Der Kongo verliert seine «Soul Power»

Das «schwarze Woodstock» wurde das Festival «Zaire‘74» genannt, das den legendären Boxkampf zwischen Ali gegen Foreman begleitete. Mit «Soul Power» kommt dazu nun eine Musik-Doku ins Kino. Der Kongo - das damalige Zaire - versinkt immer tiefer im Strudel der Gewalt, mehr als fünf Millionen Tote sind zu beklagen.
1974, das «schwarze Woodstock» im heutigen Kongo (damals Zaire).
Der Kongo, das blutende Herz Afrikas.
Hilfsgüterverteilung

Gerade auch durch die Oscar-gekrönte Doku «When we are Kings» bleibt der Titelkampf im afrikanischen Kongo (damals Zaire) zwischen Muhammed Ali und George im Gedächtnis. Parallel sollte der Soul-Event «Zaire '74» über die Bühne gehen, was aber wegen einer Verletzung Foremans nicht möglich war.
Der Film hält sich über die politische Lage zurück, Diktator Mobutu versuchte sich rund um den Anlass in Szene zu setzen.

Der Film, der einzig mit historischen Aufnahmen auskommt, zeigt unter anderem Interviewausschnitte von B.B. King und James Brown. Die zweite Hälfte zeichnet die enormen Auftritte im riesigen Stadion.

Schwarzes Waterloo

Heute, 35 Jahre später, scheint die Lage im Kongo schlimmer denn je, die Zivilbevölkerung leidet wie kaum zuvor. Der Kongo verfügt über Unmengen an Gold, Diamanten, Erdöl, Kupfer, Uran, Coltan (in vielen Handys) und Kobalt. Der Staat könnte florieren. Tatsächlich geschieht im Osten des Landes das Gegenteil: Armee, Warlords, Milizen und Rebellen kämpfen um Abbauminen und Bodenschätze. Das Land ist bettelarm, Mädchen und Frauen werden vergewaltigt, Häuser niedergebrannt, ganze Dörfer geplündert.

Wegen heftigen Kämpfen trauen sich viele nicht nach Hause. So stehen etwa Hutu-Extremisten der «Demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas» (FDLR) vor der Tür, örtliche Mai-Mai-Milizen oder die Armee Kongos, der die UN-Blauhelmmission logistisch unter die Arme greift. Die Staatsarmee freilich trägt herzlich wenig zum Schutz des eigenen Volkes bei, im Gegenteil, die grimmigen Soldaten sind für ihre Gewaltbereitschaft berüchtigt. Sie sind kaum bezahlt und holen sich «ihren» Anteil durch Rauben und Plündern - selbst ein Angriff auf UN-Truppen verübten die offiziellen Streitkräfte zuletzt. Statt einem «schwarzen Woodstock» ist ein «schwarzes Waterloo» ohne Sieger zu beklagen.

Neue Kämpfe

Über 300‘000 Kongolesen sind Jahresbeginn 2009 aus ihren Dörfern in der Nord-Kivu-Provinz geflohen. Das sind hundertausend mehr als vor einem Jahr; und damals herrschte offener Krieg. Bereits jetzt drohen neue Kämpfe.

In früheren Jahren wurde der Krieg im Kongo auch «Afrikanischer Weltkrieg» genannt, weil so viele verschiedene Parteien zu den Waffen gegriffen hatten. Um 1998 waren Kongo und Ruanda in die Kämpfe verstrickt; weitere Länder griffen ein: Angola, Burundi, Namibia, Simbabwe, Sudan, Tschad und Uganda. Indirekt verwickelt waren Frankreich, Libyen, Sambia, Südafrika, Tansania und die USA. Dazu kommen Söldner aus Belgien, Frankreich, Rumänien, Serbien, Südafrika und der Ukraine; und ein Korps aus Nordkorea.

«Schändlicher als Kolonialismus»

Wirklich zur Ruhe kam die Gegend seither nicht mehr. In den letzten zehn Jahren kamen über fünf Millionen Menschen ums Leben. Nahostkenner Peter Scholl-Latour etwa spricht von einem Wirtschaftskrieg und Stellvertreterkrieg, der «schändlicher als Kolonialismus ist!»

Ebenfalls schändlich ist, dass rund um den Globus keine Grosskundgebungen zu verzeichnen sind.

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Datum: 23.07.2009
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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