Pinguine als christliches Symbol für Tugend?

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Pinguin 3
junger Pinguin

Der weltweite Erfolg der Dokumentation "Die Reise der Pinguine" hat unerwartete Begleiterscheinungen: Prediger und Lebensschützer erkoren die Kaiserpinguine zum christlichen Tugendsymbol.

In den USA hat der Film schon mehrere Millionen Zuschauer in die Kinos gelockt und zugleich eine politische Debatte ausgelöst. Konservativ-christliche Organisationen entdeckten den Pinguin für sich – als monogames Familientier mit ausgeprägter Leidensbereitschaft.

Die christliche Organisation «153 House Churches Network» sieht im Leiden der Tiere einen Beweis für die Existenz Gottes. Sie lädt ganze Familien ein, den Film zu sehen. Für gläubige Christen dürfte «Die Reise der Pinguine» der grösste Filmgenuss seit Mel Gibsons «Die Passion Christi» sein, schätzte Filmkritiker Michael Medved in der «New York Times»: Dies sei «Die Passion der Pinguine».

Auf der Website " www.WorldNetDaily.com " ist zu lesen, die Entschlossenheit, mit der die Kaiserpinguine jedes Ei verteidigten, sei ein Plädoyer für den Wert des Lebens - und damit für das Recht, dieses bedingungslos zu schützen.

Andrew Coffin, Filmkritiker des christlichen „World Magazine“, sieht in der Lebensgeschichte der Kaiserpinguine ein Argument gegen Darwins Evolutionstheorie. Das Überleben der Eier sei ein Beweis für die Lehre vom "intelligent design", nach der hinter den Naturphänomenen der Wille eines Schöpfers stecke. Es sei traurig, "dass der Film diese seltsamen und wunderschönen Tiere untersucht, ohne die Existenz eines Schöpfers anzuerkennen."

Eine faszinierende Dokumentation

Luc Jacquet erzählt in "Die Reise der Pinguine" den aussergewöhnlichen Fortpflanzungszyklus dieser Tiere. Es beginnt mit einem tagelangen Gewaltmarsch bis tief in die Antarktis, wo kein anderes Lebewesen die Pinguine bedrohen kann.

Sie treffen sich in grossen Kolonien, wo die Partnersuche mit Lockgesängen eingeläutet wird. Hat sich ein Pärchen gefunden, vollziehen sie einen Liebestanz voller Zärtlichkeit. Und auf ihre Zusammenarbeit kommt es im Weiteren an. Sie müssen ihr Ei tauschen, das zunächst das Männchen brütet. Ein gefährliches Unterfangen, da es in der Kälte schnell erfriert. Die Weibchen machen sich dann sofort zur Nahrungssuche auf und legen wieder hunderte von Kilometern zurück, bis sie das offene Meer erreichen. Währenddessen harren die Männchen aus, in gnadenloser Kälte und beissenden Schneestürmen. Wenn die Weibchen mit vollen Mägen zurückkehren, um die Eier weiter zu brüten, heisst es schon wieder Abschied nehmen. Denn nun machen sich die geschwächten Männchen auf den Weg zum Meer, um selbst wieder etwas zu essen.

Die filmische Leistung ist so hervorragend, dass die Kinobesucher glauben, selbst durch die Antarktis zu wandern. Die musikalische und erzählerische Untermalung gibt dem Film eine poetische Note und lässt ihn die Grenzen des Dokumentarfilms sprengen.

Es sind „nur“ Vögel

Der Regisseur "Die Reise der Pinguine", Luc Jacquet, hat sich nun in einer Stellungnahme von jeglicher ideologischer Vereinnahmung distanziert. Auf der Titelseite der Tageszeitung "Le Monde" schrieb der Biologe und Tierfilmer: "Ich bin gegen jede Form des Bekehrungseifers und muss daran erinnern, dass es in diesem Film um Pinguine geht. Ihn jetzt religiös zu deuten wäre so, als würde man 'Superman' nach Verteidigungsstrategien analysieren".

Die Reise der Pinguine
Regie: Luc Jacquet
Drehbuch: Luc Jacquet
DarstellerInnen: Die Kaiser-Pinguine
Musik: Emilie Simon
USA/Frankreich 2005
Dauer: 86 min

Quellen: New York Times/AVIA/Deutschlandradio/World Magazine/Die Welt/AFP/Le Monde/Livenet

Datum: 14.10.2005

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