„Das Testament“ von John Grisham

Schlacht um ein Testament

Der Amerikaner John Grisham, einer der meistgelesenen Autoren weltweit, hat zahlreiche Romane geschrieben, die nicht nur die Bestsellerlisten des Buchhandels zierten, sondern auch als Vorlagen für sehr erfolgreiche Hollywoodfilme dienten.

Grisham ist bekennender Christ. Bis zu seinem Werk „Das Testament“ verarbeitete er aber kaum christliche Inhalte. Seine Geschichten spielen in Anwaltskanzleien, in den Machtzentren von Wirtschaft, Geldadel und Politik der USA. Der Autor war selbst Rechtsanwalt. Mit „Das Testament“ macht John Grisham eine Ausnahme: er lässt als eine der Hauptfiguren eine Missionarin auftreten und thematisiert damit auf spannende und sensible Art christlichen Glauben.

Zur Geschichte: Als der milliardenschwere Geschäftsmann Roy Phelan sein Testament verliest, sind sie alle zur Stelle: Phelans drei Ex-Frauen, ihr habgieriger Nachwuchs, eine Legion von Rechtsanwälten und einige Psychiater. Doch der Alte macht ihnen einen dicken Strich durch die Rechnung. Zu aller Entsetzen überträgt er sein Vermögen einer bis dato unbekannten Tochter und stürzt sich aus dem 13. Stock in den Tod. Während in der Phelan-Familie die Schlacht um das Testament losbricht, macht sich der ehemalige Staranwalt Nate O’Riley auf die Suche nach der offiziellen Erbin, die als Missionarin im brasilianischen Regenwald arbeitet. Nach vielen Hindernissen gelingt es ihm schliesslich, Rachel in den Tiefen der Pantanal-Region zu finden, allerdings nur um festzustellen, dass die Missionarin nicht das geringste Interesse an ihrem Erbe hat. Dafür gewinnt sie Einfluss auf das Leben des vom Alkohol geschundenen O’Riley.

Der 500-seitige Roman lebt vom Kontrast zweier völlig unterschiedlicher Welten. Da ist einerseits, vielleicht etwas überzeichnet, die Dekadenz dieses superreichen und raffgierigen Phelan-Clans, der für seine Erbmillionen auch über Leichen gehen würde. Zu dieser Welt gehören auch die kaum minder geldhungrigen Anwälte, die für horrende Stundenansätze so lange am Recht drehen, bis sich alle Werte umkehren. Anderseits steht da das Leben einer 40-jährigen Frau, die sich als Ärztin und Missionarin dem Dienst für Gott in bescheidensten Verhältnissen und im entlegendsten Winkel der Erde verschrieben hat. Sie bringt den Indianern das Evangelium von Jesus Christus und führt einen geistlichen Kampf gegen die Macht der Medizinmänner. Durch den heruntergekommenen Anwalt Nate, der Rachel mitten im Dschungel das Testament überbringt, prallen die Welten aufeinander.

Wie John Grisham das Gespräch der beiden aufbaut, finde ich äusserst spannend. Es gelingt ihm, was Christinnen und Christen leider zu selten gelingt, den aussenstehenden Leser in die Welt der Mission so packend und nachvollziehbar einzuführen, dass das Buch zum Lehrstück wird. Nate wird durch Rachel vom Christentum infiziert. Wie ihn der Glaube umtreibt, durchdringt und zu einem neuen Leben führt, wird in einer Sprache erzählt, die fast frei von Klischees und frommem Wortschatz ist. Happy ist das Ende dann zwar nicht, aber tröstlich. Das Buch hat mir schöne Lesestunden beschert und ganz einfach gut getan.

John Grisham - Das Testament. Originaltitel: The Testament, Übersetzt aus dem Amerikanischen von K. Schatzhauser. 2001, München, Heyne, 512 S., 9.95 Euro (TB)

Datum: 18.05.2002
Autor: Fritz Herrli
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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