Arne Kopfermann ist eines der
bekanntesten Gesichter der deutschen Lobpreisszene. Gerade ist sein Buch
erschienen: «Auf zu neuen Ufern». Vordergründig geht es darin gar nicht um
Musik oder Anbetung, näher betrachtet jedoch schon. Der Musiker greift darin den
entsetzlichen Unfall auf, bei dem sie als Familie ihre Tochter verloren haben.
Und er fragt ganz praktisch: Wie kann ich jetzt weiter glauben?
Arne Kopfermann (Bild: Facebook)
2014 starb die damals 10-jährige
Sara Kopfermann bei einem Autounfall. Dieses Ereignis begleitet die Familie seitdem
jeden einzelnen Tag. Jeder geht anders damit um. Arne Kopfermann (53) als
Künstler, der Dinge in Worte fassen muss, begann früh, darüber zu reden, zu
singen und zu schreiben. Seine Lieder gewannen eine neue Tiefe, Moll tat den
begeisterten Worshipsongs gut. 2017 verarbeitete er das Geschehen in dem sehr
persönlichen, ehrlichen und lesenswerten Buch «Mitten aus dem Leben» und gab
auch eine gleichnamige CD heraus.
Inzwischen sind weitere drei
Jahre vergangen und wieder liegt ein Buch von ihm in den Buchläden: «Auf zu
neuen Ufern». Und wieder geht es darum, den eigenen Glauben «trotzdem» zu
leben.
«Ist es nicht irgendwann einmal
genug?»
Manch eine Leserin oder Leser
fragt sich vielleicht: Okay, ich verstehe ja, dass dieser Unfall ein
traumatisches Erlebnis war. Aber ist es nicht irgendwann einmal genug? Auch
genug, darüber zu reden und schreiben und das Ganze wieder hervorzuholen? Die
kurze Antwort: Nein. Die längere: Abgesehen davon, dass es Erlebnisse gibt, die
einfach nie «vorbei» sind, bricht Kopfermann mit seinem ehrlichen Schreiben
über die Tiefpunkte seines Lebens, sein Streiten mit Gott und seine
persönlichen Kämpfe eine der unausgesprochenen Regeln der christlichen Szene:
Probleme sind okay – sie müssen aber nach sechs Wochen durch Gebet gelöst sein.
Und gerade mit seinem konsequenten Nein dazu und dem Immer-wieder-Klagen
inmitten von fröhlichen Liedern ist er vielen Menschen Hilfe und Vorbild.
Auf der Suche nach einer
tragfähigen Theologie
Auf zu neuen Ufern von Arne Kopfermann
Nun also ist sein neues Buch
erschienen. Mit «Auf zu neuen Ufern» setzt Kopfermann allerdings ganz andere
Schwerpunkte. Auch hier gehören berührende Liedtexte und persönliche Einsichten
dazu, doch der Musiker hat sich auf den Weg gemacht, seine Lebens- und
Glaubensreise zu beschreiben, zu verstehen und einzuordnen. Kleine Kostprobe?
«Mündiger Glaube beinhaltet das Recht und die Pflicht, Glaubessätze hinter mir
zu lassen, weil ich nicht (mehr) hinter ihnen stehen kann. Solche Sätze muss
ich auf Dauer durch neue ersetzen. Eine Frage zur Selbstüberprüfung lautet:
Helfen mir die neuen Sätze besser dabei, mir einen Reim aus meinem Leben zu
machen und gleichzeitig Christus ähnlicher zu werden?» (S. 118)
Fragen wie diese geht Kopfermann
damit an, die geistliche Entwicklung unserer Zeit und verschiedene
gesellschaftliche Strömungen zu durchleuchten. Gleichzeitig wird er sehr
persönlich, wenn er zum Beispiel für sich zu dem Schluss kommt, dass er «kein
Charismatiker mehr» ist – eine Nachricht, die Ende letzten Jahres für einigen
Aufruhr sorgte (siehe z.B. pro-Medienmagazin).
Im Buch schafft Kopfermann es spannenderweise, solche Entscheidungen
darzustellen, ohne dabei «Gefolgschaft» zu suchen, im Sinne eines plumpen «und
deshalb solltest du auch …».
Sein Buch setzt starke
theologische Akzente, aber dabei macht er deutlich: «Ich bin überzeugt: Es kann
keine tragfähige Theologie geben ohne Einbezug der eigenen Lebensgeschichte!»
(S. 58)
Andere fragen und sich neu finden
Nach einem tiefen Hineinhören in
sich selbst im ersten Buch wendet sich Kopfermann hier an viele andere und
fragt sie: Wie gehst du mit Leiden um? Was bedeutet Wachstum für dich? Wie
schaffst du es weiterzuglauben, wenn dein Leben in seine Einzelteile zerfällt?
Und aus den Antworten oder auch Fragen von evangelikalen und liberalen
Theologen, Frauen und Männern, Philosophen und Dichtern entsteht zusammen mit
eigenen Liedtexten ein Kintsugi-Puzzle der Hoffnung (Kintsugi ist eine
japanische Technik, bei der Brüche in Tongefässen mit Silber oder Gold
repariert werden und so die Verletzungen als Schmuck ins neue Ganze übernommen
werden.)
Wer sich anhand von
gesellschaftlichen Entwicklungen oder dem eigenen Erleben fragt, wie er oder
sie da einen «ehrlichen Glauben, der trägt» entwickeln oder erhalten kann, der
wird bei Arne Kopfermann fündig. Und Ermutigung gibt es gratis obendrein!
«Denn wenn du glaubst, schon wer
zu sein
Dann hast du aufgehört zu werden
Doch wenn du nach der Wahrheit
suchst, findet sie dich.»
(Arne Kopfermann)