Das Leben gewonnen

Wie ein Karate-Weltmeister zu Gott fand

Im Jahr 2000 errang er den Weltmeistertitel in Karate, 2002 wurde er nochmals Vize-Weltmeister: Lazar Boskovic. Doch weitaus wertvoller ist dem ehemaligen Profikämpfer heute ein ganz anderer Sieg.
Lazar Boskovic
Familie Boskovic.
Lazar im Training.

„Er ist schnell! Ja, die Schnelligkeit ist seine Stärke – ich habe bisher kaum einen Karate-Kämpfer gesehen, der schneller ist als er“, freut sich sein Trainer. Als Jugendlicher wird Lazar Boskovic mehrfach Deutscher Meister. Günter Mohr begleitet seinen Zögling, seit er vierzehn ist. Bei der Erinnerung an seinen Sieg vor 12‘000 Zuschauern in der Münchner Olympiahalle blitzen seine Augen auf eine ganz besondere Weise auf – Stolz und Dankbarkeit erfüllen das Trainerherz, das versteht sich von selbst.

Günter Mohr lobt Lazar Boskovic in hohen Tönen – seit jeher ist er von dessen Disziplin beeindruckt. Der Karate-Sport wird von bestimmten Werten geprägt: Am auffälligsten ist der Respekt, den sich die Kämpfer gegenseitig einräumen. Vor und nach jeder Runde verbeugen sich die Gegner voreinander, manche verneigen sich sogar, wenn sie die Halle betreten oder verlassen.

Auch Lazars Lebenslauf spiegelt diese Disziplin: Bereits im Alter von 25 Jahren ist der Sohn serbischer Gastarbeiter Diplom-Ingenieur. Mit 26 ist er Weltmeister. Drei Jahre später lernt er Julia kennen und schon ein dreiviertel Jahr später ist er mit ihr verheiratet. Heute ist der gebürtige Ravensburger 35 und hat einen kleinen Sohn, Jona. Eine Karriere wie im Bilderbuch?

Kämpfer mit Bodenhaftung

Bis vor wenigen Jahren wusste kaum jemand, was in Lazar Boskovic wirklich alles vor sich ging. Doch einer kannte das Innenleben des Karate-Weltmeisters ziemlich gut: Franz. Noch heute ist er einer seiner besten Freunde. Die beiden lernten sich während ihres Bauingenieur-Studiums in München kennen und hatten eine „unvergessliche Zeit“ miteinander. In langen Gesprächen tauschten sie sich auch über die ernsten Dinge des Lebens aus, was Lazar aber eher irritierte: „Bei Franz spürte ich, dass er tiefer in das Leben blickte, und er glaubte auch an das Gute. Das Problem war: Dieses Gute war für ihn Gott ...“

Auch Lazar hoffte auf das Gute, doch eher auf das Gute im Menschen. Was den Glauben anging, so war das für ihn wie ein undurchsichtiger Nebel. Es zählte nur das, was er sehen konnte. Seine Lebenswelt bestand aus greifbaren Dingen, die man erklären und beweisen konnte: „Die Frage nach Gott gehörte für mich in diesen Nebel hinein, in den ich mich nicht zu weit hineinwagen durfte. Gott war für mich nichts Bodenständiges und ich durfte um keinen Preis den Boden unter den Füssen verlieren.“

Wie Artemis in Paris

Ein Semester nach dem anderen geht vorüber. Die Freundschaft mit Franz bleibt bestehen, trotz Meinungsverschiedenheiten in Glaubensdingen: „Ich konnte es nicht fassen, wie Franz sich einem unsichtbaren Gott unterordnen konnte. Jesus Christus war derjenige, auf den er sein Leben baute.“ Auf diesem Gebiet häufen sich Lazars Fragen und er macht sich Gedanken. Noch immer sucht er nach dem Guten im Menschen, doch Enttäuschungen und das Böse in der Welt bringen ihn ins Zweifeln. Lazar braucht Abstand und distanziert sich zunächst auch vom Sport. Dann fasst er sogar den Entschluss, nach Paris zu gehen. Dort hat er die Möglichkeit an einer Elite-Universität weiter zu studieren und den Abschluss zu machen.

