Älterwerden betrifft alle. Aber
fast niemand möchte alt sein. Das mag daran liegen, dass «Jugend» so etwas wie
ein gesellschaftlicher Wert geworden ist. Und dass es deshalb unbequem ist,
jetzt schon Weichen für später zu stellen. Um fünf solche Weichenstellungen
geht es in diesem Artikel. Sie sind hilfreich, wenn man älter wird – und sie
tun nicht weh, wenn man jünger ist.
Sehr viele Menschen bleiben in
ihrer Selbstwahrnehmung bei einem Alter von 25 Jahren stehen. Natürlich feiern
sie weiterhin jährlich ihre Geburtstage und lassen sich zum 42. gratulieren.
Doch innerlich fühlen sie sich jünger und sind sich selten bewusst, dass sie
gerade die rechnerische Lebensmitte überschritten haben (Männer sogar schon
zwei Jahre früher). Irgendwann ziept es dann im Bein oder das kleine Mädchen an
der Hand nennt einen Opa – dann wird es deutlich, dass man älter geworden ist.
Billy Graham, der bekannte
Evangelist, fasste dieses Denken am Ende seines Lebens (mit 93!) so zusammen:
«Mein ganzes Leben lang wurde ich darauf vorbereitet, als Christ zu sterben,
aber keiner hat mir jemals beigebracht, wie ich die letzten Jahre meines Lebens
leben soll.»
Älter werden und der Unterschied
von jung und jugendlich
«Forever Young» sangen Rod Stewart und Bob
Dylan. Diese Sehnsucht nach ewiger Jugend wird manchmal greifbar, wenn wir
einen gleichaltrigen Sänger oder eine Schauspielerin abgebildet sehen. Während wir
selbst unsere Haare verloren oder Falten bekommen haban, strahlen sie scheinbar
unverändert in die Kamera. Botox und Photoshop machen vieles möglich. Doch
spätestens bei einer schnellen Joggingrunde mit einem echten Zwanzigjährigen
wird deutlich, dass die Jugendlichkeit eher Fassade als Lebenswirklichkeit ist.
Wer jugendlich bleiben möchte, kämpft letztlich einen vergeblichen Kampf. Doch
innerlich jung bleiben ist trotzdem möglich. Gerade der Glaube an Gott, der uns
liebt, und damit nie aufhört, unterstützt dies. Paulus erklärte deshalb einmal:
«Darum lassen wir uns nicht entmutigen; sondern wenn auch unser äusserer Mensch
zugrunde geht, so wird doch der innere Tag für Tag erneuert» (2. Korinther
Kapitel 4, Vers 16).
Älter werden eröffnet neue
Möglichkeiten
Das Altern lässt Kräfte
schwinden, aber das bedeutet nicht, dass alles abnimmt. Es kann die rauen
Kanten unseres Charakters abschleifen. Es kann uns geduldiger, liebevoller,
weitherziger und mutiger machen. Es kann uns ein neues Gespür für Zwischentöne
und die Feinheiten des Lebens geben. Es kann uns demütiger und gleichzeitig
stärker machen. Es kann. Das ist allerdings kein Automatismus. Älter werden
geht von selbst – reif werden braucht unsere Mitarbeit.
Älter werden hilft, Grenzen
anzunehmen oder zu überspringen
Für eine Weile kann man als
junger Mensch so tun, als gäbe es keine Grenzen – oder nur wenige. Doch je
älter man wird, desto eingeschränkter wird das Leben. Das ist gar nicht negativ
gemeint. Typisches Beispiel ist unsere Berufswahl. Zunächst haben wir zig
Möglichkeiten und Ideen, welche Ausbildung wir machen oder welches Studium,
dann steigen wir ins Berufsleben ein. Wir können uns weiter qualifizieren,
fortbilden, auch eine Umschulung machen, aber wirklich noch einmal von vorne
beginnen werden wir mit 67 Jahren nicht mehr.
Trotzdem bedeutet das nicht, dass
wir eingefahren und absolut festgelegt sein müssen. Ein schönes Beispiel dazu,
dass man auch im fortgeschrittenen Alter noch die Herausforderung suchen kann,
steht im Alten Testament im Buch Josua (Kapitel 14 ab Vers 10).
Kaleb spricht da zu Josua: «Und nun siehe, ich bin heute 85 Jahre alt, und ich
bin noch heute so stark, wie ich war an dem Tag, als mich Mose aussandte; wie
meine Kraft damals war, so ist sie auch jetzt, zu kämpfen und aus- und
einzuziehen. Und nun, so gib mir dieses Bergland, von dem der Herr geredet hat…»
Älter werden zeigt, was wichtig
ist
Mit dem Alter werden wir meistens
geduldiger – aber in mancher Hinsicht auch ungeduldiger. Jahrelang haben wir uns
vielleicht viel um Kleinigkeiten gekümmert und nur wenig um die wichtigeren
Dinge. Das Wichtige war nie dringend genug. Ein Vorzug des Alters ist es, hier
die Prioritäten neu zu setzen und das vorzuziehen, was relevant für dieses und
das ewige Leben ist.
Älter werden ist nur ein
Abschnitt im Leben
Im Kreuzworträtsel wird manchmal
nach einem weiblichen Bühnenfach mit vier Buchstaben gefragt. Die Antwort
lautet: Alte. Dabei ist das nur eine Schublade, die uns und unser Wesen nur
teilweise betrifft. Wir sind alt, Grosseltern oder Rentner – doch das macht uns
nicht als Menschen aus. Gleichzeitig sind und bleiben wir musikalisch, lustig,
zugewandt, liebevoll usw.
Alt sein ist nicht unsere
Identität auf den letzten Metern hinein ins Abstellgleis des Lebens. Es ist ein
vorübergehender Zustand, es ist Gottes Geschenk und es ist ein Teil der Reise,
auf der Gott uns begleitet – einer Reise, die mit dem Alter noch lange nicht zu
Ende ist.