Ethonologiestudent in Thailand

«Ich wollte beweisen, dass Mission der Kultur schadet»

Für seine Lizenziatsarbeit brauchte K. einen Feldstudienplatz. Er wollte beweisen, dass Missionsarbeit die Kulturen schädigt. Doch es kam ganz anders.
Strassenkinder in Thailand haben im Baan Nok Kamin eine Heimat gefunden.

Es kam ihm sehr gelegen, dass die Überseeische Missionsgemeinschaft (ÜMG) ihre Büros ganz in der Nähe des Ethnologischen Seminars hat. Er trug sein Anliegen vor und wurde an Erwin Gröbli in Thailand verwiesen. Gröbli hat in Bangkok und Zentralthailand eine stark wachsende Missionsarbeit aufgebaut. Viele Strassenkinder haben in den Häusern von Baan Nok Kamin (Heimatlose Vögel) eine Heimat gefunden. Kirchen sind entstanden. Buddhisten haben sich dem christlichen Glauben zugewandt. «Das passt gut für meine Studien!», sagte er sich.

Der junge Ethnologiestudent reist mit klaren Vorstellungen nach Thailand: Er will in seiner Feldstudie beweisen, dass Mission negativ und schädlich ist. Ganz so deutlich hat er dies bei seiner Anfrage an Erwin Gröbli natürlich nicht ausgedrückt.

Negative Sicht von Mission

Nun bietet sich K. die Gelegenheit, wissenschaftliche Beweise zu liefern. Besonders das Herz seiner Mutter will er damit treffen. Sie ist Mitglied einer International Church. K. und seine vier Schwestern sind oft mit ihr in die Kirche gegangen. Doch mit 16, 17 Jahren haben sich K. und seine älteste Schwester plötzlich geweigert an kirchlichen Anlässen teilzunehmen.

Die Mutter hat damals irritiert und enttäuscht reagiert. Doch die beiden Geschwister sind fortan unbeirrt ihre eigenen Wege gegangen, mit der Einstellung: Für die Mutter mag der Glaube recht sein, aber ein persönlicher Gewinn fürs Leben ist nicht erkennbar.

Überraschung in Thailand

Er wird herzlich aufgenommen. Nie hat er das Gefühl, als «Feind» betrachtet zu werden, obschon er seine kritischen Gedanken frei äussert. Er staunt, wie ein Mann über fünfzig allein eine solch grosse Arbeit aufbauen konnte. Er entdeckt, dass die thailändische Kultur durch den neuen Glauben nicht ignoriert und verdrängt wird, wie er sich so sicher war.

Er beobachtet und merkt, dass Glaube sehr wohl grossen persönlichen Gewinn bringen kann. Zu sehr haben sich die Strassenkinder verändert, als dass dies allein auf das gute soziale Umfeld zurückzuführen wäre. Der Glaube an die heilende und vergebende Kraft von Jesus Christus ist in der ganzen Arbeit sichtbar. Der tiefe, unerschütterliche Glaube dieses einen Mannes hat die Lebensqualität von vielen Menschen massiv verbessert.

Bettelarme Kinder sind durch seinen Einsatz von der Strasse weggekommen und haben endlich eine Heimat voller Freundlichkeit und Liebe gefunden. Die Häuser von Baan Nok Kamin sind ein grosser Kontrast zum alltäglichen Leben in Thailand.

Hier in den Häusern von Baan Nok Kamin ist jeder Mensch wertvoll und würdig, geliebt zu werden. Hier häuft sich Schuld nicht an, sondern findet im Glauben an Jesus Christus Vergebung. Bei Erwin Gröbli erlebt K. die lebensfördernde Kraft der biblischen Botschaft.