In Paris angekommen widmet er sich nun ganz und gar seinem Studium und dem Flair der französischen Hauptstadt, doch seine Fragen bleiben weiter unbeantwortet. In dieser Zeit liest er das Buch „Die drei Musketiere“ und kann sich gut mit der Figur des Artemis identifizieren: Nach aussen ein Kämpfer mit Schwert und Säbel, nach innen ein Sucher, der im Kloster um Antworten ringt. Irgendwie ist er zu weit in den Nebel von Glauben, Liebe und Gefühl hineingeraten. Hatte er sich nun endgültig verirrt?

Angst im Dunkeln

Wenn Lazar Boskovic an seine Zeit in Frankreich zurückdenkt, erinnert er sich an ein aussergewöhnliches Lebensgefühl, aber auch an eine sonderbare Einsamkeit: „Während meines Aufenthalts versuchte ich von den Vorzügen dieser Stadt etwas abzubekommen. Das Suchen nach dem Mehr in diesem grossen Meer dieser Stadt klang wie ein Abenteuer in meinem Herzen. Gleichzeitig war mir bewusst, dass diese scheinbaren Vorzüge trügerisch waren und irgendwie keinen Sinn ergaben.“

Sein Freund Franz hält den Kontakt zu ihm, doch die Entfernung ist deutlich spürbar. Ab und zu eine E-Mail, ganz selten ein Besuch. Manchmal wird Lazar nachts wach und ein beklemmendes Gefühl überkommt ihn. Ist da jemand in seinem Zimmer? Oft liegt er stocksteif da und bewegt sich nicht. Beim Karate hat man den Gegner wenigstens vor Augen, aber gegen wen oder was hatte er hier zu kämpfen? Lazar sehnt sich nach München zurück, an seine Erfolge im Sport und an das gute Gefühl, anerkannt zu sein. Er will wieder trainieren. Nachdem er sein Studium absolviert hat, kehrt er 1999 nach Ravensburg zurück. Aber die nagende Leere folgt ihm nach Hause.

Mit leeren Händen

Lazar nimmt das Karatetraining wieder auf. Er wird erneut deutscher Meister und auch international bekommt er wieder Anschluss an die Weltspitze. Aber mit seinen Fragen rund um Gott, ist er noch keinen Schritt weiter. Dann muss er miterleben, wie seine Schwester Zory ein schweres Schicksal ereilt: Ihr kleiner Sohn erkrankt an Leukämie. Lazar ist innerlich in Aufruhr. Auf einmal fühlt sich der junge Kämpfer unendlich wehrlos. Karate bedeutet „leere Hand“ – so hatte er es gelernt, sich ohne Waffen zu behaupten. Aber nun hat er das Gefühl, wirklich „ins Leere“ zu kämpfen.

In der Stadtbibliothek stöbert Lazar in Literatur zu den Themen wie Glaube, Religion und den ganzen Dingen zwischen Himmel und Erde. Sein Kopf ist voll, aber sein Herz ist leer – und da sind immer noch die Ängste. Eines Abends, als er wieder mal allein ist, kommt er buchstäblich mit leeren Händen zu Gott und beginnt zu rufen. Er erinnert sich: „’Gott, hilf mir!’ Das war der Ruf, der mir nachts einige Male vor dem Schlafengehen über die Lippen ging. Der Kampf in mir tobte. Zu wem redete ich? War ich krank? Führte ich jetzt schon Selbstgespräche?“

„Ich gebe dir meine Liebe und meinen Frieden“, hört er in seinem Inneren. Lazar weiss: Das ist die Stimme von Jesus. Doch dann wird ihm klar, dass er eine Entscheidung treffen muss, um diesen Frieden auch zu bekommen.

