Frageteil wurde die aktuelle Islamdebatte aufgerollt. Dabei machte der Kasseler Parzany deutlich, dass er Kompromisse für eine politische Tugend halte. „Wenn ich an die Kraft des Evangeliums glaube und die Demokratie will, muss ich auch keine Angst vor Minaretten haben“, schloss er.

Weiterer Artikel: Zweifeln und Staunen an «ProChrist 2008»

Die weiteren Anlässe:

Samstag 12. Januar, 20 Uhr: Religion – Gott ja, aber wozu Jesus?
So 13. Januar, 10 Uhr: Tod – Was kommt danach?

Der Eintritt ist frei – Die Anlässe werden in vier Sprachen (Englisch, Französisch, Spanisch und Albanisch) übersetzt

Diese ProChrist-Veranstaltung findet während der alljährlichen Gebetswoche der Evangelischen Allianz statt. Während diese Woche an anderen Orten rund um die Welt vor allem ein Gebetsanlass für Christen ist, soll ProChrist in Thun ein einladender Event für die Öffentlichkeit sein.

Die Evangelische Allianz Region Thun (EARTH) ist eine Sektion der Schweizerischen Evangelischen Allianz (www.each.ch) und hat in der Region Thun 24 Mitglieder und 7 Gastmitglieder. Die Mitglieder der EARTH sind christliche Kirchen und Werke der Region. Ihre wöchentlichen Gottesdienste werden von über 3000 Personen besucht.

Alle Referate kann man auf der Homepage downloaden.

Datum: 11.01.2008

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