Mutter des Fussballstars

«Ich wollte Ronaldo abtreiben lassen»

Cristiano Ronaldo ist der Superstar des europäischen Fussballs. Seine Mutter berichtet in einem Buch über ihr schweres Leben – mitsamt Abtreibungsversuch.
Cristiano Ronaldo
Buch von Maria Dolores
Cristiano Ronaldo
Cristiano Ronaldo

«Ich bin der beste, zweitbeste und drittbeste Spieler der Welt.» Cristiano Ronaldo sagt manchmal Dinge, die so arrogant klingen, dass sie schon wieder lustig sind. Nach dem Europameistertitel ist der portugiesische Superstar ohnedies in einer Sphäre des Unwirklichen, die ihm jede Affektiertheit, jede alberne Eitelkeit als stimmig schillernde Paillette in seinem glitzernden Heldenhemd erscheinen lässt.

Dabei ist Ronaldo nicht nur im Endspiel verwundbar und sentimental gewesen. Er ist es sein Leben lang gewesen. In Portugal nannten die Mitspieler ihn lange «Heulsuse», weil er selbst bei vergebenen Torchancen schon mal feuchte Augen bekam. Seine Mutter erzählt in ihrem Buch «Mutter Courage», das soeben auf den spanischen Markt gekommen ist, die Geschichte eines zerbrechlichen Jungen, der den Helden nur spielt, weil das Leben ihm so vieles bereits zerbrochen hat.

Danach wuchs Ronaldo in bitterer Armut auf der Atlantikinsel Madeira auf. Seine Mutter musste nach dem frühen Tod ihrer Mama (und um dem schieren Hunger zu entkommen) ins Waisenhaus, mit 13 ging sie von der Schule, um mit dem Flechten von Erntekörben Geld zu verdienen. Vater Dinis war Fischereigehilfe, wurde zur Armee eingezogen und kämpfte in Afrika für Portugals Kolonien. Er kehrte als gebrochener Mann zurück, wurde Platzwart eines Fussballclubs und verfiel dem Alkohol. Der kleine Cristiano musste seinen betrunkenen Vater immer wieder voller Scham in der Bar abholen; zuhause schlief die ganze Familie in einem Zimmer, getrennt durch einen Vorhang.

Arzt redet Dolores ins Gewissen

«Ich konnte meinen Vater nicht kennenlernen, wir haben nie ein ernstes Gespräch geführt. Er war fast jeden Tag betrunken», erzählte Ronaldo später. Er habe sich immer gewünscht, sein Vater wäre ein anderer gewesen. 2005 verlor er ihn endgültig. Der 53-Jährige starb an Leber- und Nierenversagen. Sein Vater hinterliess ihm eine unerfüllte Liebessehnsucht und den Namen: Ronaldo, ausgerechnet benannt nach dem damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan.

In dem Buch berichtet Maria Dolores aber nicht nur von trostloser Armut und Verzweiflung. Sie erzählt auch, dass Ronaldo ein ungeplantes Kind gewesen sei, das vierte von Dinis und Dolores. Ein Kind, das sie glaubt, sich einfach nicht mehr leisten zu können. Und so denkt die Mutter – obwohl katholisch und religiös – vor der Geburt im Februar 1985 aus finanziellen Gründen an Abtreibung. «Er war ein Kind, das ich abtreiben wollte. Gott wollte nicht, dass das geschieht, und das war ein Segen, denn deswegen hat Gott mich nicht bestraft.»

In ungewöhnlicher Offenheit berichtet sie aber auch über die genauen Umstände der erwogenen Abtreibung. Demnach sei sie zum Arzt gegangen und habe aus schierer Not darum gebeten. Der jedoch habe ihr gesagt: «Das kommt gar nicht in Frage. Sie sind 30 und haben keinen physischen Grund, dieses Kind nicht zu bekommen. Sie werden schon noch sehen, dass das Kind die Freude Ihres Hauses wird!»

Ronaldo scherzt manchmal über Abtreibungsversuch

Daraufhin unternahm die Mutter Ronaldos einen Abtreibungsversuch auf eigene Faust. Eine Nachbarin erzählte ihr, sie müsse Dunkelbier kochen, kräftig davon trinken und in diesem Zustand einen stundenlangen Gewaltmarsch antreten, dann würde es von alleine zu einer Fehlgeburt kommen. Sie habe das dann tatsächlich vergeblich versucht.

