Bunt, trendig, anders

Es gibt evangelische, freikirchliche, katholische und ökumenische Jugendkirchen. Etwa 120 derartiger Projekte gebe es in Deutschland, schätzt der Soziologe Michael Freitag von der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend. Doch nicht jedes Projekt verfügt über ein eigenes Kirchengebäude.

Leerstehende Kirchenräume werden zu Jugendkirchen

In evangelischen Landeskirchen werden immer häufiger leerstehende Kirchenräume zu Jugendkirchen umgestaltet. Anfang 2008 gab es der Evangelischen Jugend zufolge bundesweit elf solcher Gebäude, deren Innenraum oftmals zu schicken Jugendtreffs umgebaut wurde. Oft werden neue Licht- und Tonanlagen installiert sowie Cafés oder Bars geschaffen. In Hamburg, Saarbrücken, Braunschweig und Bremen sind in diesem Jahr weitere Neueröffnungen geplant.

Religiöse Sehnsucht ausleben

Seit Ende der 1960er Jahre würden sich immer mehr Jugendliche von der Volkskirche abwenden, die nur noch zwischen acht und 18 Prozent der jungen Zielgruppe erreiche, erklärt Freitag. Doch die Jugendlichen hätten, das belegen aktuelle Studien, religiöse Bedürfnisse und Fragen nach Gott: «Es müssen Orte geschaffen werden, wo die Jugendlichen ihre religiösen Sehnsüchte ausleben können und wo ihre Lebensfragen ernst genommen werden.»

Investition in die Jugend

Eine «Jugendkulturkirche», die bislang grösste evangelische Jugendkirche, wurde im Dezember 2007 in Frankfurt eröffnet. Für 5,5 Millionen Euro Investitionskosten gibt es in der zentral gelegenen Frankfurter Kirche St. Peter einen grossen Veranstaltungssaal für Gottesdienste, Theater und Konzerte für bis zu 1.000 Besucher.

Wie in Frankfurt soll auch in Nürnberg eine alte Kirche, St. Lukas im Norden der Stadt, umgebaut werden. Die Eröffnung ist 2009 geplant. Die bayerische Landeskirche will in den nächsten fünf Jahren 2,5 Millionen Euro dafür bereitstellen.

Gesucht wird ein leerstehendes Gotteshaus derzeit noch in Saarbrücken. Wie der Geschäftsführer des Evangelischen Jugendwerkes, Rainer Trappmann, betont, wurde das Konzept gemeinsam mit Jugendlichen erarbeitet. Bis ein eigenes Kirchengebäude gefunden ist, so Trappmann, finden Veranstaltungen an wechselnden Orten statt.

Neue Formen

Theologischen Bezügen in selbst gedrehten Videoclips auf der Internetseite youtube.de wollen Hamburger Jugendliche in Andachten nachgehen. In Hamburg ist voraussichtlich im April 2008 im Stadtteil Bugenhagen «eine echte Jugendkirche am Start», sagt Jugendpastor Robert Zeidler. Dabei dürfe allerdings die «klassische Jugendarbeit» in den Ortsgemeinden nicht vernachlässigt werden, findet Zeidler.

Seit Anfang 2007 gehört die Berliner Dankeskirche im Stadtteil Wedding nur den Jugendlichen. In dem von jungen Leuten farbig gestrichenen Gemeindehaus gibt es eine neue Café-Theke und eine Bühne für Musikveranstaltungen. Thorsten Schatz, der Vorsitzende der Evangelischen Jugend Berlins, sagt, dass sich diese Jugendkirche nur durch Spendengelder vieler Berliner Kirchenkreise finanzieren könne. Jugendpfarrer Rainer Hennekes moniert, dass die Finanzierung für das bis 2009 angesetzte Vorhaben noch nicht gesichert sei, man stehe vor einem schwierigen Prozess.

Jugendliche an Planung beteiligen

Über mehr als ein Jahrzehnt Erfahrung mit Jugendkirchen verfügen die Sachsen. In Chemnitz wurde 1997 die bundesweit erste evangelische Jugendkirche eröffnet, deren Mitarbeiter sich ausschliesslich um Kinder und Jugendliche kümmern. In dem Kirchengebäude aus dem 13. Jahrhundert wurde die Kanzel herausgesägt, der Taufstein versetzt und eine neue Bühne installiert, sagt der Chemnitzer Jugendpfarrer Andreas Hermsdorf. Er empfiehlt, die Jugendlichen unbedingt in die Planungen einzubeziehen: «Macht das mit den Jugendlichen gemeinsam und zwar inhaltlich und äusserlich.»