Salzburg retour

Für ein mehrtägiges Event fuhr ich nach Salzburg. Das Reisen ist eigentlich sehr angenehm. Wenn man reserviert - was ich in einem Anflug an Weisheit gemacht hatte.
Zug

Der September neigte sich dem Ende zu und wir rasten unaufhaltsam in Richtung Oktober. Also jetzt mal metaphorisch betrachtet - ich will ja nicht die Österreichische Bahn irgendwie diffamieren. Der Sommer hatte sich eigentlich bereits verabschiedet, aber irgendwas musste ihn dazu veranlasst haben, genau an meinem Reisetag noch ein letztes Aufbäumen zu veranstalten. In meinem geschlossen Sechserabteil bekam ich eine vage Ahnung, wie sich ein Ei im Brutkasten fühlen muss.

Viel Internationalität

Ich erhielt ausserdem viel Internationalität für mein Ticket geboten: Österreichischer Zug, Schweizer Personal, italienische Mitreisende, die ab und zu ins Spanische wechselten, eine ältere Frau aus dem Balkan, zwischenzeitliche eine nach Oklahoma* ausgewanderte österreichische Diva sowie zwei europabereisende Sydneyaner, die ursprünglich in Helsinki gelandet waren, in meiner Heimatregion Chur wandern gingen und via Salzburg nach Prag weitereisen wollten.

Wahrscheinlich hatten die Letztgenannten sich auf Helsinki einstimmen wollen und an der Heizung geschraubt, denn unserer kleine Bahnabteil-Welt verwandelte sich mit jedem abgespulten Kilometer mehr zu einer finnischen Sauna. Die Welt ist ein kleines globales Dorf, das ist mir klar. Mir wäre es jedoch lieb, wenn Finnland sich auf einem anderen Planeten befinden würde. Zumindest heute.

Wackeldackel-Nicken

Etwa in der Mitte der Reise setzte sich mir gegenüber eine junge Frau hin, die mich wegen irgendetwas ansprach. Ich verstand kein Wort. Leider konnte ich so auf die Schnelle nicht eruieren, ob es sich bei ihrer Sprache um einen seltenen westtibetischen Dialekt handelte, oder ob die Frau eine Theologiestudentin mit Sprachschwierigkeiten war, die mir eine Exegese eines armäischen Ausspruches von Jesus um die Ohren schlagen wollte.

In solchen Situationen kann man sich immer entscheiden, seine Hilflosigkeit preiszugeben und nachzufragen, oder aber ein freundliches Wackeldackel-Nicken aufzusetzen und sich wieder in seine Lektüre zu vertiefen. Nach scheinbar endlosen Sekunden entschied ich mich für die Hündchenvariante, wobei ich nur ein kläglichdämliches Grinsen zustande brachte.

Gottes Dialekt

Nach scheinbar endlosen Sekunden entscheide ich mich, mein freundliches Nicken und dämliches Grinsen einzustellen und meine Hilflosigkeit preiszugeben. Es stellt sich heraus, dass sie Österreicherin ist. Und deshalb reinstes Österreichisch spricht. Nach einiger Überraschung wird mir bewusst, dass sich meine Ohren einfach an diesen für mich ungewohnten Dialekt gewöhnen mussten. Genauso müssen wir uns auch daran gewöhnen, Gottes Reden in unseren Alltag hinein zu vernehmen. «Meine Schafe hören meine Stimme...», sagt Jesus in der Bibel im Johannes-Evangelium, Kapitel 10, Vers 27.

Leider entspricht dies in meinem Alltag oft nicht der Realität. Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht an sein Reden gewohnt bin? Anstatt bloss mit einem dämlichen Grinsen nickend durch das Leben zu marschieren, wäre es wohl sehr wohltuend, mir die Zeit zu nehmen, Gottes Dialekt kennenzulernen.

*Eufaula, um genau zu sein - das ist indianisch. Sie schaffte es, dies mit so viel Ehrfurcht und Stolz zu erwähnen, dass ich es mich niemals wagen würde, diese wichtige Information hier zu verschweigen.

Datum: 03.10.2009
Autor: Andreas Boppart
Quelle: Jesus.ch

Verwandte News
Werbung
Werbung
Livenet Service