Game of Thrones oder: Warum glauben Menschen überhaupt an Gott?
GOT – das hat nicht unbedingt etwas mit Gott zu
tun. Es ist auch die Abkürzung für die amerikanische Erfolgsfernsehserie «Game of Thrones». Dass es in der Fantasy-Welt des Autors George R. R.
Martin aber durchaus sehr religiös zugeht, darüber klärt der Marburger
Theologe Thorsten Dietz in seinem neuen Buch auf.
Szene aus «Game of Thrones»
Es ist die weltweit erfolgreichste Serie der 2010er-Jahre. Die
Fernsehserie «Game of Thrones», die im Jahr 2019 mit der achten Staffel
zu ihrem Abschluss gekommen ist, hat weltweit Millionen Fans. In der
Fantasy-Welt des Schriftstellers George R. R. Martin kämpfen
verschiedene Herrscherhäuser um einen Eisernen Thron, der die Macht über
alle Königslande symbolisiert. Dabei gibt es Bezüge zur realen
Weltgeschichte. So kämpfen in der Romanreihe das Haus der Starks gegen
die Lennisters, etwa so wie im England des 15. Jahrhunderts die Yorks
gegen die Lancasters in den «Rosenkriegen». Auch sonst macht die
Handlung viele Anleihen aus dem Mittelalter.
Thorsten Dietz, evangelischer Theologe und Autor
Das schreibt Thorsten Dietz, Professor für Systematische Theologie an
der Evangelischen Hochschule Tabor in Marburg. Sein Buch «Gott in Game
of Thrones» soll eine Brücke schlagen zwischen den Religionen dieser
Serie und der Gottesfrage unserer Welt, schreibt er. Denn in der
Fantasy-Reihe geht es um Götter, Priesterinnen und Glaubensfragen.
Dietz widmet den einzelnen Religionen der GOT-Welt «Westeros» je
eigene Kapitel: den alten und den neuen Göttern, Brans Reise in die Welt
der alten Götter, der Reformbewegung der Spatzen in Königsmund und dem
Herrn des Lichts. Es erklärt sich fast von selbst, dass sein Buch vor
allem etwas für Fans und Experten ist. Wer noch nie in «Westeros» war –
per Buch oder TV-Serie –, wird sich schlecht zurechtfinden.
Keine Religion bei Tolkien und Harry Potter
Dabei liegt der Vergleich der Religion in GOT und der realen Welt auf
der Hand. Der Fantasy-Epos gibt dem Autoren zahlreiche Anlässe, jene
Fragen zu stellen, die auch in der realen Welt gestellt werden. Vor
allem: Warum glauben Menschen überhaupt? Und wann wird Religion
gefährlich? Offenbar ist hier eine tief verankerte Sehnsucht des
Menschen (und der Bewohner von Westeros) nach einer Ganzheit am Werk,
nach einer spirituellen Vereinigung entweder mit anderen Menschen oder
mit einem göttlichen Wesen.
Buchcover «Gott in Game of Thrones»
Bei aller Bewunderung für die Trilogie «Der Herr der Ringe» von
J.R.R. Tolkien sei GOT-Schöpfer Martin unzufrieden gewesen, wie in
diesem Klassiker Religion vorkommt. Weder in Mittelerde noch bei Harry
Potter gebe es Kirchen oder Religionen. George R. R. Martin habe über
sich selbst gesagt: «Ich wurde katholisch erzogen, aber glaubte nie
wirklich daran.»
Bei «Game of Thrones» jedenfalls glauben die Menschen an verschiedene
Götter, und es gibt viele exotische Glaubensgemeinschaften. Dietz
liefert in seinem Buch viele Beispiele dafür, wie die Romanfiguren sogar
um ihre Religion ringen und nach dem Sinn ihrer eigenen Existenz
fragen. Dietz: «Die Welt von Westeros hält uns einen Spiegel vor.»
Zahlreiche Parallelen zu unserer Welt
Die Fantasy-Reihe bietet mit ihrer «höchst komplexen
Religionsgeschichte» zahlreiche Parallelen zu unserer Welt. Dietz stützt
sich bei seiner Analyse immer wieder auf die Schriften des Theologen
Charles Taylor und des israelischen Historikers Yuval Noah Harari. Und
fragt: «Was zeigt uns der Spiegel von Game of Thrones für die
Zukunftsaussichten des Glaubens? Sicher überwiegend eine kritische Sicht
auf die Religionsgeschichte: Der Winter naht. Niedergang und Krise
alter und neuer Religionsformen werden ausführlich beschrieben. Die
Helden beten nicht nur nicht, sie äussern auch offen ihre Kritikgründe an
den Religionen.» Gleichzeitig fänden sich aber auch «neue religiöse
Aufbrüche» in der Trilogie.
Ein Buch für Fans, sicher, denn der Autor geht sehr ins Detail. Aber
ebenso für Christen und solche, die es werden wollen. Denn der Autor
befasst sich intensiv mit der Frage, warum der Mensch über die
Jahrtausende immer wieder der Religion anhing. Und: Kann man Jon Schnee
mit Jesus vergleichen?