Spirituelles Lesen: Wenn es plötzlich „einfährt“

Sonntag. Zeit zum Ausschlafen. Der Sonntag ist ja da zum Ausruhen. Aber auch zum Nachdenken. Über das Leben. Über Gott? – Ihre Augen wandern durchs Zimmer. Sie bleiben plötzlich auf einem dicken Buch im Büchergestell hängen: Da steht eine Bibel. „Kann die mich inspirieren?“, fragen Sie sich. Warum nicht? – Und zum ersten Mal nehmen Sie bewusst eine Bibel zur Hand. Und jetzt?


Achtung: Das Lesen der Bibel kann plötzlich "einfahren".

Wo soll ich beginnen?

Am besten bei den Evangelien, das heisst: bei den Berichten über das Leben von Jesus. Beginnen Sie mit dem Markus-Evangelium. Vielleicht wundern Sie sich: Beginnt man nicht, wie sonst bei fast jedem Buch, vorne auf Seite eins? Natürlich dürfen Sie das auch bei der Bibel. Sie beginnt mit dem ersten Buch Mose, der Genesis, also der Schöpfungsgeschichte. Eine wunderschöne Story. Dennoch empfehle ich Ihnen, die Lektüre mit den Berichten über die Hauptperson der Bibel anzufangen: Eben mit dem Leben von Jesus Christus.

Nehmen Sie Buch um Buch aus der Bibliothek

Was Sie unbedingt wissen müssen: Die Bibel ist ein Sammelwerk von 66 Büchern – eigentlich fast schon eine Bibliothek. 39 Schriften ordnet man ins so genannte Alte oder Erste Testament ein, 27 ins Neue oder Zweite Testament. Im ersten geht es hauptsächlich um die Geschichte des Volkes Israel, um prophetische und lyrische Schriften vor der Zeit von Christi Geburt. Das Neue Testament setzt sich aus den vier Evangelien, eben den Berichten über das Leben von Jesus, und der Geschichte seiner ersten Nachfolgerinnen und Nachfolger sowie aus Briefen an die noch jungen Kirchen im ersten Jahrhundert zusammen. Nach einem Evangelium lesen Sie beispielsweise die Psalmen, dann vielleicht den Brief des Apostels Paulus an die Römer. So nehmen Sie Buch um Buch aus der besonderen Bibliothek des Lebensbuches vor – des übrigens meist verbreiteten Buches der Welt, übersetzt in etwa 2800 Sprachen.

Mit allen Sinnen dabei sein

Zurück zum Markus. Wo finden Sie den? Das Neue Testament beginnt etwa im letzten Drittel der Bibel mit Matthäus. Markus ist das zweite Buch des Neuen Testaments, das kürzeste der vier Evangelien. Gefunden? Gut. Atmen Sie tief durch. Versuchen Sie, innerlich ganz ruhig zu werden. Werden Sie sich bewusst, dass dies kein Roman oder Sachbuch ist, was Sie da zu lesen beginnen. Es geht darum, den Inhalt mit allen Sinnen in sich aufzunehmen. Bereit? Sprechen Sie ein kurzes Gebet, etwa so: „Gott, ich will bewusst auf dich hören. Sprich du durch diesen Text zu mir. Hilf mir, dass ich dich verstehen kann.“

Langsam und laut einen Abschnitt lesen

Lesen Sie jetzt im Kapitel 1 die ersten 13 Verse (das sind die kleinen Nummern, die nach einem oder zwei Sätzen angegeben sind). Das ist nur eine Empfehlung, weil in den meisten Bibeln ab dem 14. Vers ein neuer Abschnitt folgt. Man könnte auch schon bei Vers 8 stoppen, Sie werden es merken. Manchmal empfiehlt es sich, den Text langsam und laut zu lesen, damit einem der Inhalt dadurch besser bewusst wird. Manche lesen ihn gleich zwei Mal hintereinander, damit ihnen nichts entgeht.

Wenn ein Satz plötzlich „einfährt“

Auf einer ersten Ebene nehmen wir einfach einmal die Geschichte wahr: Da ruft Johannes, der Täufer, in der Wüste Menschen zur Umkehr. Sein Auftritt wurde schon lange vorher durch einen Propheten angekündigt. Johannes ist nur der Vorbote, der auf Christus hinweist. Dann kommt Jesus zu Johannes und lässt sich taufen, bevor er 40 Tage in der Wüste verbringt. Soweit die Geschichte. Vielleicht ist Ihnen bei Lesen schon auf einer tieferen Ebene ein Satz „eingefahren“. Mir geschieht es häufig so. Irgendetwas fällt einem besonders auf, scheint einem merkwürdig, ungewöhnlich, interessant. Es ist, als ob in uns drin etwas angetippt wird. Man stellt sich Fragen. – Natürlich weiss ich nicht, ob und was Sie an diesem Text anspricht. Könnte es der Aufruf von Johannes sein: „Macht den Weg breit, ebnet ihm die Strasse“? Kann man auch heute noch ein Wegbereiter für Jesus sein?

