Bod Janssen (Bild: Screenshot Fenster zum Sonntag Talk)
Hotelmanager Bodo Janssen ist überzeugt:
«Solange ich finanziell Erfolg habe, mache ich alles richtig.» Trotzdem hat er
ein Problem.
Immer mehr Mitarbeitende verlassen die ostfriesische Hotelgruppe
Upstalbooms, die Bodo Janssen von seinem verstorbenen Vater übernommen hat. Durch eine
anonyme Umfrage will er ihre Gründe erfahren. Und da wird klar: Er ist das Problem.
«Wir brauchen einen anderen Chef als Bodo
Janssen»
Das ist eine happige Aussage, findet Ruedi Josuran, der
Bodo Janssen in Ostfriesland für die Sendung «Fenster zum Sonntag» besuchte. Er
will wissen, wie der Unternehmer darauf reagiert hat. Den Auftakt macht jedoch
eine weitere aussergewöhnliche Erfahrung seines Gesprächspartners.
Es ist nicht die erste Krise, die der Millionärs-Sohn
erlebt hat. Als 18-Jähriger wird er entführt und sein Vater erpresst. Die
Aktion geht dank Polizeieinsatz glimpflich aus. Doch Bodo hat ein paar Mal mit
seinem Leben abgeschlossen, als er 1998 mit einem Sack über dem Kopf
niederknien muss und auf den finalen Schuss wartet.
Flugzeugabsturz
Nach dem Studium in Betriebswirtschaft steigt er 2005 in
den elterlichen Betrieb ein. Zwei Jahre später stürzt sein Vater mit dem
Flugzeug ab. Bodo muss per sofort die Leitung des Familienunternehmens
übernehmen. Die nötigen Voraussetzungen bringt er nicht mit, sucht sich aber
professionelle Hilfe. Er findet einen Mentor und baut ein System auf, das ihm
ohne Fachkenntnisse hilft, das Unternehmen zu führen. Er ist ganz zufrieden
damit, wie es läuft. Doch nachhaltig ist sein Vorgehen nicht. Auffallend viele
Mitarbeiter verlassen die Hotels. 2010 startet er eine anonyme Umfrage und will
wissen: «Was braucht ihr, um besser arbeiten zu können?» Die Antworten sind
eindeutig: «Wir brauchen einen anderen Chef als Bodo Janssen.»
Ins Kloster
Der ist tief erschüttert. «Warum reagieren die so? Ich
meine es doch gut! Die verstehen mich nicht!» Doch er gibt zu: «Ich hatte ein
Ego, das hätte nicht ansatzweise in eine Turnhalle gepasst.» Nach der Umfrage ist
es noch so gross wie eine Erbse. Es muss etwas geschehen! Janssen geht zu
Anselm Grün ins Kloster Münsterschwarzach und lässt sich inspirieren –
persönlich und unternehmerisch. «Wie geht es, Mitarbeiter zu halten und zu
binden?», fragt sich der Unternehmer. «Wie stärken die Klosterbrüder ihre
Gemeinschaft?» Er erkennt, dass Gemeinschaft der Masterplan der Bibel ist.
Er zieht sie immer öfter zurate, weil er merkt: sie enthält alles, was er für
ein gelingendes Leben braucht.
Diametral anders
Ausserdem will er wissen: Wie geht Führung? Was Bodo im
Lauf der nächsten Jahre im Kloster lernt, ist weit von dem entfernt, was er
bisher unter klassischem Management verstanden hat. «Führung ist eine
Dienstleistung und kein Privileg», sagt Janssen heute. «Der Dienst besteht
darin, Menschen darauf vorzubereiten, im Leben und bei der Arbeit schwierige
Aufgaben lösen zu können.» Seine Klosterzeit wird der Auftakt zu einer völlig
neuen Lebens-, Führungs- und Arbeitsweise.
Statt immer mehr, solle er mal weniger machen, empfiehlt
ihm der Pater, er solle in die Stille gehen. «Am Anfang waren die Gedanken, die
da aufkamen, sehr bedrohlich», gesteht der Unternehmer. Doch immer mehr erkennt
er, dass das Wichtigste ist, Gott und Menschen zu lieben.
«Der Weg zu Gott führt über Selbsterkenntnis», sagen die
Benediktiner. Janssen versteht es so: «Wenn ich an mir arbeite, komme ich dem
näher, wie Gott mich gemeint hat.» Er habe ein neues Verständnis dafür
entwickelt, was es heisst, an Gott zu glauben. «Gott und den Nächsten zu lieben
ist der Sinn des Lebens», sagt der Ehemann und dreifache Vater.
Bedingungsloses Vertrauen
Zurück aus dem Kloster krempelt der Betreiber von 70 Hotels
und Ferienwohnanlagen seine Unternehmensphilosophie völlig um. Die Reaktion der
Mitarbeitenden lässt nicht auf sich warten. Das bedingungslose Vertrauen, das er
seinen Mitarbeitenden immer mehr entgegenbringt, motiviert sie. Sie werden
bereit, Verantwortung zu übernehmen. Es gibt keine langen Entscheidungswege
mehr – sie werden schnell selbst aktiv.
«Seine Herzlichkeit
zeichnet ihn aus», sagt eine der Mitarbeiterinnen heute. «Er ist für mich ein
Vorbild.» Janssens Umkehr ist sicht- und erlebbar für sein Umfeld. Aus der
Reizfigur ist ein Vorzeigechef geworden. «Die Menschen sind mir das Wichtigste,
ich will sie stärken», stellt er klar. Heute ist für ihn die entscheidende
Frage: Ist der Mensch für die Wirtschaft da oder umgekehrt? Für ihn ist es
klar: «Die Wirtschaft ist für den
Menschen da.» Die Menschen in seinen Häusern sollen sich physisch, psychisch
und sozial wohl fühlen.