Camilla Yoo: «Er will wirklich eine Beziehung zu uns!»

Camilla Yoo, Sängerin der Band Andaheart (Fotos: Irene Gerber).
Camilla in Aktion.
«Er will wirklich eine Beziehung zu uns», sagt Camilla Yoo.
Die Dänin Camilla Yoo hat südkoreanische Wurzeln.
Saxophonist Harald Langåsdalen.
Schlagzeuger Caspar Quorning.

«Andaheart» ist eine alternative Rockband aus Dänemark. Livenet.ch sprach mit der nachdenklichen Frontfrau Camilla Yoo. Über Wurzeln, Fundamente und anderes Tiefgehendes.

Seit vier Jahren spielt die Band «Andaheart» nun zusammen. Inzwischen ist auch ihr Debut-Album erschienen. Camilla Yoo sagt, man habe sich Zeit gelassen, weil das Werk eine Gesamtaussage haben musste. Ausserdem habe es Wechsel in der Band gegeben.

«Die Texte stammen aus meiner Feder. Zu einer Zeit, als ich nur wenig von Gott wusste, hab ich ihn bereits erlebt. Dadurch wurde ich Christ.» Dänemark sei offiziell zwar ein christliches Land. Bei vielen beschränke sich der Glauben aber auf eine Zeile im Ausweis, erzählt sie.

Bei der Dänin Camilla Yoo ist er aber tief im Herzen verwurzelt. Warum das so ist, erzählt sie im Fragebogen-Interview mit Livenet.ch.

Livenet.ch: Camilla Yoo, eine Schwäche, die Sie durch den Glauben besser in den Griff bekommen haben ...
Camilla Yoo: Ich habe die Tendenz, in Melancholie abzugleiten. Lange Zeit war ich melancholisch oder depressiv. Nun habe ich ein Fundament, das mir früher gefehlt hatte.

Ich stamme aus Südkorea und bin hier adoptiert worden. In Dänemark lernte ich ein Mädchen kennen, eine Christin. Ich ging mit ihr in die Gemeinde – nicht wegen des Glauben, sondern um Tontechnik zu lernen. «Diese Leute sind verrückt», dachte ich anfangs. Aber ich spürte bei ihnen auch, dass sie ein Zuhause hatten. Dies war aber etwas Unbekanntes, darum ängstigte es mich auch. Doch ich wurde Teil der Gemeinde und spielte in der Worship-Band.

Eine Stärke, die Sie durch den Glauben gewonnen haben ...
Ich habe eine Richtschnur erhalten. Das inspiriert die Menschen um mich. Gleich wie mich Leute inspirieren, die eine Richtung im Leben haben. Ich habe einen Fixpunkt, wenn ich mal vom Weg abkomme.

Vorher hatte ich das nicht. Früher musste ich jemand sein, wenn ich am Morgen aufstand. Ich musste als unverwechselbar erscheinen, etwas aus mir machen. Wenn man keine Grundlage und keinen Fixpunkt hat, ist das aber sehr schwer. Man muss sich alles selber erfinden.

Es ist nicht so, dass ich nun keine Probleme mehr hätte, aber jetzt habe ich einen Ort, wo ich mit ihnen hingehen kann.

Was begeistert Sie am meisten an Gott?
Er ist sehr kreativ. Ich sehe uns alle als Teil in seinem grossen Gemälde. Und dort hat jeder seinen bestimmten Platz. Er gestaltet die Natur wunderschön, die Berge, Seen, Vögel, Kühe ...

Gott kann auch zu Menschen reden, die nicht in eine Gemeinde kommen. Er kann ihnen Hoffnung, Liebe und anderes vermitteln. Wir haben Platz in seinem Herz.

Welche Eigenschaft von Gott verstehen Sie nicht?
Es gibt viele Seiten die ich nicht verstehe. Das meiste, was ich über ihn weiss, habe ich mit ihm selber erlebt. Ich staune über die Bibel und darüber, was ich mit Gott erlebe. Ich bin nun viereinhalb Jahre Christin, lange habe ich nicht in der Bibel gelesen. Ich hatte nicht den Eindruck, dass das für mich wichtig wäre. Ich verstand sie auch nicht. Wenn die Leute beispielsweise vom «lebendigen Wort» sprachen, sah ich vor mir kleine Buchstaben, die herumtanzten.

Einmal erlebte ich dann aber, dass ich in der Bibel einen Abschnitt las, der direkt in mein Leben sprach. Das war ein Aha-Erlebnis. Ein oder zwei Monate später las ich wieder diese Passage, und sie passte in einer anderen Situation, in der ich mich gerade befand. Das war sonderbar.

