Freiheit erleben

Erst am «Du» wird der Mensch zum «Ich»

Erst durch die Bindung mit Gott werden wir frei. Er schenkt uns innere Freiheit, die sich positiv auf unser äusseres Leben auswirkt, sagt der Berater Rolf Lindenmann.
Frau in der Natur (iStock: 14261428)
Rolf Lindenmann

Jesus.ch-Print: Was versteht man unter Freiheit?
Rolf Lindenmann: Freiheit bedeutet für die meisten Menschen, nach eigenen Vorstellungen, also selbstbestimmt zu leben. Ich glaube aber, dass der Mensch nicht zur absoluten Freiheit bestimmt ist. In Tat und Wahrheit sind wir immer gebunden und abhängig. Die Frage ist nur wovon und von wem? Dies kann und muss jeder Mensch frei entscheiden. Letztendlich sind es unsere Wertvorstellungen und Ziele im Leben, die bestimmen, wie unsere Freiheit aussieht.

Menschen suchen Freiheit im Konsum, im Luxus, im (Extrem-)sport, auf der Südseeinsel oder im Seitensprung? Finden sie sie dort?
In beschränktem Masse. Aber unser Egoismus und unsere Masslosigkeit kommen uns immer wieder in die Quere. Jene Freiheit ist eine Täuschung. Sie macht uns abhängig, sie nimmt uns gefangen. Der Mensch ist dazu geschaffen, um in und aus der persönlichen Beziehung mit Gott heraus zu leben. Wer sich von ihm geliebt und angenommen weiss, wird innerlich frei. Er kann auf übermässigen Konsum verzichten und ist nicht abhängig von dem, was andere denken und sagen.

Bedeutet Freiheit Selbstverwirklichung?
Viele Menschen streben nach Reichtum, Erfolg, Berühmtheit, Schönheit. Der Weg an die Spitze kostet viel Kraft. Andere bleiben dabei auf der Strecke – oft auch wir selbst, denn unsere Massstäbe sind viel zu hoch. Das führt zu einem Zerrbild unserer selbst. Nur in Beziehung mit unserem Schöpfer können wir zu einer reifen Persönlichkeit werden, zu einem gesunden Ganzen. Erst am Du wird der Mensch zum Ich. Um uns selbst zu finden und zu verstehen brauchen wir ein Gegenüber. In erster Linie ist das Gott. Und es sind andere Menschen.

Die 10 Gebote sind Spassbremsen, ein Christ kann gar nicht frei sein, ist die gängige Meinung. Was sagen Sie dazu?
Wer die absolute Freiheit als Ideal hat, fühlt sich durch die 10 Gebote eingeschränkt. Sie sind jedoch von Gott als Hilfe, als Richtschnur für ein gelingendes, gerechtes Zusammenleben gedacht. Sie schränken das Leben nicht ein, sie fördern es. Eine Gesellschaft, in der jeder tut und lässt, was er will, geht zugrunde. Wer ehrlich ist, dem leuchtet dies auch ein – bezogen auf das siebte Gebot «du sollst nicht stehlen» spätestens, wenn man selbst Opfer eines Diebstahls wird.

Was bedeutet es, wenn in der Bibel (Galaterbrief, Kapitel 5, Vers 13) steht, wir seien zur Freiheit berufen?
Jesus meint damit, dass wir in der Beziehung zu ihm zu freien Menschen werden. Er schenkt uns unseren Wert. Wir brauchen nicht mehr darum zu kämpfen. Dies spiegelt sich in unserem Reden und Handeln. Wir werden frei, uns selbst, unsere Talente und unsere Zeit an andere zu verschenken. Der schöne Nebeneffekt: Wer sich verschenkt, der wird immer auch selbst beschenkt.

Rolf Lindenmann (74), Dr. phil., Biologe, ist als Coach und Berater tätig. Er lebt in Grüt im Zürcher Oberland.

Datum: 29.06.2014
Autor: Manuela Herzog
Quelle: Jesus.ch-Print Nr. 30

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