Dennoch distanziert und kritisch

Er muss es ja auch bleiben, damit seine Studien objektiv sind. Seine ethnologischen Forschungen zeigen jedoch, dass der hier gelebte Glaube in der Lage ist die thailändische Kultur ernst zu nehmen und in den neuen christlichen Glauben zu integrieren. So wird z.B. der grosse Respekt vor dem König zu einer starken Grundlage für eine ehrfurchtsvolle Beziehung zu Gott.

Die bestehende Sprache für königliche und sakrale Geschehnisse findet K. in der thailändischen  Bibelübersetzung wieder. Die Übersetzer haben sich sorgfältig Gedanken gemacht, wie die bestehende Sprache und Kultur angewendet werden soll.

Auch die traditionellen Rollen innerhalb der Familie bieten Hand für einen respektvollen Umgang miteinander, wie ihn die Bibel lehrt. Die ältere Schwester, der ältere Bruder, werden in Thailand mit Pi (grosser Bruder/Schwester) angesprochen. Er/Sie hat sowohl die Verantwortung als auch das Sagen.

Diese alte Tradition kann gut übernommen und mit christlichen Werten wie Liebe, Vergebung, Wertschätzung gefüllt und gestärkt werden. K. spürt, wie auf zwei Ebenen ein Konflikt entsteht. Seine vorgefasste Meinung über die kulturzerstörerische Kraft der christlichen Missionsarbeit bröckelt. Aber noch viel tiefer geht ihm die eigene Erfahrung. Er kann einfach nicht glauben, dass all das, was er hier erlebt, aus rein menschlicher Kraft entstehen konnte.

Erwin Gröbli und seine Helfer haben viele Hindernisse und Rückschläge erlebt. Doch sie liessen sich nicht beirren. Sie stellten nicht immer wieder die Fragen, die Soziologen, Ethnologen und Entwicklungshelfer zermürben: «Bringt es  etwas? Warum machen wir diese Arbeit? Sollten wir die Menschen nicht besser dem Schicksal überlassen?»

K. sieht in den Häusern von Baan Nok Kamin und den entstandenen Kirchen eine Glaubenskraft, die durch Schwierigkeiten nicht abnimmt, sondern noch stärker und sicherer wird, weil eine tiefe Liebe und Berufung die Arbeit vorantreibt. Immer wieder geht ihm derselbe Gedanke durch den Kopf: «Ohne übernatürliche Hilfe ist all dies hier nicht möglich!» Annehmen oder ablehnen.

Innerer Kampf

In seiner Seele beginnt ein heftiger Kampf: Er sieht sein eigenes Leben im  Kontrast zu den Erfahrungen dieser vom Buddhismus konvertierten Christen. Er sieht den Kontrast zur traditionellen thailändischen Kultur, die dem einzelnen Menschen nie diese Wertschätzung und Liebe schenkt, wie sie hier gelebt wird. Und er spürt, dass er nicht so sinnlos weiterleben kann und will.

Mitten in dieser Phase des inneren Konflikts reist er zusammen mit Erwin Gröbli nach Ajutaja um einen ehemaligen Strassenjungen zu besuchen, der sich dort ein kleines Gewerbe aufgebaut hat. Die verändernde Kraft des Glaubens ist in diesem jungen Mann deutlich sichtbar.

Der Kontrast zu seinem eigenem Leben ist gross. Er ist geplagt von innerer Leere und Sinnlosigkeit. Manchmal ist er richtig depressiv. Süchte nehmen ihn seit Jahren immer wieder gefangen: Rauchen, Kiffen, Frauen, Alkohol. Am Abend ist K.  allein in den Gassen Ajutajas unterwegs. Er wird beinahe überfahren. In den Gassen sieht er, wie gelb gekleidete Mönche Prostituierte aufsuchen. Er sieht die hoffnungslosen Gesichter der Freier und Trinker. Er sieht die vielen Geisterhäuser und Tempel. Er riecht Räucherstäbchen und Alkohol. «Alles ist mir an diesem Abend so verloren vorgekommen », erinnert sich K. in unserem Gespräch am Esstisch in seiner hellen, schlichten Wohnung. «Der Kontrast war so riesig, meine Verlorenheit so übermächtig gross.»

