Via Strassenarbeit

Der ungewöhnliche Weg zum ersten Album

Kelly Lee ist eine untypische Album-Debütantin: Nicht viele publizieren ihr erstes Album in diesem Alter. Auch sonst fällt die pfingstliche Pastorin aus dem Rahmen: Damit sie nicht zu oft auf dem Polizei-Posten landet, trägt sie auf der Strasse ein Kollar – denn sie kümmert sich um Menschen, die in Drogen verstrickt sind und auf der Gasse leben.
Reverend Kelly Lee

Mit «Reverend Kelly Lee» legt die Musikerin ihren Erstling im fortgeschrittenen Alter vor, ansonsten ist sie oft auf der Strasse unterwegs. «Ich besuche Gefängnisse, arbeite auf der Strasse mit Menschen in Krisen und begegne dabei auch der Polizei. Es kann sein, dass ich noch spät in der Nacht da bin, um jemandem zu helfen. Wenn ich da normale Kleider tragen würde, würde ich da wohl auch gleich mitgenommen.»

Kelly Lee Anderson kam während einer schwierigen Zeit in Dublin zur Welt. Musik prägte sie in ihrer Kindheit, ihre Mutter und die beiden älteren Schwestern sangen oft. Schwierigkeiten hatte sie damals in der katholischen Kirche. «Damals kontrollierten die Priester alles, doch einen Menschen kann man nicht kontrollieren, sondern man sollte Liebe zeigen. Trug man damals aber nicht genehme Kleider, wurde das von der Kanzel herunter kritisiert. Viele wurden dadurch verletzt.»

Eine Welt brach zusammen

Im Alter von drei Jahren habe sie bereits gesagt, dass sie für «das Jesus-Baby arbeiten und Priesterin werden will». Der Geistliche ihrer Kirche riet den Eltern aber, ihr das auszureden. «Niemand ermutigte mich damals, dass dies in Ordnung wäre.» Für sie brach für längere Zeit eine Welt zusammen. Befreiung fand sie in der Musik. «Manche Menschen wenden sich dem Alkohol zu, ich mich der Musik.» Nun wollte sie Sängerin werden.

In den frühen 1980er-Jahren wurde dieser Traum war. Sie trat in Cabarets auf und sang im Nahen Osten in Luxushotels. «Zum Beispiel in einem Diplomaten-Hotel in Bahrain oder später in Abu Dhabi, Dubai, Sharjah und Sri Lanka.» Bald nahm sie zwei Singles auf. «Eines Tages sass ich in einem Kaffee und hörte einen der Songs. Das war sonderbar.»

Disput mit Pastor

Bald darauf geriet sie in eine Krise, weil ein Bruch in der Schulter nicht richtig behandelt worden war. Sie musste mit vielen Schmerztabletten dagegen angehen, das Gitarrespielen wurde zur Plage.

Eine Freundin machte sie schliesslich mit David Williams von der «Silverdale Elim Church» bekannt. «Wir waren wie Katz und Maus. Er sagte, dass ich Jesus brauchen würde, doch ich erwiderte, dass ich katholisch bin. Er entgegnete: 'Es geht nicht darum, was du bist – du brauchst Jesus.' In seinen Augen sah ich nichts anderes als Liebe und Frieden.» Zuletzt habe sie gemerkt, dass sie mehr brauchte als das, was sie hatte, und dass eine völlige Veränderung nötig ist. Sie entschied sich für ein Leben mit Christus.

Krug und Wilder Westen

In der Küche setzte sie einen Krug auf und war plötzlich verblüfft – denn das hatte sie zuvor wegen der lädierten Schulter nicht tun können. Kurz danach schloss sie sich einer Pfingstgemeinde an.

Kelly sang weiterhin, eignete sich nun aber den gerade populär werdenden Country-Stil an. Die Country-Welt gefiel ihr – bald eröffnete sie auch einen Shop für Western-Kleidung. Dies wurde zu einem vollen Erfolg. «Bald eröffnete ich ein zweites Geschäft.»

Doch ihr Gesundheitszustand verschlechterte sich. Ausgangspunkt war, dass ein Arbeiter vergessen hatte, den Schornstein zu reinigen – abends sass sie vor dem Kaminfeuer. Ohne es zu wissen, wurde sie dabei giftigen Dämpfen ausgesetzt. Da sie über keinen Geruchssinn verfügte, gelang es der damaligen Medizin nicht, die Ursache herauszufinden. Während 18 Monaten wurden ihr verschiedene Tabletten verabreicht, was die Lage aber eher verschlimmerte.

Bei den Aborigines

Schliesslich wechselte Kelly Lee in den pastoralen Dienst. Nach ihrer Ordination in der «Elim Pentecostal Church» im australischen Brisbane wirkte sie ein Jahr lang unter Aborigines, «weil sie einen Pastor brauchten und Musik liebten und ich Gitarre spielen konnte.»

Zurück in Grossbritannien eröffnete sie einen Dienst namens «Streetwalk», der sich um Obdachlose und Abhängige in der 200'000-Einwohnerstadt Warrington in England kümmert. Zu Beginn kaufte sie Essen für die Leute, doch zunächst war kein Besteck vorhanden. «Ich hole welches», sagte einer und kam bald mit Picknick-Besteck zurück. Er hatte dies gestohlen. Kelly Lee erklärte, dass dies nicht so laufe. Sie ging in den Laden, um das Besteck zu bezahlen. Dort hiess es: «Das ist schon in Ordnung.»

Das erste Album

Das Wirken auf der Strasse sei schwierig gewesen, immer wieder seien Menschen gestorben und sie fragte sich, ob diese nun ewig verloren seien. Die Arbeit wuchs und sie sah, wie sich Menschenleben veränderten, auch ein hartherziger Polizist fand zu Christus.

Vor drei Jahren öffnete sich wieder eine Tür hinsichtlich ihres Gesangs. Nach einem ihrer gelegentlichen Konzerte sagte ein Besucher, dass Gott wolle, dass sie die Menschen auf der Strasse mit ihren Liedern berührt. «Das ignorierte ich zuerst.» Doch dann entwickelte sich aus diesem Gedanken heraus ihr erstes Album unter dem Titel «Reverend Kelly Lee».

Immer wieder berührt ihr musikalisches Schaffen Menschen, auf der Strasse – auf der sie sich weiterhin hauptsächlich engagiert – wie auch bei Konzerten in Gemeinden. Zudem finden die Songs Eingang in den Sender «UK Christian Radio».

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Datum: 09.08.2016
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet / Crossrhythms

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