Die City-Kirche

Ort der Begegnung und Kultur

Heiliggeistkirche Bern

Bern. Die am Berner Bahnhof gelegene Offene Heiliggeistkirche steht nach dreijähriger Pilotphase juristisch auf eigenen Beinen.: Alle in Bern anerkannten christlichen Konfessionen sowie die Jüdische Gemeinde haben bereits Mitte August den Verein Offene Heiliggeistkirche gegründet. Am Puls des städtischen Lebens will die City-Kirche ein offener Begegnungsort für Menschen verschiedener Konfessionen und Religionen sein.

Die wachsende Kirchenferne vieler Menschen hatte Auswirkungen auch auf die reformierte Heiliggeistkirche am Berner Bahnhof. Vor rund fünf Jahren habe er deshalb begonnen, die City-Kirchen-Arbeit in Bern aufzubauen, sagte der reformierte Pfarrer Marco Pedroli, Initiant und Mitleiter der Offenen Heiliggeistkirche. Ihm sei es wichtig, im Herzen der Stadt einen Ort der Begegnung und Kultur zu schaffen, der allen offen steht. So könnten sich verschiedene Religionsgemeinschaften kennen lernen, aber auch Konfessionslose und aus der Kirche Ausgetretene fänden ihren Platz. Schliesslich "wissen heute viele Leute gar nicht mehr, ob sie christlich sind oder nicht".

Zwei ungleiche Partner

Die Gründung des Vereins Offene Heiliggeistkirche schliesst nun die dreijährige Pilotphase des Projekts ab und verhilft der neuen Berner City-Kirche zu grösserer Effizienz und mehr Unabhängigkeit gegenüber der reformierten Kirchgemeinde, die Inhaberin der Gebäude ist. Die zwei ungleichen Partner werden auch in Zukunft unter einem Kirchendach tätig sein, mit getrenntem Programm versteht sich.

Gegründet wurde der Verein von der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Heiliggeist, der christkatholischen, der evangelisch-reformierten und der römisch-katholischen Kirche in Bern sowie von der Jüdischen Gemeinde Bern. Weitere Gemeinschaften, die sich dieser interreligiösen Kooperation anschliessen wollten, seien willkommen, so Pedroli.

"Offen" will die Heiliggeistkirche primär sein – und dies in einem doppelten Sinn: Offen an den Werktagen, an denen sich die Menschen im Stadtzentrum aufhalten, offen aber auch in Bezug auf die angesprochene Klientel. "Man kann heute nicht mehr handeln, als ob man in einer geschlossenen christlichen Welt leben würde", betonte Pedroli. Der zentrale Standort der Kirche am Berner Bahnhof inmitten des städtischen Lebens sei auch eine Herausforderung, diese Offenheit zu symbolisieren.

Soziale, religiöse, kulturelle Ausrichtung

Innerhalb dreier Bereiche – des sozialen, religiösen und kulturellen – ist die Offene Heiliggeistkirche tätig. Eine Kaffeebar in der Nähe des Eingangs bietet während den Öffnungszeiten der Kirche von Dienstag bis Freitag Gelegenheit und Raum zu Gesprächen. Immer wieder hätten Menschen aber auch das Bedürfnis, sich in einer schwierigen Situation jemandem anvertrauen zu können, so Pedroli. Deshalb sei jeden Mittwoch mittag eine Seelsorgerin oder ein Seelsorger präsent. Zentral wie die Heiliggeistkirche gelegen ist, kann sie sich auch keine Berührungsängste mit Randständigen und Süchtigen erlauben. Zwei Mal wöchentlich lädt die Kirche sie zu einem kostenlosen "Suppen-Znacht" ein.

Nicht nur als Kaffeebar ist die Kirche täglich geöffnet, sondern auch als spiritueller Rückzugsort, in dem ruhebedürftige Menschen sich sammeln und besinnen können. Auch Mittagskirche, Freitagabendgebet und der monatlich stattfindende Frauengottesdienst bieten Gelegenheit zur Ruhe und Einkehr.

Im kulturellen Bereich bietet die City-Kirche eine breite Palette von Veranstaltungen und Ausstellungen an. So gehen etwa die Veranstaltungen "Der Ramandan, das Fasten und die Barmherzigkeit Gottes" am 31. Oktober und ein "Spaziergang durch das jüdische Jahr" am 7. November über die Bühne.

50 Freiwillige

Ohne die Mitarbeit von rund 50 Freiwilligen wäre das vielseitige Angebot der Offenen Heiliggeistkirche undenkbar. Bei einem Jahresbudget von 50.000 Franken, bezahlt von der reformierten und der katholischen Kirche Bern sowie beträchtlichen Spendenanteilen, könne man sich keine Personalkosten leisten, betonte Pedroli. Sowohl seine Arbeit als auch die seines katholischen Kollegen Markus Friedli von "Kirche im Dialog" werde im Rahmen ihrer anderen Stelle verrichtet.

Vierte City-Kirche der Schweiz

Die Idee der City-Kirchen ist nichts Neues. In den achtziger Jahren nahm die City-Kirchen-Arbeit ihren Anfang in England und Holland, wo in städtischen Zentren etliche Kirchen wegen zu hohen finanziellen Aufwendungen geschlossen, verkauft, umgenutzt oder gar niedergerissen wurden. Heute gibt es in vielen Städten Europas City-Kirchen, die je nach Standort, vorhandener Infrastruktur und Bedürfnissen ihr je eigenes Profil gefunden haben.

In der Schweiz wurde 1991 der "Offene St. Jakob" in Zürich lanciert, 1994 folgte die Eröffnung der "Offenen Kirche Elisabethen" in Basel, 1998 wurde die "Offene Kirche St. Leonhard" in St. Gallen eröffnet. Auch in Luzern, Lausanne, Freiburg, Chur und Solothurn ist die City-Kirchen-Arbeit im Entstehen.

Datum: 21.10.2002
Quelle: Kipa

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