Maria Dolores Averio begründet die Öffentlichmachung dieser Geschichte damit, dass sie junge Frauen heute von Abtreibungen abbringen wolle. «Überlegt es Euch besser zweimal», sagte sie bei der Buchpräsentation. «Manchmal neckt Cristiano mich und sagt: 'Du wolltest nicht, dass ich geboren werde. Aber nun siehst du, dass ich euch allen helfe.' Nun ja, jetzt können wir darüber lachen.»

Ronaldo hat mit seiner Mutter bis heute ein besonders inniges Verhältnis. Sie sagt über ihn: «Alles, was ich habe, schulde ich ihm.» Er sagt über sie: «Sie ist die wichtigste Person in meinem Leben. Sie hat mir alles gegeben, ist in guten und schlechten Zeiten an meiner Seite, hat nie eine Türe zugeschlagen.» Auch während des Endspiels sass Mama Ronaldo im Stadion und twitterte ihren Ärger über das Foul von Payet in die Welt: «Ich kann meinen Sohn so nicht sehen. Im Fussball geht es darum, den Ball zu treten – und nicht darum, dem Gegner Schaden zuzufügen!»

Egoist, der teilen kann

Als sie ihren hochtalentierten Sohn im Alter von nur zwölf Jahren ins 1'000 Kilometer entfernte Fussballinternat von Sporting ans Festland nach Lissabon ziehen lassen musste, habe es sich für sie angefühlt, «als hätte ich ihn ausgesetzt». Ronaldo erinnert sich, dass seine Mutter beim Abschied bitterlich geweint habe: «Aber sie wusste, dass es die Chance meines Lebens war.» Es sei der traurigste und gleichzeitig schönste Tag seines Lebens gewesen.

Ronaldo musste sehr früh sehr erwachsen werden. Er brannte vor Ehrgeiz und Disziplin, um ja nicht zu enden wie sein Vater, der Alkoholiker. Bis heute trinkt Ronaldo nie – raucht nie, hat nicht einmal Tattoos.

In Lissabon wird er wegen seines Inseldialekts gemobbt, doch er beisst sich mit unbändiger Disziplin durch, schleicht sich selbst nachts noch in den Kraftraum und verbindet seine Willensstärke mit einer Gabe, die wenige ihm zutrauen, die er aber immer wieder erstaunlich unter Beweis stellt – er kann bei allem eitlem Egoismus geben und teilen wie einst mit seinen Geschwistern in der Hütte von Madeira. Als ein junger Afrikaner zu Sporting kommt, fehlt ein Bett. Ronaldo bietet seines an. Und schläft selber auf dem Boden.

«Dieser Junge ist von Gott gemacht»

Sein ältester Jugendfreund, Albert Fantrau, bezeugt diese Gönnerseite eindrucksvoll. Als nämlich die Sporting-Scouts kamen, hiess es angeblich: «Wer die meisten Tore erzielt, den nehmen wir.» Es stand dann aber 2:0, Ronaldo und Fantrau hatten je ein Tor erzielt. Dann passte Fantrau uneigennützig zu Ronaldo, 3:0, fertig. «Danach nahmen sie mich», erzählte Ronaldo später. Doch Fantrau wird daraufhin zeitlebens von Ronaldo unterstützt. Obwohl arbeitslos, hat er heute ein grosses Haus und Autos, es geht ihm finanziell bestens. Warum? «Das alles kommt von Cristiano.»

Mitspieler berichten, dass seine Eitelkeit zuweilen unerträglich sei, dass er anderseits aber ein echter Kamerad und Helfer sei. Er könne wirklich gönnen. Mutter Dolores schwärmt: «Mein Sohn ist ein grosser Mann, ein Freund der Familie, von allen. Er hilft gerne.» So spendet der Real-Kicker mal eben seine 600'000 Euro Siegesprämie für den Gewinn der Champions League. Syrische Kinder oder teure Operationen für Schwerkranke, er hilft, er ist der vielleicht grösste Einzelspender im europäischen Sport, von Kinderhilfswerken bis zu Tsunami-Opfern wissen sie, Ronaldo gibt grosszügig. Am liebsten aber seiner Mutter. Zum 61. Geburtstag überrascht er sie mit einem weissen Porsche als Geschenk. «Dieses Spielzeug habe ich von meinem Jungen bekommen», postet sie stolz auf Instagram. Seine Mutter fasst alles so zusammen: «Er hat ein gutes Herz. Dieser Junge ist von Gott gemacht.» Und nicht abgetrieben. 

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Datum: 18.07.2016
Autor: Wolfram Weimer
Quelle: PRO Medienmagazin

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