Ins eigene Leben übertragen

Versuchen Sie sich in die Situation der handelnden Personen hineinzudenken. Wie war das für diesen Johannes wohl, als er plötzlich Jesus vor sich sah, auf den er gewartet hatte? Es muss ein ungeheuer starkes Erlebnis für ihn gewesen sein, als er Jesus taufen sollte und er die Stimme aus dem Himmel hörte. Was geht in Ihnen vor, wenn Sie das lesen? Vielleicht ist eine ganz andere Stelle in diesem Text, die Sie anspricht. Manchmal gewinne ich den Eindruck, dass ich mit einer Aussage ganz persönlich gemeint bin. Als stünde der Satz heute speziell für mich da! Ich merke, wie ich etwas in mein Leben übertragen kann.

Es empfiehlt sich, sich Notizen zu machen. Schreiben Sie ein paar Gedanken auf, die ihnen zu diesem Text wichtig sind. Was haben Sie gelernt? Was können Sie in Ihren Alltag mitnehmen? Freut oder ärgert Sie etwas am Text? Notieren Sie auch, was Sie nicht verstehen. Halten Sie Ihre Fragen im Tagebuch fest. Mag sein, dass Sie bald mit jemandem darüber reden können.

Das Gelesene mit Gott besprechen

Gott will Ihnen mit diesem Text etwas zeigen. Haben Sie es gehört? Am besten sprechen Sie mit ihm im Gebet darüber, zum Beispiel so: „Vater im Himmel, ich glaube, dass ich dieses und jenes (bitte nennen) verstanden habe. Hilf mir, dass ich es im Alltag umsetzen kann. Du weisst auch, dass ich dieses und jenes (auch hier benennen) nicht begreife. Zeig du mir, was es für mich bedeutet. Leite meine Gedanken, dass ich es verstehen kann. “

Und wenn Sie sich überhaupt nicht angesprochen fühlen von diesem Text und glauben, nichts mitnehmen zu können, dann sprechen Sie auch darüber mit Gott. Er kennt und versteht Sie. Auch einem, der schon Jahre lang fast täglich die Bibel liest, geht es dann und wann so. Das ist kein Unglück. Bleiben Sie dran. Versuchen Sie es morgen wieder mit dem nächsten Abschnitt im Markus-Evangelium.


Atmen Sie tief durch. Versuchen Sie, innerlich ganz ruhig zu werden. Werden Sie sich bewusst, dass dies kein Roman oder Sachbuch ist, was Sie da zu lesen beginnen.

Was kann ich für mich nehmen?

Vielleicht fragen Sie sich gerade nach diesem ersten Mal: Was um Himmels Willen kann man aus diesem etwa 1960 Jahre alten Text in den modernen Alltag des 21. Jahrhunderts mitnehmen? Zum Beispiel: Dass sich die biblischen Prophezeiungen erfüllen. 700 Jahre bevor es eintraf, machte der Prophet Jesaja diese Aussage über den Täufer. Auch die Geburt von Jesus und viele Einzelheiten über sein Leben wurden von Jesaja vorausgesagt. Alles ging genau in Erfüllung. Das kann einem den Glauben an Gott und an die Bibel stärken. Auch alle andern Prophetien werden sich erfüllen, auch jene, dass Jesus wieder kommt.

Was wir aus diesem Text auch lernen können: Jesus wurde vom Teufel auf die Probe gestellt (Vers 12). In Matthäus, Kapitel 4, wird diese Tatsache ausführlicher beschrieben. Auch seinen Nachfolger heute wird es nicht anders gehen. Auch wir werden hin und wieder in die Wüste geschickt und auf die Probe gestellt. Vielleicht gerade heute oder in den nächsten Tagen. Seien Sie darauf gefasst und beten Sie um Kraft.

Weiterführende Links:
Alles über die Bibel
Wie die Bibel studieren?
Hilfe, ich versehe die Bibel nicht
Ratschläge für eine lustvolle Bibellektüre
Sechs Tipps zum Bibellesen

Datum: 21.01.2007
Autor: Fritz Herrli
Quelle: Jesus.ch

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