Innerer Kampf

Lazar spürt, wie Gott ihn konfrontiert: „Lazar, du musst dich entscheiden! Entweder liebst du mich oder du liebst dein bisheriges Leben ohne mich. Wenn du mir dein Leben anvertraust, dann will ich dich sicher leiten und dir erfülltes Leben schenken. Ich will dir sogar ewiges Leben geben, wenn du eingestehst, dass du bisher dein eigener Herr sein wolltest und im Leben ohne mich entschieden hast. Glaube mir, dass ich dir helfen will. Andernfalls kann ich dich auch nicht vor der ewigen Dunkelheit nach dem Tod retten. Vertraust du mir?“

Franz hatte also Recht gehabt! Was er hier gerade erlebt, kann Lazar nicht mehr so einfach von sich weisen. Die Worte aus der Bibel „Wer sein Leben retten will, wird es verlieren; aber wer sein Leben verliert um meinetwillen, wird es gewinnen“, bekommt er nun am eigenen Leib zu spüren. Nun muss er reagieren. Jetzt begreift Lazar auch, dass das, was in diesem Leben auf der Erde geschieht, nicht ins Gewicht fällt gegenüber dem, was noch nach dem Tod kommt.

Finale

Es ist Herbst im Jahr 2000. In Lazar brütet es weiter, doch nach aussen hin geht alles seinen gewohnten Gang. Im Training bereitet er sich nun intensiv auf die bevorstehende Weltmeisterschaft vor. Eines Abends sitzt Lazar mit einem Freund zusammen am Esstisch. Dieser hat Probleme auf der Arbeit und vertraut Lazar seine Sorgen an. Zu seiner grossen Überraschung ertappt sich Lazar dabei, wie er auf den Gott der Bibel aufmerksam macht und dass bei ihm Hoffnung und Trost zu finden sei. Er ist selbst völlig erstaunt, doch redet er weiter und wird zunehmend überzeugender.

Er entdeckt: Er hat seine Entscheidung schon getroffen! „Ab diesem Zeitpunkt war mein Gebet ein bewusster Austausch mit dem Herrn Jesus. In der Stille mit Gott über alles zu reden ist etwas Einzigartiges. Frieden und Ruhe kamen in mein Herz. Da wusste ich, dass ich kein Zufallsprodukt irgendeiner Nebelwelt bin, sondern dass ein liebender, gerechter und allmächtiger Gott mich wirklich liebt.“

Der Oktober naht, die Weltmeisterschaft steht vor der Tür. Lazar schafft es bis in die letzte Runde und tritt gegen den Spanier Ramiro Molina an. Das Wunder geschieht: Lazar siegt mit knapper Punktzahl! Sein Trainer Günter Mohr schliesst ihn in die Arme und hebt ihn in die Luft. Lazar kann es nicht fassen: „Es war ein unbeschreibliches Gefühl. Ich war zutiefst dankbar und ich wusste auch, dass Gott mir diesen Sieg geschenkt hatte.“ Zwei Jahre später wird Lazar noch einmal Vize-Weltmeister, dann gibt er den Leistungssport auf.

Ein unvergänglicher Sieg

Heute trainiert er lieber andere und beim alljährlichen Karate-Sommercamp verteilt er immer noch fleissig Autogrammkarten. Darauf stehen die Worte aus der Bibel: „Jeder aber, der sich am Wettkampf beteiligt, ist enthaltsam in allem. Jene, um einen vergänglichen Siegskranz zu empfangen, wir aber einen unvergänglichen“ (Die Bibel, 1. Korinther, Kapitel 9, Vers 25).

Für Lazar ist es der grösste Sieg, sich loszulassen und in die Arme desjenigen fallen zu lassen, der den Tod besiegt hat. Er weiss, allein dadurch hat er ewiges Leben gewonnen: Jesus Christus zu gehören, der ihn über alle Massen liebt, ist für ihn der grösste Gewinn. Und auch seine Ängste sind weg. „Wenn ich morgens aufstehe, dann bin ich nicht alleine: ‚Herr Jesus, guten Morgen. Danke, dass du mich liebst!’ Und wenn ich abends ins Bett gehe, bin ich auch nicht allein: ,Herr, ich bin müde. Danke, dass du mir diesen Tag geschenkt hast. Ich liebe dich!’“

Und auch seine Frau Julia liebt Lazar treu und innig. Das Familienglück, dass sie seit kurzem nun auch zu dritt geniessen, teilen sie mit Gott. Dieser gemeinsame Schatz ist ihnen kostbarer als jeder Ruhm oder Erfolg.

Autorin: Sigrid Röseler

Datum: 02.03.2009
Quelle: Neues Leben

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