«Es war die grösste Rettungsaktion,
die ein einzelner – mithilfe seiner Mitarbeiter – durchführte», sagt Agnes
Hirschi. Ihr Stiefvater Carl Lutz rettete während dem Zweiten Weltkrieg mehrere
10'000 Juden. Nun wird seine Tat in Niederbipp mit einer Ausstellung gewürdigt.
Agnes Hirschi ist die Stieftochter von Carl Lutz.
«Ich
bin die Stieftocher von Carl Lutz», sagt Agnes Hirschi im Gespräch mit Livenet. «Er heiratete 1949 meine Mutter. Sie lernten sich während des
Zweiten Weltkriegs kennen, als er uns rettete.»
Lutz
war von 1942 bis 1945 Vize-Konsul in Budapest. «Auf der Schweizer Gesandtschaft
vertrat er die Abteilung 'Fremde Interessen'. Unter anderem vertrat er die
Interessen von Ländern, die mit Deutschland im Krieg waren, darunter die USA und
Grossbritannien.»
Zu
dieser Zeit war Palästina britisches Mandatsgebiet. Die Auswanderung dahin
gehörte zu seinen Aufgaben. «Darauf besann er sich, als die Juden ab dem 19.
März 1944 nach dem Einmarsch der Nazis in Ungarn in Gefahr gerieten.»
Er rettete Zehntausende
Carl Lutz sah, dass er ihnen bei der Auswanderung helfen kann, erinnert sich Agnes
Hirschi. Er rettete mehrere 10'000 Menschen; früher wurde die Zahl
60'000 genannt, Hirschi spricht heute von mehreren 10'000. «Es war die grösste
Rettungsaktion, die ein einzelner – mithilfe seiner Mitarbeiter – durchführte.»
Leider
wurde er nur wenig gewürdigt, bedauert seine Stieftochter. «Vor allem in der
Schweiz. Auch wenn er der erste Schweizer war, der bereits 1964 von der
Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem als 'Gerechter der Nationen' geehrt wurde.»
Zudem erfuhr er auch von anderen Staaten Ehrungen, «aber in der Schweiz wurde
er lange vergessen».
Sitzungszimmer im Bundeshaus nach
Lutz benannt
«Es
ist ein riesiger Erfolg, dass das grösste Sitzungszimmer im Bundeshaus nun 'Saal Carl Lutz' genannt wird. Das gibt mir eine grosse Genugtuung», freut sich Agnes
Hirschi. Vor vier Jahren produzierte das Schweizer Fernsehen eine Dokumentation
mit dem Titel «Carl Lutz, der vergessene Held».
Mit
18 war er in die USA ausgewandert. Er
arbeitete hart, um sich das Studium zu finanzieren. In Washington D.C. stieg er
in den Konsulardienst ein. Bevor er nach Budapest verlegt wurde, amtete er 1935 bis 1942 als
Vize-Konsul in Israel.
«Als
der Krieg ausbrach, vertrat er auch die deutschen Interessen. Er tat dies sehr
gut. Dadurch hatte er bei ihnen Punkte. Deshalb gestand ihm Eichmann ein
Kontingent von 7'999 Leuten zu, welche er auswandern lassen durfte.» Im Geheimen
kopierte Lutz die Dokumente zig-fach, wodurch mehrere 10'000 Juden auswandern
konnten. «Er handelte aus christlichen, humanistischen Gründen.» Carl Lutz war
bekennender Methodist aus Walzenhausen.
Am 30. März 2018 wurde um 17 Uhr in
Niederbipp an der Hintergasse 23 im «Haus Eirene» ein Gedenk-Raum und eine
Ausstellung zu Carl Lutz eröffnet.