Winterthur

‚Wir machten alles, was man sich vorstellen kann‘

Der Laienprediger und Evangelist Charles Reichenbach predigte gerne über die biblischen Prophetien im Zusammenhang mit Israel. Das interessierte die Menschen besonders, die sich seit 1960 im bekannten Partyhäuschen im Winterthurer Stadtpark zu Gottesdiensten versammelten. In der Gemeinde, die sich daraus entwickelte, ist heute von diesem besonderen Interesse an Israel-Prophetien weniger zu spüren. "Das Geheimnis des Wachstums der Winterthurer "Gemeinde von Christen (GVC)" ist vielmehr verbunden mit einer klaren evangelistischen Vision und mit einer leidenschaftlichen Umsetzung dieser Vision", sagt Johannes Wirth, Leiter der Gemeinde. Und mit einem starken Mann, der diese Vision auch durch Krisen hindurch verteidigte, müsste man wohl hinzufügen. Wirths persönliche Lebensgeschichte hat in der Tat die Winterthurer Hegi-Chile – so der Quartiername der GVC-Gemeinde – in einem besonderen Ausmass mitgeprägt. Auf die Strasse Als Wirth, damals in einer schweren Ehekrise, vor 22 Jahren in der Versammlung Reichenbachs den Glauben an Jesus Christus entdeckte, änderte sich für den Import-Kaufmann und Sohn eines evangelischen Pfarrers das Leben radikal. Von einer Predigtserie über Nehemia sei er und die Gemeinde ganz besonders angesprochen worden, erinnert sich Wirth. "Das führte in den späten 80-er Jahren die Wende herbei." Er habe sich als Nehemia gesehen, der die kaputten Mauern von Winterthur, die darniederliegenden Menschen in der Stadt zusammen mit anderen wieder aufbauen müsse, sagt Wirth. Die kleine Jugendgruppe, in der er bald einmal Leiterfunktion ausübte, beschloss daraufhin, auf die Strasse zu gehen und zu evangelisieren. "Wir gingen jeden zweiten Samstag auf die Strasse und machten alles, was man sich vorstellen kann", so Wirth. "Später standen wir an den Samstagabenden mit einem Grill auf der Marktgasse und verschenkten Würste und Kaffe. So war es in vielen Gesprächen möglich, den Menschen Jesus vorzustellen." Kontakte mit Randständigen Ein weiteres prägendes Erlebnis war für Wirth die erste direkte Begegnung mit Drogensüchtigen, konkret mit einem jungen Mann auf Drogenentzug. Völlig naiv habe er den Mann in einer halben Stunde bekehrt, sagt Wirth heute darüber. Der Mann sei später wieder "abgestürzt". Immerhin hatte diese Begegnung zur Folge, dass viele Menschen aus der Szene kamen, die Wirth zusammen mit seiner Frau über eine gewisse Zeit betreute. So begann die Strassenarbeit, aus welcher später die Stiftung Quellenhof, ein Werk für Randständige, heranwuchs. "Wenn wir unser Haus für die Armen und Bedürftigen offenhalten, baut er unsere Gemeinde." Davon ist Wirth zutiefst überzeugt. Es gehe ihm nie darum, die eigene Kirche zu füllen, sondern darum, Menschen Jesus vorzustellen, ganz gleich, wohin sich diese auch später wendeten. Diakonie als Schlüssel Der diakonische Einsatz ist direkt mit dem erstaunlichen Wachstum der Hegi-Chile verbunden. Dabei entsteht vieles spontan. "Wir halten einfach die Augen offen und fragen: Wo können wir dienen?", sagt Wirth. Ins Leben gerufen wurde nicht nur die Drogenarbeit, sondern auch ein Asylantenkindergarten, eine Nähstube für Asylsuchende und eine Verpflegungsstätte für Lehrlinge. Die Gemeinde selber ist heute in Hauszellen organisiert und wächst vor allem über persönliche Kontakte der einzelnen Gemeindeglieder
Zirkus
GVC

, etwa in Alphalive-Kursen.

Als im letzten Herbst beschlossen wurde, das Zelt des Zirkus Monti zu kaufen und in der Nähe der Räumlichkeiten im Hegifeld aufzustellen, war dies vor allem eine Notlösung. "Wir fanden einfach nichts mehr, das gross genug war. Deshalb haben wir uns für diese teure und unbequeme Lösung entschieden", sagt der Gemeindeleiter. Die Gemeinde in Winterthur ist die grösste von insgesamt sieben GVC-Gemeinden in der Schweiz.

Datum: 08.03.2003
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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