Alister McGrath, Professor an der Universität Oxford, hat selbst erlebt, wie das Staunen über die natürliche Ordnung
zu Fragen nach Sinn und Zweck führen kann, einschliesslich theologischer
Fragen.
«Ich wurde Wissenschaftler, weil ich mich über die
Schönheit und Unermesslichkeit der Welt wunderte. Ich hatte das Gefühl, dass
ich mich auf eine Entdeckungsreise begeben würde, die alle meine grossen Fragen
über das Leben und das Universum beantworten würde. Ich hatte keine Ahnung,
wohin mich diese Begeisterung für die Schönheit der Welt führen würde. Ich
wusste nur, dass es lohnend und befriedigend sein würde.»
Als Teenager glaubte er, dass Wissenschaft und Religion
im Krieg miteinander stünden. «Da ich die Wissenschaft liebte, blieb mir nichts
anderes übrig, als die Religion abzulehnen und lächerlich zu machen. Anfangs
war ich ganz begeistert davon, Atheist zu sein, denn das schien gerade sehr in
Mode zu sein. Doch ich begann zu zweifeln. Schliesslich konnte ich nicht
beweisen, dass der Atheismus wahr ist. Das hat mich sehr beunruhigt. Ich lehnte
das Christentum ab, weil es eine Glaubenshaltung war, deren Richtigkeit nicht
bewiesen werden konnte. Aber ich konnte meinen eigenen Atheismus nicht
beweisen.»
Start als Chemie-Student
Alister McGrath ging nach Oxford, um Chemie zu
studieren. Er entdeckte, dass das Christentum eine viel interessantere und
attraktivere intellektuelle Option war als der Atheismus.
«Seitdem erforsche ich mit Freude die Landschaft des
christlichen Glaubens, insbesondere die Art und Weise, wie das Christentum
intellektuellen Raum für die Naturwissenschaften schafft. Über meinen eigenen
Wechsel vom Atheismus zum Christentum spreche ich ausführlich in meinem Buch 'Through
a Glass Darkly: Journeys through Science, Faith and Doubt'.»
Alister McGrath: «Meine Forschung konzentriert sich
derzeit auf das Verhältnis von Wissenschaft und religiösem Glauben, und ich
finde, dass beide zutiefst vom Staunen beeinflusst werden. Schliesslich ist die
christliche Anbetung ein Gefühl des Staunens über die Schönheit und
Herrlichkeit Gottes, das uns zu einer tieferen und erfüllteren Vision des
Glaubens führt. Eines der Hauptthemen meiner jüngsten Schriften ist die Frage,
wie das Staunen über die natürliche Welt zu einem Tor zum Glauben werden kann.
Es geht dabei um einen Bereich der Theologie, der als 'natürliche Theologie'
bekannt ist und die Schönheit und Weite der natürlichen Welt als Hinweise auf
Gott betrachtet. Es ist ein wahrhaft wunderbarer Gedanke, dass selbst die
Schönheit einer Alpenlandschaft oder des Nachthimmels durch die grössere
Schönheit Gottes überstrahlt werden kann.»
Schön und komplex
Alister McGrath spricht sowohl von der Einfachheit von
Einsteins mathematischen Darstellungen der Welt als auch von der Komplexität «der
uns umgebenden lebendigen Welt. Sie spricht mich auf die vielen Ebenen
unserer Welt an und auf die Notwendigkeit, einen Weg zu finden, diese
zusammenzuhalten.» Und dies geschehe durch Jesus Christus, nach Kolosser Kapitel 1, Vers 17.
«Zu meinen einprägsamsten Momenten gehört, als ich
mich im Jahr 1976 mitten in der Nacht in einer riesigen, dunklen Wüste im Iran
befand und die Sterne in einer Brillanz sah, die ich nie zuvor gesehen hatte.
Es hat mich umgehauen und meine Vorstellungskraft überwältigt. Ich glaube
nicht, dass ich diese Erfahrung der Ehrfurcht jemals wiederholen könnte.
Irgendwie wusste ich, dass ich dieses Gefühl der Unermesslichkeit und Weite,
das ich erlebte und das mir suggerierte, dass ich ein sehr kleiner Teil von
etwas viel Grösserem war, niemals in Worte fassen konnte. Es half mir, die
Grenzen der Worte zu verstehen, wenn ich von unserem Universum – und natürlich
von Gott – spreche.»
Die grosse Frage
Alister McGrath sagt, er sei der Meinung, dass Fragen
nach Sinn und Zweck von zentraler Bedeutung seien. «Die Wissenschaft mag diese
Fragen aufwerfen, aber sie kann sie nicht beantworten. Ich liebe die Kommentare
von Neil Postman, der ein scharfer Kritiker von Leuten wie Richard Dawkins war,
die glauben, dass die Wissenschaft alle grossen Fragen des Lebens beantworten
kann. Er sagt: 'Auf die Frage: 'Wie hat alles angefangen?' antwortet die
Wissenschaft: 'Wahrscheinlich durch einen Unfall'. Auf die Frage 'Wie wird alles
enden?' antwortet die Wissenschaft: 'Wahrscheinlich durch einen Zufall.' Und
für viele Menschen ist das zufällige Leben nicht lebenswert.' Paradoxerweise hilft uns die Wissenschaft zu erkennen, wie wichtig Sinn und
Zweck für das menschliche Wohlergehen sind – aber sie kann uns nicht selbst
sagen, was dieser Sinn und Zweck ist.»
Er zweifle nicht daran, dass neue Fragen über die
Natur und das Schicksal des Menschen und unseren Platz in der natürlichen Welt
auftauchen werden. «Fragen, denen wir uns stellen müssen, anstatt sie zu vermeiden
oder zu hoffen, dass sie einfach verschwinden. Aber ich bin zuversichtlich,
dass das Christentum in der Lage sein wird, uns Wege aufzuzeigen, wie wir uns
mit diesen neuen Fragen auseinandersetzen können, und uns zu helfen, sie zu
durchdenken.»