Gespräch mit Gott.

Er betet. Er fleht zum ersten Mal. Er weiss, so kann mein Leben nicht weitergehen. «Entweder bringe ich mich jetzt  um oder ich übergebe dir mein Leben», ruft er verzweifelt Gott zu. Er meint es ernst, sehr ernst!

Er spürt, wie ihn seine Sünden erdrücken. Gott antwortet. K.  fühlt seine Nähe. Er hört seine Stimme. Er spürt, wie Gott ihn in die Arme schliesst und sagt: «Ich vergebe dir! Ich nehme dich an, so wie du bist!» Tränen laufen ihm über die Wangen. Seine Mundwinkel zucken. Er kann diese Ereignisse kaum erzählen. Sie sind wieder so nah, wie wenn alles erst gestern gewesen wäre.

Er hat in Ajutaja eine tiefe Gotteserfahrung erlebt, die sein Leben seither nachhaltig  verändert. «Entschuldige», haucht K. und sucht mit dem Arm die Nähe seiner Frau, die gerade mit dem einjährigen Sohn auf den Armen an ihm vorbei in die Küche huscht. Sie lächelt liebevoll.

Seine Frau weiss, dass diese Ereignisse tiefe Spuren bei K.  hinterlassen haben. Auch ihr Leben hat diese Nacht in Ajutaja beeinflusst. Sie fand erst durch ihren Mann einen tiefen Zugang zu Gott. Sie war offen, ja suchend. Auch gebetet hat sie schon seit längerer Zeit.

Aber wer die Gebete erhören sollte, war ihr damals unklar. Sie haben dann an einem Abend beide mit ihren eigenen Worten gebetet und herausgefunden, dass die Worte nicht so sehr voneinander abweichen. Gott als persönlichen Freund und treuen Begleiter hat sie aber erst mit der Zeit kennengelernt.

Frei von Sucht

«Aber ihm ganz zu vertrauen, ist ein Lernprozess, der mir nicht immer leicht fällt.» K. erzählt Erwin Gröbli von seiner Erfahrung in der Nacht. Ein Weg der inneren Heilung beginnt.

Die Sucht nach Rauch und Alkohol lässt nach. Sein Leben findet neue Bahnen. Nicht ohne Rückschritte. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz trifft er wieder die alten Freunde. Alkohol fliesst reichlich. Es wird gekifft, auch Freundinnen kommen und gehen.

Er braucht eine neue Hinwendung zu Gott, neue Freunde, eine neue Heimat. K. sucht sich eine Kirche, in der Glaube erfahrbar gelebt wird.

Frau fürs Leben

Er bittet Gott um eine Frau, die auch im Glauben lebt. Seine heutige Frau kennt er durch eine Kollegin. Sie schreibt ihm eine SMS. Die beiden treffen sich. Sie verstehen sich schnell. K. verliebt sich. Aber seine Freundin kennt Gott noch nicht.

Es folgen viele Gespräche. Sie ist eine kluge Frau, die sich nicht einfach beeinflussen lässt. Doch sie öffnet sich und beginnt Gott zu vertrauen. Drei Jahre sind die beiden nun zusammen. Eine liebe Frau ist tausendmal mehr wert als viele Freundinnen. K. ist Gott sehr dankbar für seine Frau und dass er nun endlich einmal erleben kann, was Liebe und Treue ist. Gottes Liebe und die Liebe seiner Frau!

Er hat seiner Mutter den wissenschaftlichen Beweis nicht erbringen können, dafür hat K. Gott in seiner vergebenden Tiefe hautnah erfahren.

Dieser Artikel hat uns freundlicherweise Textlive zur Verfügung gestellt. Zur Website

Datum: 16.08.2011
Autor: Hans Ueli Beereuter
Quelle: TextLive / Bearbeitung: Jesus.ch

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