Junge EVP «attackiert» Wahlplakate

EVP zieht Dessous-Model Papierkleider an; das gelbe Top und der blaue Jupe sind aufgeklebt.
Niklaus Hari, Kommando-Kämpfer der «kleinen Guerilla-Aktion».
Lilian Studer, Präsidentin
Etwas wärmer angezogen, im herbstlich-kühlen Winterthurer Bahnhof.

Frauen in Dessous, die für den Nationalrat kandidieren – solche Plakate hängte die Migros aus. Die junge EVP reagierte: Sie überklebte die Leichtgeschürzten mit Papierkleidern.

EVP-Sprecher Niklaus Hari nennt es eine «kleine Guerilla-Aktion». Hari attackierte gleich selbst als Kommando-Kämpfer für die *jevp. Bewaffnet mit Papierkleidern zog er in den Plakat-Dschungel und kleidete ein, was hüllenarm an den Wänden prangte. Hari nach dem «In-Fight» im Werbedickicht: «Ich musste mich überwinden, im ersten Moment war mir mulmig.» Aufgefallen sei ihm: «Keiner blieb stehen und fragte, was ich tue. Ich rechnete mit mehr Reaktionen.»

Lilian Studer: «Wünsche anderes Niveau»

Lilian Studer findet es nicht gut, dass man mit Dessous-Fotos Wahlkampf betreibt. Politik geschehe auf einer anderen Ebene, sagt die Präsidentin der jungen EVP und Nationalrats-Kandidatin dem Radio ‚life channel‘. «Wahlkampf kann man mit besseren Methoden betreiben. Es geht auch, ohne dass man halbnackt auf einem Plakat liegt.»

Seit einem Jahr kämpft die junge EVP gegen sexistische Werbung. Mit dieser Aktion wolle man auch dieser Stossrichtung Nachdruck verschaffen. «Unsere Gesellschaft ist schon sehr sexualisiert. Ob man überall und so stark nackte Haut sehen muss? Ich wünsche mir ein anderes Niveau im Wahlkampf.»

Den Kandidaten auf den Wahlkampfplakaten habe man nicht schaden wollen, daher habe man die Papierkleider mit Phantasie zugeschnitten, so dass sie in einem guten Licht stehen würden.

Migros: «Wir sind nicht sexistisch!»

Die Migros heisse diese Aktion nicht gut, sagte Migros-Pressesprecherin Martina Bosshard gegenüber Radio ‚life channel‘. Sie weist den Vorwurf zurück, dass der Grossverteiler sexistische Werbung mache. Werbe man für Unterwäsche, könne man keine bekleideten Menschen zeigen. «Wenn wir unsere Unterwäsche zeigen wollen, haben wir keine Freude, wenn diese dann überklebt werden. Und das nicht einmal mit unseren Kleidern.» Aber: «Wenn das nun eine einmalige Aktion bleibt, sagen wir: Schwamm drüber, man kann das auch locker sehen. Geht es aber weiter, überlegen wir uns, wie wir dagegen vorgehen.»

Bald junge EVP in Wintermode?

Die Migros könnte zum Gegenschlag ausholen und nun die EVP-Kandidaten auf deren Plakaten mit Migros-Hüten verzieren. Martina Bosshard winkt ab: «Die Migros als grosses Unternehmen wird keine solchen Guerilla-Aktionen unternehmen. Das kommt für uns nicht in Frage.» Etwas anderes will sie nicht ausschliessen, nämlich dass die jungen EVP-Politiker auch noch auf die Plakate kommen. Aber angezogen. Zum Beispiel in Wintermode. «Wenn sich da jemand melden will, kann er wirklich gerne kommen.»

Worte, die man bei der jungen EVP gerne hört, Niklaus Hari sagt, er kläre ab, ob *jevp-Kandidaten angezogen von Migros-Plakaten herunterlachen können.

Kommentar

Gestaltet statt zerkritzelt

Von Daniel Gerber
Der Wahlkampf wird hart geführt. Da und dort zeigen sich Respektlosigkeit und Hass, wie er in der Schweizer Politik unbekannt war. Zu sehen ist dies etwa an Plakatwänden. Heruntergerissene oder verschandelte Plakate sind mancherorts zu sehen.

Da fällt der Übergriff der EVP positiv auf: Die Frauen auf den Plakaten wurden nicht beleidigt oder verunstaltet, sondern kreativ in Szene gesetzt. Der Inhalt («weniger nackte Haut in der Werbung») wurde in anständigem Ton aufs Tapet, respektive die Plakatwand gebracht – und die Papierkleider sind laut der jungen EVP entfernbar, ohne dass das Plakat Schaden nimmt. Offenbar kommen solche weniger zerstörerische Aktionen an. Wie bei jener Person, die sagte, sie sei ihr eine Stimme wert.

Datum: 16.10.2007
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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