Prädikat «sehenswert»

Mose-Film: Eine positive Herausforderung für Christen

Mit «Exodus – Götter und Könige» fordert Regisseur Ridley Scott
In «Exodus – Götter und Könige» wird Mose als erfahrener Feldherr dargestellt.
Filmplakat des Films «Exodus – Götter und Könige».
Joel Edgerton (Ramses) und Christian Bale (Moses) im Film «Exodus: Gods and Kings»
Livenet-Redaktionsleiter Florian Wüthrich.

die Christen in ihrem Denken heraus. Gott wird als gnadenloses Kind dargestellt. Und Mose sucht über weite Strecken des 150-Minuten-Epos seine eigene Identität. Dennoch erhält der Film von Livenet-Redaktor Florian Wüthrich das Prädikat «sehenswert».
Wer einen bibeltreu dokumentarischen Film erwartet, wird mit der Verfilmung des 2. Buchs Moses (Exodus) nicht ganz glücklich sein. So wird Mose als erfahrener Feldherr dargestellt, der Kampfesreden hält und gekonnt Schwerter schwingt. Sein Bruder Aaron, der Mose in der Bibel als Redner zur Seite steht, weil sein eigenes Selbstbewusstsein dafür nicht ausreicht, ist im Film nur eine unbedeutende Nebenfigur. Kenner der Bibel sind hier ein erstes Mal herausgefordert, da sie wissen, dass Gott keinen mutigen Draufgänger, sondern einen wortkargen Anführer berufen hat.

Gott wird indes bereits ab der Dornbusch-Szene in der Person eines Kindes dargestellt. Dies ist eine weitere Herausforderung für Christen, für einige wohl gar eine Provokation.

Wo ist der Stab?

Der Anführer der Hebräer, gespielt von Christian Bale (The Dark Knight), wird als Agnostiker beschrieben, der lange Zeit nicht weiss, wer er eigentlich ist und zu welchem Volk er gehört. Seine Identitätssuche vermag dem Film zwar eine zusätzliche Dramatik zu verleihen, hat aber auch hier mit dem Original-Text der Bibel wenig zu tun. Und wo wir gleich dabei sind: Wo ist eigentlich der Stab, mit dem Mose gemäss Bibel vor dem Pharao auftritt? Dieser fehlt im Film komplett.

Da in der Bibel sehr wenig über die Jugend des Mose zu lesen ist, haben die Drehbuchautoren diese frei ausgeschmückt. So wird die Freundschaft mit dem späteren Pharao Ramses, mit dem Mose auf dem königlichen Hof aufwächst, sehr bunt beschrieben, was die Emotionen im späteren Verlauf der Geschichte verstärkt. Danach läuft einiges so ab, wie Bibelleser dies kennen: Moses Identität wird offenbart, der Pharao verbannt ihn aus Ägypten, Mose trifft Zippora, heiratet und begegnet Gott, kehrt zurück in seine Heimat und schlägt die Ägypter mit Gottes Hilfe in die Flucht. Die Bösewichte ertrinken im Roten Meer, nachdem Mose es geteilt hat und mit den Israeliten hindurch gezogen ist.

«Ist das dein Gott? Ein Kindermörder?»

Diese emotionale Beziehung, die auch der Kinobesucher zu den Ägyptern und besonders der Familie des Pharaos aufbaut, hat ihre Tücken. Sie intensiviert das Mitleiden mit den Ägyptern bei der 10. Plage, dem Sterben der Erstgeborenen. Plötzlich tritt die Frage «Wie grausam darf ein liebender Gott sein?» in den Vordergrund.

Auch in der Filmkritik des «pro Medienmagazins» schreibt Anna Lutz über diese heikle Filmsequenz: «Die letzte der zehn Plagen, die Ägypten durch Gottes Hand heimsucht, ist das Sterben der Erstgeborenen. Nur, dass der Pharao im Film dem Zuschauer emotional weit näher kommt als der Bösewicht in der biblischen Geschichte… Mit der Leiche seines toten Kindes im Arm und von Tränen zerlaufener Schminke im Gesicht steht er vor Mose und fragt: 'Ist das dein Gott? Ein Kindermörder?' Zuvor hatte Mose selbst Gott angeklagt, ihm vorgeworfen, dass er diesen Schritt nicht tun könne, dass er zu weit gehe. Gott aber bleibt erbarmungslos.»

Der Pharao setzt danach mit der Frage «Was für Fanatiker verehren so einen Gott» noch einen drauf. Die Grausamkeit Gottes trifft den Sklaventreiber weit überraschender als im biblischen Kontext. Anna Lutz von pro stellt daher fest, das verstockte Herz des Pharao gehöre wohl zu den «grössten theologischen Herausforderungen, denen sich Christen, die an einen liebenden und gnädigen Gott glauben, stellen müssen.» Der Film lasse den Gegensatz noch härter erscheinen, meint die Filmkritikerin und liegt nach meinem Empfinden richtig.

«Exodus» trotz allem sehenswert

Der Film «Exodus – Götter und Könige» erhält von mir das Prädikat «sehenswert». Allein die spektakuläre Inszenierung der Strafgerichte ist das Eintrittsgeld wert. Interessant ist Scotts Versuch, die Plagen in einer ökologischen Logik zu präsentieren; beispielsweise hat die Froschplage (logischerweise) ein Froschsterben zur Folge, das wiederum die Mücken und Fliegen anzieht und danach eine Viehpest und die Geschwüre an Menschen ausbrechen lässt.

Trotz einiger Details, die für die Hollywood-Produktion umgedichtet wurden, überzeugt der Film insgesamt. Im Unterschied zu Darren Aronofskys Noah-Film, bei dem vor allem im zweiten Teil kaum noch Bezüge zum Urtext auszumachen sind (Livenet berichtete), orientiert sich Ridley Scott im Handlungsablauf konsequenter an der Bibel. Christen müssen also keine totale Verfälschung befürchten.

Wer sich auf den Film einlässt und ihn vielleicht sogar dazu nutzen will, um mit Freunden über Glaubensthemen ins Gespräch zu kommen, der sollte sich jedoch warm anziehen. Denn am Ende wird auch er die Frage des Pharao beantworten müssen: «Ist das dein Gott? Ein Kindermörder?»

«Exodus - Götter und Könige», Regie: Ridley Scott, seit 25.12. in den Kinos zu sehen, 150 Minuten, USA 2014, FSK 12

Zum Thema:
«Exodus - Gods and Kings» ab Weihnachten in den Kinos
So sieht der neue «Moses» aus
Auf
«Exodus» könnte David folgen
Als die Flut kommt, geht
«Noah» unter

Datum: 28.12.2014
Autor: Florian Wüthrich
Quelle: Livenet

Verwandte News
Werbung
Werbung
Livenet Service