Philipp Spitta war ein Theologe und Dichter des 19.
Jahrhunderts. Viele seiner Lieder befinden sich bis heute in den Gesangbüchern
und werden immer noch gesungen – so wie sein Pfingstlied «O komm, du Geist der
Wahrheit». Einer der Gründe ist sicher, dass Spitta kein «Schreibtischtäter»
war, sondern nah an den Menschen seiner Umgebung dran war: an Gefangenen,
Trinkern, Soldaten. Hier erlebte er die verändernde Kraft des Heiligen Geistes.
Skulptur von Philipp Spitta
Kämpferisch war er. Nüchtern. Für
«seine» Gefangenen hatte er immer ein offenes Ohr. Gleichzeitig war ein
Feingeist, ein Dichter. Und ein liebevoller Ehemann und Vater. Seine Lieder hat
man bis heute im Ohr, allen voran: «Bei dir, Jesu, will ich bleiben» und «O
komm, du Geist der Wahrheit». Doch wer war Philipp Spitta? Wie kam er zu seinen
Liedern?
Fehlstart ins Leben
Philipp Spitta (1801-59) hatte
keinen guten Start ins Leben. Sein Vater starb, als er vier Jahre alt war.
Später erkrankte er an einer seltenen Form der Tuberkulose. Spitta überlebte,
doch an einen Schulbesuch war nicht mehr zu denken. Seine Mutter gab ihn bei
einem Uhrmacher in die Lehre, aber auch nach Jahren wurde er mit dieser Art von
Arbeit nicht warm. Erst ein weiterer Schicksalsschlag brachte eine Veränderung:
Sein jüngster Stiefbruder ertrank. Und Spitta durfte das Geld, das für dessen
Studium gedacht war, für die eigene Fortbildung verwenden. Er war zwar
eigentlich zu alt für die Schule, doch er besuchte begeistert das Gymnasium und
studierte im Anschluss Theologie. Der Rationalismus an der Universität
befriedigte ihn überhaupt nicht, doch durch Professor Tholuck lernte er auch
die persönliche Seite des Glaubens kennen und richtete sein Leben von da an
nach Jesus Christus aus, was er so in Verse fasste:
Bei
dir, Jesu, will ich bleiben,
stets in deinem Dienste stehn;
nichts soll mich von dir vertreiben,
will auf deinen Wegen gehn.
Du bist meines Lebens Leben,
meiner Seele Trieb und Kraft,
wie der Weinstock seinen Reben
zuströmt Kraft und Lebenssaft.
Künstler und Lehrer
Bereits an der Universität traf
sich Philipp Spitta mit anderen Künstlern, unter anderem mit Heinrich Heine.
Dichten wurde jetzt mehr als eine Freizeitbeschäftigung: Regelmässig fasste er
seine Eindrücke und Erkenntnisse in Verse. Nach dem Studium verdingte sich
Spitta als Hauslehrer in Lüneburg. Dort erlebte er zum ersten Mal Hausbibelkreise,
durch die er im Glauben wuchs. Manchen Kirchenoberen war der junge Theologe zu
fromm, anderen war er nicht romantisch genug, doch er blieb sich und seinem
Glauben treu. Immer wieder sprach er davon auch in seinen Bekenntnisliedern:
Ich
steh in meines Herren Hand
und will drin stehen bleiben;
nicht Erdennot, nicht Erdentand
soll mich daraus vertreiben.
Und wenn zerfällt die ganze Welt,
wer sich an ihn und wen er hält,
wird wohlbehalten bleiben.
Zwischen Garnison und Gefängnis
Schliesslich kam Philipp Spitta
als Prediger und Seelsorger nach Hameln. Dort war er für die Soldaten der
Garnison zuständig und für die Sträflinge im Gefängnis. Besonders die
Gefangenen lagen ihm am Herzen. Immer wieder besuchte er sie und sprach ihnen
Gottes Liebe und Vergebung zu. Manch einer erlebte dabei, wie die Eisdecke über
seinem Leben durch die Sonne der Gnade wegschmolz. Mit diesen Worten beschrieb
Spitta selbst seine Arbeit. Und er freute sich, dass «aus der Strafanstalt
meine Heilsanstalt» wurde.
Doch auch die Soldaten und
Offiziere erreichte er mit dem Evangelium. Zwar hatten seine Hausbibelkreise
für viele etwas Sektiererisches, doch Spitta lebte seinen Glauben auch gegen
Anfeindungen und Widerstände. Immer wieder kam es vor, dass Soldaten, die zu
seinen Bibelstunden kamen, aus dem Dienst entlassen wurden. Trotzdem waren
seine Gottesdienste voll. Viele Menschen schätzten die direkte und freundliche
Art Spittas, der niemandem nach dem Mund redete. Und sie sahen, dass da einer
tat, was er predigte. Er sah, zum Beispiel, die grosse Not unter Suchtkranken und
Alkoholabhängigen. Und er gründete kurzerhand einen Hilfsverein, um sie zu
unterstützen und herauszuhelfen. In dieser Zeit – mitten zwischen erfahrener
Lebensveränderung und Anfeindung von aussen – entstand sein kämpferisches
Pfingstlied. Bodenständig und bekennend bittet Spitta Gott darin um das, was er
für seinen Alltag braucht – um seinen Geist. Und er weiss, «du musst uns Kraft
verleihen…»:
O
komm, du Geist der Wahrheit,
und kehre bei uns ein,
verbreite Licht und Klarheit,
verbanne Trug und Schein.
Giess aus dein heilig Feuer,
rühr Herz und Lippen an,
dass jeglicher getreuer
den Herrn bekennen kann.
Du,
Heilger Geist, bereite
ein Pfingstfest nah und fern;
mit deiner Kraft begleite
das Zeugnis von dem Herrn.
O, öffne du die Herzen
der Welt und uns den Mund,
dass wir in Freud und Schmerzen
das Heil ihr machen kund.