Knapper Volksentscheid

Die Schweiz führt ein nationales Verhüllungsverbot ein

Das Schweizer Stimmvolk hat mit knapper Mehrheit für ein nationales Verhüllungsverbot gestimmt.
Muslimische Frauen im Burka-Schleier

Der Bundesrat hatte dagegen geworben. Erste Analysen zeigen, dass das Argument der Frauenunterdrückung wohl den Ausschlag zum Ja gegeben hat.

Nach Frankreich, Österreich und anderen europäischen Ländern verbietet nun auch die Schweiz die Verschleierung mit Nikab oder Burka im öffentlichen Raum. Bei der Volksabstimmung am Sonntag sprach sich der Souverän mit knapper Mehrheit für das Verbot aus. 51,2 Prozent waren für das Verbot. Zudem votierte eine grosse Zahl der Kantone für die Annahme der Initiative.

Demzufolge darf niemand mehr sein Gesicht verhüllen an Orten, die öffentlich zugänglich sind. Das gilt etwa auf der Strasse, im öffentlichen Verkehr, in Restaurants oder auch in der freien Natur. Ausnahmen sollen nur möglich sein in Gotteshäusern und aus Gründen des einheimischen Brauchtums, der Gesundheit, der klimatischen Bedingungen oder der Sicherheit.

Unterdrückung der Frau wohl ein zentrales Argument

Die Initianten führten drei Argumente an: Die Gesichtsverhüllung stehe im Konflikt mit dem Zusammenleben in einer freiheitlichen Gesellschaft, zudem diene ein Verhüllungsverbot der Bekämpfung der Kriminalität und es sei sie Ausdruck der Unterdrückung der Frau durch einen extremen Islam. Das letzte Argument dürfte den Ausschlag für das Ja an der Urne gegeben haben, war das Fazit in einer Elefantenrunde mit allen Parteipräsidenten im Schweizer Fernsehen SRF.

Im Komitee dieser Initiative engagierte sich auch die Eidgenössisch-Demokratische Union EDU. Sie hatte die Ja-Parole an ihrer Delegiertenversammlung mit 66 Ja bei nur einer Nein-Stimme gefasst und freut sich entsprechend über den Ausgang der Abstimmung. Bei der anderen «E»-Partei, der Evangelischen Volkspartei EVP, wird das Ergebnis deutlich nüchterner aufgenommen. «Mit dem Ja zur Initiative für ein Verhüllungsverbot setzt die Schweizer Stimmbevölkerung ein Zeichen für eine offene Schweiz und ihre Werte, die für die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau einsteht», schreibt die EVP Schweiz in einer Medienmitteilung. Die EVP hatte zu dieser Vorlage Stimmfreigabe erteilt.

Bisher kantonal unterschiedliche Regelungen

In der Schweiz wurde seit mehreren Jahren über ein Verhüllungsverbot diskutiert. In den Kantonen Tessin und St. Gallen ist die Gesichtsverhüllung bereits verboten. Ebenso gilt in 15 Kantonen ein Vermummungsverbot bei Sportveranstaltungen und Kundgebungen.

Zudem stimmte am Abstimmungssonntag vom 7. März 2021 eine Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer für ein Wirtschaftsabkommen mit Indonesien. Gegner des Abkommens hatten die vorgesehene Senkung der Zölle auf Palmöl angeprangert. Die Produktion von Palmöl schade dem indonesischen Ökosystem, kritisierten sie. Das billige Öl sei auch eine starke Konkurrenz für Schweizer Raps- und Sonnenblumenöl.

Abgelehnt wurde die Einführung einer elektronischen Identitätskarte (E-ID).

Zum Thema:
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Initiative zu Verhüllungsverbot: «E-Parteien» bei Frage der Gesichtsverhüllung fast im Gleichschritt

Datum: 08.03.2021
Autor: Florian Wüthrich
Quelle: Livenet / pro / SRF

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