Polizist bereitet sich mental auf die Euro 08 vor

Polizist sucht Hilfe bei Gott.
Wolfgang Aellen mit Familie.

Vier Wochen durcharbeiten. Auf die Polizisten kommt mit der Euro 08 eine strenge Zeit zu. Der Basler Korporal Wolfgang Aellen zeigt Gelassenheit. Wie rüstet er sich innerlich auf die Einsätze?

Polizist Wolfgang Aellen, 38 Jahre alt, wohnt mit seiner Frau, drei Kindern und ein paar Haustieren in Riehen. Nachdem er viele Jahre auf der Strasse gearbeitet und in Spezialeinheiten brenzlige Situationen bei Demos, Fussballmatches oder Schlägereien in der Stadt erlebt hat, ist heute sein Arbeitsplatz etwas weiter weg von der direkten Front. Aellen wirkt in der Einsatzzentrale in Basel, wo er Notrufe entgegennimmt und Einsätze seiner Kollegen koordiniert. Dennoch kommt mit der Euro 08 auch auf ihn eine intensive und herausfordernde Zeit zu. Vier Wochen fast Dauereinsatz der Polizei rund ums Stadion im St. Jakob Park, in der Fanmeile und bei den Public Viewings. „Ich werde zwar leider selber keinen Fussballmatch sehen können, aber wir werden in der Einsatzzentral nahe dran sein“, sagt Aellen.

Innert Sekunden Entscheidung fällen

Mental bereitet sich der Polizist im Gebet vor. Nicht nur im Vorfeld der Euro 08, sondern auch sonst im Leben und im Dienst. Als engagierter Christ glaubt Wolfgang Aellen, dass Gott in allen Situationen bei ihm ist und ihm hilft. „Das erleichtert mich sehr, auch im Blick auf die Euro 08“, so Aellen. Es mache ich ruhig und gelassen. Er weiss, dass es schwierige Momente geben kann, in denen innert Sekunden über Rückzug oder Eingriff entschieden werden muss. Müssen wir Verstärkung schicken? Welcher Mitteleinsatz ist angemessen: Tränengas, Gummigeschosse, Schlagstöcke, Pfefferspray? – „Ich glaube, dass mich Gott konkret führt, wenn’s drauf und dran kommt, damit ich die richtig entscheide.“ Zuletzt habe er dies an der WEF-Demo in Basel erlebt: Mitten im Tumult, in dem leider auch Nichtbeteiligte für kurze Zeit in Gewahrsam genommen worden seien, habe er in seinem Team erlebt, dass „alles sauber ablief“, wie Wolfgang Aellen sich ausdrückt. „Wir hatten keine Verletzten und keine Sachbeschädigungen.“ Solche Erlebnisse stärken sein Vertrauen auf Gott.

Schwierige Glaubensanfänge

Das war nicht immer so. Erst seit gut sechs Jahren lebt Wolfgang Aellen in dieser nahen Verbindung zu seinem Gott. Als Kind und Jugendlicher sei er wie die meisten andern hin und wieder zur Kirche gegangen. Zu interessieren begonnen habe ihn der Glaube in der Konfirmationszeit. Einem jungen Pfarrer mit seinem frischen und fröhlichen Glauben sei es gelungen, ihn für die Frohe Botschaft zu gewinnen.

Er entschied sich dort dafür, ein Leben als Christ zu führen. Doch dann sei etwas passiert: „Der junge Pfarrer wurde rausgeworfen – aus Neid, weil er so erfolgreich war“, glaubt Aellen. Das habe ihn masslos enttäuscht. Darauf habe er Kirche und Glaube den Rücken gekehrt. Erst durch seine Frau, die ihn zu einem Glaubenskurs in die Kirche mitnahm, fand er viele Jahre später wieder zurück. „Ich lernte Leute kennen, von denen ich spürte: Die wollen mich nicht bekehren. Die erzählen nur, was sie wirklich selbst glauben und erlebt haben. Das hat mich fasziniert“, berichtet der Polizist.