Ich erzählte das einer Freundin, und sie sagte: «Das ist nun das lebendige Wort!» Ja, das hörte sich sinnvoll an. Und es erstaunte mich. Das Wesen Gottes und das von Jesus ist schwer zu begreifen. Es ist nicht ein Gefühl, und es ist auch nicht intellektuell fassbar. Ich hab ihn in meinem Herzen. Das zu erklären ist aber sehr schwer.

Klagen Sie Gott manchmal an?
Ich stelle ihm viele Fragen, aber klage ihn damit nicht an. Ich sehe nicht das ganze Bild, aber ich vertraue ihm einfach. Er kümmert sich darum, dass alles gut kommt. Im Leben passieren ja auch schlechte Dinge, und man muss mit ihnen fertig werden.
Darüber spreche ich auch mit Gott, er ist schliesslich mein Freund. Manchmal erlebt man, dass er einem zuhört. Andere Male scheint es, als sei er weit weg. Aber ich klage ihn deswegen nicht an.

Welche Frage möchten Sie Gott unbedingt stellen?
Warum er so unablässig probiert, mit uns zu leben. Wir feiern ihn zwar, aber wir sind nur Menschen, so unendlich klein, verglichen damit, wie die Bibel ihn selber beschreibt. Darum wundere ich mich, warum er mit uns unterwegs sein will. Er will wirklich eine Beziehung zu uns!

Ein Tipp, wie man Gebet und Bibellesen interessant gestalten kann ...
Als ich anfing zu glauben, fragte ich meine Kollegen, die gläubig aufgewachsen war, ob in der Bibel stehe, wie lange man drin lesen solle. Aber das steht nicht drin. Am besten ist es, wenn man sich nicht schuldig fühlt, wenn man nicht gelesen hat. Und wenn man das Bedürfnis zu lesen hat, soll man es mit Freude tun.

Gut ist auch, wenn man sich auch mit Freunden austauscht und ihnen erzählt, was das Bibellesen im eigenen Leben bewirkt hat. So inspiriert man einander – eine tolle Sache. Wir können uns das ganze Leben Zeit nehmen, um in der Bibel zu lesen.

Zu viel auf einmal kann ich nicht aufnehmen, denn ich will wirklich verstehen, was darin steht. Manchmal lese ich nur eine Zeile; weil da schon soviel drinsteckt. Ich kann sie einen ganzen Monat lang hin und her bewegen.

Wie sind Sie Christ geworden?
Als Kind glaubte ich an Gott. Dann, mit 11, liess ich das hinter mir. Vieles veränderte sich in meinem Leben. Wo ich lebte, gab es nur wenige Christen. Niemand redete über den Glauben, und so ging er mir verloren. Für einen Teenager kam dann «Wichtigeres» dazu. Bis ich 22 Jahre war, hatte ich damit nichts mehr zu tun.
Dann war ich mit Freunden zusammen, die aus einer christlichen Kultur kamen; ganz anders als meine eigene. Es war fast eine andere Sprache. Sie hatten eine andere Einstellung und reflektierten ihr Leben gut. Aber der Lebensstil meiner Freundin überzeugte mich, und so kam ich in die Gemeinde. Es war wie ein Heimkommen. Aber ich hatte das Gefühl, ich müsste ich etwas gehen lassen, wusste aber nicht, was.

Dann kam ein grosser Verlust in meiner Familie. Dieser Tag war der Wendepunkt in meinem Leben. Ich hatte geistliche Erlebnisse, die ich aber nicht erklären kann. Ich traf meine Entscheidung. Ich weiss nicht, ob ich dadurch etwas gehen liess oder ob es mich verliess. Aber etwas änderte sich.

Warum sind Sie Christ?
Das frage ich mich auch manchmal. Manchmal scheint es keinen Sinn zu haben. Wenn ich aber mit früher vergleiche, ist mein Leben viel besser geworden. Und wenn alles nur eine Illusion wäre, dann wär’s die beste Illusion, die ich mir vorstellen kann.

Man muss eine Wahl treffen. Manchmal braucht es viel Kraft dazu, aber andere Male ist es leicht, Gott für den Tag zu danken. Manchmal gerät man auch ins Trudeln.

Ich bin Christin, weil es keinen Sinn gäbe, wenn nach dem Sterben nicht noch etwas kommen würde. Durch den Glauben erlebe ich Hoffnung. Und das inspiriert auch andere Menschen. Er kümmert sich um mich. Und Gott mag die Vielfalt.

Meine Gemeinde hat auch ein grosses Herz für die Schwachen, Armen, Kranken, Ausgestossenen. Auch da ist also der Glaube sinnvoll.

