Rapper Bligg: "Spiritualität ist Nahrung fürs Leben"

Seit einer Woche ist die neue CD "Yves Spink" von Bligg auf dem Markt. Bligg alias Marco Bliggensdorfer spricht im Interview über Spiritualität, Battle-Rap und weshalb das Musikbusiness härter ist als die Arbeit auf dem Bau.


Marco Bliggensdorfer alias Bligg, 30, hat in der Rapperszene Pionierarbeit geleistet. Vor zwölf Jahren stand er auf Zürcher Undergroundbühnen und setzte sich in Battle-Raps (Kampf-Raps) gegen jegliche Mundartrapper durch. Der ehemalige Sanitärinstallateur hat mit seinem fünften Album „Yves Spink“ eine gute musikalische Mischung aus Anekdoten, Alltagsbetrachtungen und Beziehungsdramas mit groovendem Unterboden geschaffen.

Livenet.ch: Vor einer Woche kam deine CD raus. Hast du eine anstrengende Zeit hinter dir?
Bligg: Ja, die letzten Tage hatte ich einige Interviews und viel Arbeit zu erledigen. Aber heute habe ich nur noch dieses Interview und in ein paar Stunden schreibe ich vielleicht schon wieder an einem neuen Song.

Wie lässt du dich inspirieren?
Ich sehe überall Dinge, die ich aufnehme und in Songs packe. Auf der Strasse, im Fernsehen, wenn ich Leute treffe wie dich, kreuz und quer.

Du hast auf deiner neuen CD einen Song "Mini Story". Weshalb erzählst du in diesem Lied deine Geschichte?
Manchmal, vor allem früher, hörte ich Vorwürfe, ich sei zu kommerziell. Ich bin aber keine Marionette, die sich vom Manager führen lässt. Ich bin ein ehrlicher Künstler, der die Musik liebt. In der Branche musste ich erst mal Pionierarbeit leisten, weil noch kein Mundart-Rapper in der Schweiz so weit in die Musikszene vorgedrungen war. Deshalb wollte ich mal meine Geschichte erzählen.

Du singst auch über Susanne Wille von der TV-Sendung „Zehn vor Zehn“. Weshalb?
Als ich das Album innerhalb von vier Wochen geschrieben habe, war Zehn vor Zehn für mich ein wichtiger Zeitpunkt im straffen und anstrengenden Tagesablauf. Ich habe es mir jeden Abend angesehen. Susanne Wille war eben immer da, und weshalb sie mir gefällt, das hörst du im Lied.

Wie hat deine Musiker-Karriere eigentlich angefangen?
Mit sieben begann ich die Gitarre zu spielen. Mein Vater brachte mir das Spielen bei. Mit vierzehn hängte ich die Gitarre aber an den Nagel, weil ich keine Zeit mehr hatte für Musik. Mit siebzehn habe ich mit Kollegen Battle-Rap (Kampf-Rap) und Freestyle gemacht wie im Film 8 Miles mit Eminem.

Das gibt es tatsächlich in Zürich?
Ja, klar. Das Publikum bestimmt, wer besser rappt. Da wurden die Leute aufmerksam auf mich. In dieser Zeit habe ich Lexx kennen gelernt, mit dem ich die erste CD produziert habe.

Du sprichst in deiner CD "Liib und Seel" über ein Gebet. Im Lied "Zeig mär de Wäg" betest du. Was bedeutet Gebet für dich?
Gebet bedeutet mir viel. Im Moment bete ich aber nicht so viel, weil ich nicht zur Ruhe komme. Wenn ich aber bete, dann, um zur Ruhe zu kommen.

Worum geht es dir im Lied?
Es geht um eine höhere Instanz, jeder Gläubige, egal welcher Religion, soll damit angesprochen werden.

Was sagt dir die Bibel?
Ich gehöre keiner religiösen Gemeinschaft an, trotzdem bedeutet sie mir ein Stück weit etwas. Ich glaube, selbst Atheisten müssen sich an etwas festhalten können. Deshalb singe ich dieses Lied "Zeig mär de Wäg".

Wie wichtig ist dir Spiritualität?
Ich bin nicht der Typ, der Räucherstäbli anzündet. Es gibt aber zum Beispiel während Konzerten magische Momente, die ich deutlich wahrnehme. Im Moment denke ich aber, dass die Spiritualität in unserer Welt verloren geht. Spiritualität ist die Nahrung fürs Leben. Vielen Menschen fehlt sie.

Du hast auch schon an Gottesdiensten in der Jugendkirche "streetchurch" im Kreis 5 teilgenommen. Was hältst du von dieser Form von modernem Gottesdienst?
Ich finde es stark, dass sie Musikgottesdienste für Jugendliche gestalten. Das ist gut für die Jugendlichen und spricht sie sehr an.

Woran hältst du dich fest im Leben?
An meiner Familie. Wir haben einen guten Familienzusammenhalt. Mein Bruder und meine Schwester arbeiten mit mir zusammen. Meine Eltern leben getrennt, trotzdem haben wir eine sehr gute Beziehung zueinander. Für mich steht meine Freundin an erster Stelle, dann meine Familie und dann meine Freunde. Die Musik kommt an vierter Stelle. Ich würde sie jederzeit für meine Freundin oder für die Familie aufgeben.

Ist das Musikbusiness hart?
Ja, ich habe früher als Sanitärinstallateur auf dem Bau gearbeitet. Das war schon hart. Aber das Musikbusiness ist das härteste Business, das ich kenne.

Weshalb?
Wenn du eine Platte machst, dann steckt da immer sehr viel Persönlichkeit drin. Wird die Platte ein Flop, so beginnst du an dir zu zweifeln, weil es mit deiner Person zu tun hat.

Im Moment hast du aber grossen Erfolg. Wie lebst du mit deiner Popularität?
Das ist der härteste Part von allem. Ich werde überall auf der Strasse angesprochen. Die Menschen denken oft, ich sei Teil der Öffentlichkeit, gehörte ihnen. Deshalb geniesse ich es sehr, im Ausland nicht auf der Strasse erkannt zu werden.

Wie entkommst du diesem Stress?
Ich bin oft und gerne zu Hause. Verbringe auch viel Zeit mit meiner Familie, mit Freunden. Das wird nicht über mein neues Album gesprochen, sondern über Alltägliches. Da bin ich niemand Besonderer. Ich geniesse das sehr.

Was liest du?
Ich mag Biographien oder auch Hermann Hesse. Ich liebe auch französische Filme, Hollywoodblockbusters und Filme über Musiker.

Was würdest du lesen, wenn du Zeit hättest?
Die Bibel.

Das Album "Yves Spink" von Bligg, MuVe Recordings/Musikvertrieb, ist seit 11. Mai auf dem Markt.

Datum: 26.05.2007
Autor: Iris Muhl

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