Dortmund

Ein Pastor gibt Gas

Motorradfahrer im Blick: Michael Bülow auf der Motorradmesse in Dortmund.

Dortmund. Michael Bülow ist Pastor, und demnächst wird er richtig Gas geben: Er fährt dann nämlich auf einer Yamaha 650 XVS Dragstar zu seinen Schäfchen. Das ist ein Motorrad, dessen Lenker so breit ist, dass locker ein Kamel zwischen seinen Enden hindurch spazieren könnte. „Wenn ich die Leute erreichen will, muss ich von ihnen ernst genommen werden“, sagt Bülow. Und dazu zählt nun auch einmal der richtige, lässige Feuerstuhl.

„BIKERs CHURCH“ nennt sich Bülows neues Projekt, auf deutsch: Kirche der Motorradfahrerinnen und -fahrer. „Zielgruppenarbeit“, sagt man in Bülows Dienststelle dazu, dem Amt für Missionarische Dienste der Evangelischen Kirche von Westfalen. Dort ist Bülow auch für die kirchliche Arbeit auf Campingplätzen und mit „Truckern“ (Lastwagenfahrern) zuständig.

„Wir werden dabei sein, wenn sich Motorradfahrer treffen“, erklärt Bülow in Dortmund, wo er auf der grössten Motorradmesse Europas „BIKERs CHURCH“ vorstellt. „Wir werden ihre Stammtische besuchen, Ausfahrten mitmachen, spezielle Gottesdienste anbieten, in die Fahrschulen gehen. Wir wollen in die Szene rein.“

Denn die Szene wächst. Allein in Dortmund sind es 130 000, die sich zwischen Motorrädern und Zubehör drängen. Längst sind es nicht mehr nur die klassischen Rocker-Typen, die sich den Fahrtwind um die Nase blasen lassen. Die Begeisterung für den Ritt auf zwei Rädern geht quer durch alle Gesellschaftsschichten. Tourenfahrer, die den ganzen Urlaub auf der Sitzbank verbringen; Sportfahrer, die von Kurve zu Kurve jagen; Cruiser, die gemütlich über die Landstrassen gleiten – „da gibt es eine irre Spannbreite “, sagt Bülow.

Eine Spannbreite, die auch für ihn eine Herausforderung darstellt. Bülow: „Es ist ein Unterschied, ob ich mit den harten Jungs zu tun habe – denen mit den Tätowierungen auf den Armen – oder mit einem Zahnarzt, der zum Wochenende auf sein Luxusgerfährt steigt.“

Aber die Chancen, in die Szene reinzukommen, stehen nach Bülows Meinung nicht schlecht: „Motorradfahrer sind an sich schon gesellig, suchen Gemeinschaft, den Austausch. Und sie haben offenbar wegen der unbewusst ständig wahrgenommenen höheren Gefährdung, der sie bei ihrem Hobby ausgesetzt sind, eine instinktive Ahnung davon, dass ihr Leben letztlich nicht in ihrer Hand liegt“, ist Bülow überzeugt.

Landauf, landab strömen Motorradfahrerinnen und -fahrer zu den speziellen Gottesdiensten: In Bottrop demächst wieder über 2000, am Hamburger Michel über 20 000. „In Westfalen wollen wir die vorhandenen Gottesdienste koordinieren“, so Bülow. 35 Pfarrerinnen und Pfarrer in Westfalen fahren Motorrad. „Wir folgen dem Apostel Paulus“, sagt Bülow: „Den Bikern ein Biker werden.“

Autor: Gerd-Matthias Hoeffchen

Datum: 28.04.2003
Quelle: UNSERE KIRCHE

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