Unser Helfen soll nicht zu Abhängigkeit anderer führen
In seinem Buch «Wenn Nächstenliebe klein macht», beleuchtet
Glenn J. Schwartz unsere Missionspraktiken kritisch. Das Buch ist vor allem
aber eine Motivation, dass es besser gemacht werden kann.
Anderen Menschen zu helfen,
verleiht ein schönes Gefühl. Dass unser «Helfen» das Gegenüber klein halten und
in eine Abhängigkeit führen kann, diesem Gedanken widmet Glenn J. Schwartz ein
300-Seiten Buch mit dem Namen «Wenn Nächstenliebe klein macht».
Ungesunde
Abhängigkeiten
Der Buchrückentext wird mit
folgendem Satz eingeleitet: «Wenn wir für andere tun, was sie selbst können und
auch sollten, entstehen ungesunde Abhängigkeiten.» Der Autor bezieht sich in
seinem Buch auf Missionsarbeit. Die Gemeinde in armen Ländern wird zu oft als
arm und bedürftig erklärt, ohne diese in Eigenständigkeit und eine
Unabhängigkeit von westlichen Ländern zu führen. Damit werden unsere
Glaubensgeschwister ungewollt «klein gemacht».
Der Fokus von Schwartz liegt
darauf, Wege aufzuzeigen, wie finanzielle Abhängigkeit überwunden werden kann.
Bereits im ersten Kapitel erwähnt er gute Beispiele von afrikanischen
Gemeinden, die sich aus ungesunder finanziellen Abhängigkeit gelöst haben.
Das Dilemma
von Missionsarbeit
Im Laufe des Buches ist das
Ringen des Autors um die richtigen Worte zu spüren. Auf keinen Fall will er den
Leser demotivieren, sich für Christen in armen Ländern einzusetzen. Mehrmals
erwähnt er, dass er nicht gegen finanzielle Hilfe für arme Gemeinden sei. Er
möchte aber die Frage aufwerfen, wie wir diese sinnvollerweise geschehen kann.
Für den Spender ist es
motivierend, Geld für ein Projekt zu spenden, bei welchem er das Gefühl hat,
dass es ohne ihn nicht funktionieren würde. Projekte, die ohne finanzielle
Zuschüsse aus reichen Ländern nicht funktionieren, vermitteln den einheimischen
Christen aber: «Wir brauchen Geld aus dem Ausland, weil wir es sonst nicht
schaffen.» Eine ungesunde Opfermentalität.
Das
Wichtigste ist ein lebendiger Glaube
Buchcover «Wenn Nächstenliebe klein macht»
Im Buch «Wenn Nächstenliebe
klein macht» geht es um Missionsarbeit und um Geld. Schwartz zeigt auf, welchen
Segen es für Christen sein kann, von finanzieller Unterstützung aus dem Ausland
unabhängig zu sein. Es ist verlockend, einfach die hohle Hand hinzuhalten, letztlich
führt dies aber zu Passivität und dem ständigen Gefühl, «kleiner» als die
«Westler» zu sein.
Den Schlüssel, um sich auf den
Weg zur finanziellen Unabhängigkeit zu machen, sieht Schwartz in einem
lebendigen Glauben. Freudlose Christen werden die Kirche nicht als die ihre betrachten.
In der Folge interessiert es sie wenig, wie die Kirche finanziert wird.
Menschen mit einem lebendigen, begeisterten Glauben, sehen ihre Kirche als
Möglichkeit, Gott zu dienen. Deshalb plädiert Schwartz: Wenn die Gemeindeglieder
nicht spendenwillig sind, muss nicht über Geld, sondern über das Evangelium
gesprochen werden.
Praktische
Ausführungen und Konsequenzen
Auf vielen Seiten praktischer
Ausführungen über finanziell (un)abhängige Gemeinden in armen Ländern richtet
sich Schwartz zweifellos an Menschen, die selbst in Missionsarbeit involviert
sind. Dabei geht er auf Missionsarbeit in unerreichten Gebieten oder auf prestigeträchtigen
Projekte wie Kinderheime ein. Er entlarvt ungesunde Mechanismen und zeigt, wie
es besser gemacht werden kann. Anstelle von Kinderheimen, welche sich selten von
der Abhängigkeit westlicher Geldgeber lösen können, schlägt er vor,
afrikanische Grossfamilie zu stärken, um Waisen aufzunehmen. Darin, dass Aids
viele Kinder zu Waisen macht, sieht er einen Auftrag an die Kirche, für eine
Moral ehelicher Treue zu stehen. Das Problem sollte auf keinen Fall durch das
Gründen neuer Kinderheime durch westliche Christen zu lösen versucht werden.
Auch wenn die Befriedigung, geholfen zu haben, bei Spendern oftmals hoch ist, will
Schwartz nach besseren Wegen Ausschau halten.
Ein Buch, welches
unangenehme Fragen aufwirft
Zweifellos wirft Glenn J.
Schwartz in seinem Buch unangenehme Fragen auf. Er rüttelt an unserem
Verständnis des Helfens, welches die Position der mächtigen Spendern und empfangenden
Opfer stärkt. Auch bei der Praxis der Kurzzeiteinsätze stellt er kritische
Fragen. Hier plädiert Schwartz für eine gute Vorbereitung und glaubt, dass wir
unser westliches Denken eines effizienten «Helfens» ablegen und den
Einheimischen vor allem Wertschätzung entgegenbringen sollten. Dabei sei immer die
Frage zu stellen, welche negative Konsequenzen der Einsatz für Einheimische
haben kann. Auf keinen Fall sollte eine Arbeit getan werden, welche die
Einheimischen selbst tun könnten.
In allem Aufdecken von
schlechten Praktiken, welche im Buch zu finden sind, gibt Schartz auch
zahlreiche gute Beispiele. In allem steht der Aufruf: Wir können es besser
machen, als wir es bisher getan haben!