Der Angriff auf den Geldbeutel

Star wars

Die Vermarktung von Filmfiguren hat der Regisseur George Lucas zwar nicht erfunden, aber er hat der Welt gezeigt, wie man es »richtig« macht: Seit Jahrzehnten verdient er am »Nebengeschäft« seiner Star Wars-Filme mehr, als an den reinen Kinoeinnahmen. Eltern stellt der Kult um die begleitenden Fanartikel nicht nur vor finanzielle Herausforderungen.

Mama, Mama. Das ist Jango Fett. Du weisst schon. Der coole Kopfgeldjäger aus Star Wars. Den muss ich unbedingt haben.« Klar muss der Kleine die neue Action-Figur haben. Macht 10,90 Euro für die rund 10 Zentimeter grosse Kunststofffigur. Mit einer Figur alleine spielen macht keine Sinn. Luke Skywalker und Obi Wan-Kenobi müssen noch mit her. Ein junger Jedi-Ritter ohne Laserschwert, dass ist wie ein Cowboy ohne Colt. Also, rein mit dem blinkenden Plastikschwert in den Einkaufswagen. Der Schreck für die Eltern kommt dann an der Kasse – die Spielzeuge sind teuer.

»Der Angriff der Klonkrieger« findet längst nicht mehr ausschliesslich in den Kinosälen statt. Vielmehr attackieren die Sternenkrieger schon seit Wochen die Geldbeutel der Konsumenten. »Merchandising«, zu deutsch schlicht Absatz- oder Verkaufsförderung ist der Schlachtruf der Stunde. Gemeint ist damit eine mörderische Vermarktungsmaschinerie die sich der Helden aus den Celluloidstreifen bedient und so Unmengen Geld in die Kassen von Lizenzgebern, Medienkonzernen und Spielwarenherstellern pumpt.

Mit dem Film startet die Vermarktung

Schon Wochen vor dem offiziellen Filmstart des neuen Star Wars-Filmes »Der Angriff der Klonkrieger« warf der Spielzeughersteller Hasbro die ersten Krieger in die Schlacht um die Kinderzimmer. Nach Angaben der Tageszeitung »Die Welt« will die Firma Hasbro allein mit dem Verkauf von Figuren zur Star Wars Episode II rund 350 Millionen Dollar umsetzen. Die sogenannten Action-Figuren sind heiss begehrt. Nicht nur bei Kindern, auch bei eingefleischten Fans. Die werden natürlich nie damit spielen. Die vielen Figuren wandern originalverpackt in die Glasvitrine und komplettieren den Devotionalienschrein für George Lucas. »Möge die Macht mit ihm sein.«

Eltern müssen sich wieder einmal auf einen Frontalangriff einstellen. Der Vernichtungskrieg, der Papas Geldbeutel droht, ist vollkommen. Da gibt es die Star Wars Zahnbürste in der Form eines Laserschwertes, Badeschaum in einer Flasche in Gestalt des Roboters R2-D2, das gute alte Monopoly in der Star Wars-Edition, Sammelbilder – die Liste liesse sich beliebig fortsetzen.

Die Angriffswellen schwappen wie Springfluten über gebeutelte Eltern herein. Denn das Star Wars Merchandising ist kein Einzelfall. Endlich sind alle Pokemon-Sammelbilder ins Album eingeklebt (die Unmengen doppelter Bilder vergessen wir der Einfachheit halber), da brüllt der König der Löwen um sein Recht auf Vermarktung und ziert bald die Bettwäsche der Kleinen, bald Schulhefte oder Kinderzimmertapeten. Den Wahnsinn komplettiert hat dann schliesslich Harry Potter. Kein Produkt, kein Spielzeug, kein Kleidungsstück auf dem der Zauberlehrling aus J.K. Rowlings Erfolgsroman nicht zu sehen war. Magisch an Harry Potter war auch der Gewinn, den der kleine Held in die Kassen des Lizenzgebers Warner Brothers gezaubert hat. Alleine der Softdrinkhersteller Coca Cola blätterte 150 Millionen Dollar auf den Tisch des Unterhaltungsriesen, um mit dem Zauberschüler den Umsatz ihrer koffeinhaltigen Brause zu steigern.

Wie können Eltern sich schützen?

Bleibt die Frage, wie sich Eltern gegen die Angriffe der Unterhaltungsindustrie auf das Familienbudget schützen können? Die Antwort ist so einfach wie fatalistisch: Fast nicht! Zu ausgeklügelt sind die Strategien der Unterhaltungsindustrie, zu Vollkommen ist mittels der Medien die Durchdringung aller Lebensbereiche mit den Werbebotschaften. Die Produktzyklen in den Spielzeugregalen gehen mit den Kinostarts der Filme und den Erscheinungsterminen der Bücher einher. Kinder sind zu einem Schlüssel der Unterhaltungsindustrie für Papas und Mamas Geldkassette geworden. Eltern, die sich dem sozialen Druck der Markenartikel, den letztlich auch Spielzeuge erzeugen, entgegenstemmen, haben einen schweren Stand.

Dennoch sollte man als Elternteil nicht den Kopf in den Sand stecken. Eine gute Möglichkeit ist, Kinder mit ihrem Taschengeld am Kauf der Spielzeuge zu beteiligen. So lernen die Kleinen die Folgen ihrer Entscheidungen unmittelbar kennen und den Wert eines Spielzeuges selber einzuschätzen. Manchmal hilft auch der Hinweis auf das gerade erst vor wenigen Wochen oder Monaten so dringlich erwünschte Spielzeug, das jetzt bereits achtlos in der Ecke liegt. Und gerade mit älteren Kindern sollte in diesem Zusammenhang durchaus über die raffinierten Tricks der Vermarkter gesprochen werden.

Eine weitere Chance besteht darin zu versuchen, den Kaufdruck in Kreativität umzumünzen. So können Kinder sich die Helden aus Knete, Lego, oder Pappe nachbauen. Vor allem aber sollte sich in der Familie abgesprochen werden, wer zu Geburtstagen und Feiertagen wem was schenkt, damit nicht schon beim gut gemeinten Beschenken mangels Absprache gleich mehrere Verkaufsfronten eröffnet werden. Der Familienfrieden bleibt gewahrt und der Herzenswunsch der Kinder wird erfüllt.

Oftmals lohnt sich das Abwarten

Und wenn der bohrende Kinderwunsch nicht mit guten Worten auszureden ist, so lässt er sich seine Erfüllung vielleicht um ein paar Wochen hinauszögern. Denn: Ist der erste Ansturm auf die Artikel erst einmal überstanden, werden viele Produkte oft zu erheblich reduzierten Preisen angeboten. Und durch das Warten finden Eltern auch heraus, ob der Wunsch der Kindern nicht nur von kurzer Dauer war. Vielmehr zeigt sich dann, dass das Spielzeug wirklich ein Liebling ist und nicht nach zweimaligem Gebrauch in der Ecke landet.

Datum: 01.06.2002
Autor: Norbert Schäfer
Quelle: Glaube und Heimat

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