Beschreiben Sie ein spezielles Erlebnis, das Sie mit Gott gemacht haben:
Manchmal wenn er still ist, ist das ein spezielles Erlebnis. Er ist da, spricht aber nicht. Er ist einfach nur da. Diese Stille, diesen Frieden, liebe ich. In meiner Kultur geht alles sehr schnell. Ständig muss man Weitreichendes entscheiden; in der Ausbildung zum Beispiel. Man hat tausend Möglichkeiten, und alle stehen sie vor einem. Die Ruhe mit ihm ist grossartig. Sie umgibt einen. Er ist einfach da.

Warum, denken Sie, zahlt sich ein Leben mit Jesus aus?
Es ist lustig, das als eine Auszahlung anzusehen. Ich erlebe das nicht so und kann nur aus meinem Leben sagen, warum es gut ist, Jesus zu kennen. Ich habe Anschluss an die Liebe gefunden, Anschluss an die Hoffnung, wie ich das vorher nicht kannte.

Ich hatte eine liebevolle Familie, doch das ist eine andere Art von Liebe. Seine Umarmung ist grösser als der irdische Teil an Liebe. Hoffnung im Leben zu haben, das wünsche ich allen. Ich betrachte das nicht als etwas, das „sich auszahlt“, sondern als ein Geschenk.

Steckbrief

Zivilstand: Single.
Gemeinde: Arhus Valgmenighed ( www.valgmenighed.dk ).
Arbeit in Gemeinde: Worship.
Hobbys: Sport, Laufen und ich sammle «Spiderman» und «X-Man»-Comics sowie Sounds. Die Musik ist auch mein Hobby. Jetzt wo ich dran denke, merke ich, dass ich schon immer Sachen gesammelt habe, zum Beispiel Briefmarken. Wenn die Leute Feuerwerke machten, sammelte ich am nächsten Tag die ausgebrannten Feuerwerkskörper. Oder die Deckel von Flaschen – ich habe eine Leidenschaft fürs Sammeln.
Beruf: Schulung in E-Gitarre am Konservatorium. Und ich arbeite mit autistischen Kindern. Zur Zeit bin ich Aushilfslehrerin und will Lehrerin werden.
Wohnort: Arhus.
Herkunft: Dänemark.
Lieblingsbibelstelle: Das Hohelied der Liebe aus dem 1. Korinther-Brief. *

Andaheart im Internet

Auszüge aus dem Interview als Audio-Beiträge (in Englisch):
„So wurde ich Christin“
„Darum bin ich Christin“

* «Wenn ich in den Sprachen der Welt oder mit Engelszungen reden könnte, aber keine Liebe hätte, wäre mein Reden nur sinnloser Lärm wie ein dröhnender Gong oder eine klingende Schelle.

Wenn ich die Gabe der Prophetie hätte und wüsste alle Geheimnisse und hätte jede Erkenntnis und wenn ich einen Glauben hätte, der Berge versetzen könnte, aber keine Liebe hätte, so wäre ich nichts.
Wenn ich alles, was ich besitze, den Armen geben und sogar meinen Körper opfern würde, damit ich geehrt würde, aber keine Liebe hätte, wäre alles wertlos.
Die Liebe ist geduldig und freundlich. Sie ist nicht neidisch oder überheblich, stolz oder anstössig. Die Liebe ist nicht selbstsüchtig. Sie lässt sich nicht reizen, und wenn man ihr Böses tut, trägt sie es nicht nach. Sie freut sich niemals über Ungerechtigkeit, sondern sie freut sich immer an der Wahrheit. Die Liebe erträgt alles, verliert nie den Glauben, bewahrt stets die Hoffnung und bleibt bestehen, was auch geschieht. Die Liebe wird niemals aufhören, selbst wenn Prophetie, das Reden in unbekannten Sprachen und die Erkenntnis vergehen werden.

Jetzt erkennen wir nur wenig, und auch unser prophetisches Reden offenbart nur wenig! Doch wenn am Ende das Vollkommene erscheint, wird das wenige aufhören. Als ich ein Kind war, redete und dachte und urteilte ich wie ein Kind. Doch als ich erwachsen wurde, legte ich das Kindliche ab.
Jetzt sehen wir die Dinge noch unvollkommen, wie in einem trüben Spiegel, dann aber werden wir alles in völliger Klarheit erkennen. Alles, was ich jetzt weiss, ist unvollständig; dann aber werde ich alles erkennen, so wie Gott mich jetzt schon kennt. Glaube, Hoffnung und Liebe, diese drei bleiben. Aber am grössten ist die Liebe.»
Die Bibel, 1. Korinther, Kapitel 13.

Datum: 07.01.2008
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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