Genug Glaube

Dann machte Aellen ein Erlebnis: Er hatte Diensteinsatz nach dem 11. September 2001 bei einer Botschaft in Bern. Seine Frau habe ihm eine Bibel mitgegeben. „Ich habe gebetet: Was muss ich tun, damit ich auch so glauben kann wie diese Leute in diesem Kurs?“ Im Dunkeln habe er die Bibel aufgeschlagen und sei bei der Stelle gelandet, wo Jesus sagt: Wenn der Glaube auch nur so gross wie ein Senfkorn ist, kann man Berge versetzen. „Das hat mich umgehauen“, sagt Aellen. Es war die Antwort, die er brauchte. Das Wort habe ihm gesagt: ‚ Du hast genug Glauben. Dein Glaube ist stark genug. Du musst dich nicht mit andern vergleichen.’

Besonnenheit bei Familienstreit

Was ist für Wolfgang Aellen denn ein Christ? Jemand, der an Jesus Christus glaubt, überzeugt ist, dass es ihn gibt, sinniert der Polizist, und dass Jesus auferstanden ist und wiederkommt. „Ein Christ ist auch jemand, der sich outet, der zu seinem Glauben steht.“ Dies haben ihn als Menschen und auch als Polizist verändert, beispielsweise drin, dass er Menschen offen begegne, niemanden verurteile und alle gleich behandle. Aellen erzählt ein Beispiel: Einmal auf Pikett sei folgende Meldung hereingekommen: „Die von ihrem Mann getrennte Frau steht mit einem Kinderarzt vor der Tür ihres Exmannes. Dieser öffnet nicht und verweigert dem gemeinsamen Sohn beim Asthmaanfall die Medikamente.“ Sie seien hingegangen. Die Tür geht auf. Im Türrahmen steht ein äusserst grosser und aggressiv wirkender Schwarzafrikaner.

Beide Parteien angehört

Es entsteht eine grosse Hektik. Er lässt die Polizei nicht herein. Aellens Kollegen wollen ihn überwältigen und das Kind mit Gewalt herausholen. „Ich habe mich in die Situation des Mannes versetzt: Streit mit der Ex, krankes Kind und jetzt auch noch die Polizei vor der Tür.“ Er habe gesehen, dass es dem Kind noch einigermassen gut gegangen sei und er habe versucht, den Mann durch Zureden zu beruhigen. Als er aber den Kinderarzt habe holen wollen, sei der Hüne total ausgerastet. „Ich ging mit dem Mann alleine in die Wohnung. Dort erklärte er mir, dass dieser Arzt der neue Lebenspartner seiner Frau sei. Uns hatte sie dies verschwiegen und ich musste mit ihr Klartext reden“, berichtet Wolfgang Aellen. Nach einigem Hin und Her konnte dem Kind dann geholfen werden.

Viel später habe er den Afrikaner zufällig wieder getroffen und dieser habe sich bei ihm bedankt, dass er die Situation so besonnen gelöst hatte. Auch dem Kinderarzt sei er nach Jahren wieder begegnet. Dieser habe sich für sein damaliges Verhalten entschuldigt und sich bei ihm bedankt.

Gott sei Dank nicht geschossen

Und wie hält es der Polizist mit der Gewalt und seiner Waffe? Als er Christ geworden sei, habe er zunächst gedacht, er könne nun seinen Job nicht mehr ausüben. Im Polizeialltag gebe es halt viel Gewalt und unschöne Dinge. „Der Widerspruch erschien mir allzu gross.“ Doch dann habe er mit verschiedenen Leuten darüber gesprochen und sei von allen Seiten ermutigt worden, seinem Beruf auch als Christ nachzugehen, sagt Wolfgang Aellen, der heute die Gellertkirche in Basel besucht und von den drei Pfarrern dort begeistert ist.

In Bezug auf Gewalt hält er viel vom guten Training mit den Mitteln, um sie und sich bei Grenzerfahrungen im Griff zu haben. Grosses Glück habe er auch schon gehabt, dass er eben nicht abdrückte: „Als ich eines Tages durch den Park ging, zückten zwei 15-Jährige ihre Waffen und schossen auf mich. Ich hatte meine Waffe instinktiv gezogen, aber – Gott sei Dank – wie durch ein Wunder nicht abgedrückt.“ Es stellte sich anschliessend heraus, dass die Jungs Luftdruck-Replikate in den Händen hielten und nur kleine Kügelchen verschossen. „Ich darf nicht dran denken, was wäre, wenn ich damals geschossen hätte.“ Für Wolfgang Aellen war es Gottes Bewahrung.

Datum: 14.04.2008
Autor: Fritz Herrli
Quelle: Livenet.ch

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