Vom Schock zum Dank

365 Tage im Leben eines Krebskranken

Jahr für Jahr erkranken in der Schweiz rund 37'000 Menschen an Krebs. Im Durchschnitt ist jeder dritte Mensch von der Krankheit betroffen, schreibt die Krebsliga im Jahresbericht 2013. Auch Beat Moser aus Uster ZH erhielt 2013 die Krebsdiagnose. Er erlebte, wie Gott ihn durch alles hindurch trug.
Beat Moser erhielt 2013 die Krebsdiagnose, heute ist er wieder gesund.
Beat Moser während der Chemotherapie.

Mittwoch vor Pfingsten, 2013: Ich wache auf und sehe vor mir einen Mann mit weissem Kittel. Er ist Gastroenterologe und sagt mir, dass ich Krebs habe (ich wurde zu ihm von meinem Hausarzt verwiesen, weil ich nicht mehr gut schlucken konnte). Er machte eine Zeichnung des Tumors in meiner Speiseröhre. Haben Sie noch Fragen? Ich weinte und schüttelte den Kopf. Dann können Sie sich anziehen und weggehen.

Tränenreiche Zeit

Mit nassen Augen verliess ich die Praxis durch den Hinterausgang. Zu Hause angekommen schrieb ich eine Mail an meine Frau, an die Kinder und meine Brüder. Reden konnte ich nicht mehr. Um die Mittagszeit nahm ich Zug und Bus ins Zentrum Ländli (Oberägeri), wo ich mich für ein Seminar über die Pfingsttage angemeldet hatte. Tränen auf der Fahrt, Tränen bei der Rezeption und Tränen im Zimmer. Während des Kurses nahm ich mich zusammen und erwähnte den Befund nicht. Nur bei der Verabschiedung sprach ich mit einer Diakonissin darüber und sagte ihr, dass ich mir wie eine Heulsuse vorkomme. Sie versicherte mir, dass es normal sei, dass man nach so einer Nachricht so eine Reaktion zeige. Auch Jesus habe geweint. Das tat mir gut.

Zurück zuhause – mit viel Tränen. Dann der Einbau eines Ports im Unispital Zürich (USZ) Ende Juni (Selbstentlassung wegen Spitalphobie), der Beginn der Chemotherapie im Juli und der Radiologie im August. Ich vertrug die Behandlung sehr schlecht. Mir war immer übel, und ich musste viel weinen. Eigentlich wusste ich nicht, wieso ich so traurig war. Für mich war der Tod normal; ich glaubte an die Erlösung und ein Weiterleben im Himmel. War das unverarbeitete Trauer von früher? Der Tod meines Vaters, meiner Mutter und meiner Schwester? Das ständige Umherziehen auf der Welt und das Abschiednehmen so alle drei Jahre?

Während dieser tränenvollen Monate hatte ich Freunde und Bekannte gebeten, mich nicht zu besuchen und mich nicht anzurufen. Alle haben dies befolgt. Herzlichen Dank. Ich war damals nicht in der Lage zu sprechen; ich musste immer weinen.

Wertvoller Rat

Es war Gottes Gnade, dass mich ab Juli ein älterer und weiser biblisch-therapeutischer Seelsorger betreute. Ich erzählte ihm von meiner Aussichtslosigkeit, meiner Spitalphobie, meiner ständigen Trauer usw. Und er hatte darauf nur eine Antwort. Jeden Tag unzählige Male beten: Danke, Vater, dass du mich trägst.

Im August ging ich wieder hin, nachdem ich unter der Chemotherapie und der Radiologie schon sehr gelitten hatte und immer noch litt. Ich bekam den gleichen Rat, dass ich täglich unzählige Male beten soll: Danke, Vater, dass du mich trägst. Im September und Oktober ging ich wieder hin und bekam die gleiche Antwort. Und ich tat, was er mir empfohlen hatte. Jeden Tag wiederholte ich den Satz unzählige Male – vor einem Bild, das mir der Seelsorger geschenkt hatte. Es zeigt zwei Hände, die eine Sanduhr tragen. Gott trägt dich in deinem zeitlich begrenzten Leben auf Erden, drückt es aus.

Es kam November und ein weiterer Termin beim Chirurgen. Gott sei Dank wurde der Termin für die Operation von Dezember 2013 auf Januar 2014 verschoben. Ich konnte mich vor dem grossen Eingriff erholen. Die Festtage durfte ich im Kreise meiner engsten Familie feiern. Alle zeigten mir ihre Liebe und ihren Wunsch, dass ich wieder gesund werde.

Achtstündige Operation

Am 7. Januar ging ich ins USZ, am 8. Januar fand die achtstündige Operation statt. Meine Frau war bei mir beim Aufwachen auf der Intensivstation. Mein Sohn wartete den ganzen Tag im Spital. Die anderen Kinder und viele Menschen in der Schweiz und weltweit beteten für mein Wohlergehen. Es verlief alles gut. Ich erwachte mit viel technischem Material um mich. Mir war die Speiseröhre entfernt und der Magen hochgezogen worden - eine heikle Operation. Und ich betete: Danke, Vater, dass du mich trägst. Ich hatte Durst, bekam aber nichts zu trinken. Ansonsten ging es mir gut.

Nach zwei Wochen kam die Verlegung in die Reha, wo ich während drei Wochen wieder essen (wenig und häufig) und mich bewegen lernte. Nach der Entlassung hatte ich leider einen Magenvirus aufgelesen und musste weitere acht Tage im Unispital Zürich verbringen. Die Phase der monatelangen Erholung zuhause war für meine Familie und mich nicht einfach. Ich war nicht gern Patient. Aber ich wurde liebevoll behütet.

Heute, ein halbes Jahr nach der Operation, geht es mir erstaunlicherweise gut. Ich kann wohl wenig, aber fast alles essen. Ich kann das Gewicht halten (10kg weniger als vor der Krankheit). Die letzten Untersuchungen haben gezeigt, dass ich keine Ableger habe. Ich beginne wieder, Pläne zu schmieden.

Gott hat hindurch getragen

Mein Leben ein Jahr nach dem Befund hat sich aber grundsätzlich geändert. Ich habe in unserem Gott einen engen Vertrauten gefunden. Beim täglichen Bibellesen und Beten bin ich dem Allmächtigen ganz nahe gekommen. Während der Monate des Unwohlseins und der Trauer konnte ich im Stillen meine vielen Sünden bekennen und um Vergebung bitten. Heute bin ich ein ganz anderer Mensch, ein glückseliger Mensch (Bedeutung meines Vornamens). Wenn ich noch Tränen habe, sind die aus Dank und Freude.

Gott hat mich beschenkt mit einer Krankheit, damit ich mein Leben und meine Beziehung zu ihm in Ordnung bringen kann. Heute danke ich von meinem Innersten für die Not, die ich ertragen musste und vor allem für die Hilfe, die ich von meinem Schöpfer erhielt. Auch heute bete ich täglich viele Male: Danke, Vater, du trägst mich.

Datum: 09.08.2014
Autor: Florian Wüthrich
Quelle: Livenet

Verwandte News
Werbung
Werbung
Livenet Service