Nach Strassburger Rechtspruch

Deutschland: Weiterhin kein Recht auf Homeschooling

Der Europäische Menschenrechtshof entschied am 10. Januar gegen eine deutsche Familie, die den deutschen Staat wegen «Verletzung fundamentaler Elternrechte» verklagt hatte. Die Eltern hatten verlangt, ihre Kinder daheim unterrichten zu dürfen.     
Homeschooling vs. öffentliche Schule
Robert Clarke
Paul Coleman

In der Sache «Wunderlich gegen Deutschland» erklärte der Menschengerichtshof, dass die Schulpflicht des deutschen Staates nicht die Elternrechte verletze. Im August 2013 hatten über 30 Polizeibeamte und Sozialarbeiter die Wohnung der Familie Wunderlich gestürmt und die Kinder mitgenommen. Später durften sie zur Familie zurückkehren.

Nachdem alle Gerichtsinstanzen in Deutschland dem Staat recht gegeben hatten, übernahm der Europäische Menschengerichtshof in Strassburg den Fall im August 2016 und entschied jetzt ebenfalls im Sinne der deutschen Rechtsprechung.

Der deutsche Staat besteht darauf, dass jedes Kind eine öffentliche oder staatlich genehmigte private Schule besucht. Die Schulpflicht gilt in den meisten Bundesländern für neun bis zehn Schulbesuchsjahre.

Ausnahmen von der Schulpflicht sind in Deutschland kaum möglich. Das Bundesverfassungsgericht entschied im Jahr 2014, dass die Allgemeinheit ein berechtigtes Interesse daran habe, religiös oder weltanschaulich motivierte Parallelgesellschaften zu verhindern. Im Unterschied zum Heimunterricht könnten sich Kinder in der Schule nicht vor einem Dialog mit Andersdenkenden verschliessen.

«Extrem enttäuscht»

«Wir sind von dieser Entscheidung extrem enttäuscht», erklärte Robert Clarke, Direktor des europäischen Zweiges der Menschenrechtsorganisation «Alliance Defending Freedom», die sich für die Religionsfreiheit weltweit einsetzt; Clarke hatte die Familie beraten und vor Gericht vertreten. «Dieser Entscheid missachtet die Rechte aller Eltern in Europa, ihre Kinder ohne überproportionale staatliche Eingriffe zu erziehen. Petra und Dirk Wunderlich wollten ihre Kinder einfach im Einklang mit ihren Überzeugungen ausbilden und hatten entschieden, dass Homeschooling dafür die beste Umgebung ist. Kinder verdienen diese Liebe und Fürsorge ihrer Eltern», erklärte Clarke.     

«In die falsche Richtung» 

«Das ist ein Tag grosser Entmutigung für unsere Familie und die vielen Familien, die das in Deutschland ebenfalls betrifft», kommentierte Dirk Wunderlich die Entscheidung. «Nach Jahren legaler Kämpfe ist das für uns und unsere Kinder extrem frustrierend. Es ist schlimm, dass der Europäische Menschenrechtshof die Ungerechtigkeit nicht anerkennt, die wir von Seiten der deutschen Behörden erlebt haben.»

Und Paul Coleman, Direktor von ADF International, erkärte: «Das Urteil ignoriert die Tatsache, dass die deutsche Praxis das Recht von Eltern verletzt, ihre Kinder selbst zu erziehen (…). Es ist alarmierend, dass das vom einflussreichtsten Menschenrechtshof in Europa nicht anerkannt wird. Dieses Gerichtsurteil geht in die falsche Richtung und sollte jeden beschäftigen, dem Freiheit wichtig ist.»

Die Familie prüft nun weitere Schritte. Darunter fällt auch die Möglichkeit, in ein anderes europäisches Land umzuziehen, wo die allgemeine Schulpflicht flexibler gehandhabt wird. Familie Wunderlich hat bereits geprüft, nach Frankreich auszuwandern; andere Eltern bringen ihre Kinder nach Österreich oder ziehen sogar in die USA um. Auch in der Schweiz herrscht in dieser Frage mehr Spielraum. 

Zum Thema:
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Datum: 15.01.2019
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / CBN News / Der Spiegel

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