Stefan «Sent» Fischer

«Junge Menschen brauchen einen Ort, wo sie ihren Glauben entfalten können»

Die Jugend von heute prägt die Kirche von morgen. Aber wie denken die gläubigen Jugendlichen? Wie leben sie ihren Glauben aus? Und wie sollen die Kirchen dieser Generation begegnen? Die «Generation Worship», wie sie auch genannt wird, war das Thema des aktuellen «Livenet-Talks».
Livenet-Talk mit Annina Morel, Stefan Fischer und David Wöhrle (v.l.n.r.)
Buchcover «Generation Lobpreis und die Zukunft der Kirche»
David Wöhrle
Stefan «Sent» Fischer

Die beiden Gäste bei Livenet-Redaktorin Annina Morel waren David Wöhrle, Gemeindeleiter von New Life Bern, und Stefan «Sent» Fischer, Pastor der Living Church in Baden und Jugendmitarbeiter beim Bibellesebund. Sie investieren sich beide seit Jahren in junge Menschen. Im Livenet-Talk vom 3. Juni 2019 erzählten sie über ihre Erfahrungen aus der Jugendarbeit.

Anlass für den Talk war das Buch «Generation Lobpreis – und die Zukunft der Kirche». Darin sind die Erkenntnisse aus einer empirischen Untersuchung zu hochreligiösen evangelikalen Jugendlichen (Altersgruppe der 16- bis 29-Jährigen) festgehalten, die vom Forschungsinstitut «empirica» durchgeführt wurde.

Worship als Lifestyle

Der Lobpreis (Neudeutsch: «Worship») ist für die junge Generation von grosser Bedeutung. Nebst der Musik spielt dabei das vermittelte Glaubensgefühl eine grosse Rolle. Dies führt zu einer gewissen Emotionalisierung des Glaubens. Gemäss der Studie geben die Jugendlichen dem Lobpreis eine höhere Priorität als dem Beten und Bibellesen.

Stefan Fischer beobachtet bei den Jugendlichen eine gewisse Gleichstellung von Bibel- und Liedtext. Als Beispiel erzählte er von einer Begebenheit, bei der eine Theologiestudentin mit ihrem Dozenten diskutierte. Dabei argumentierte sie mit einer Textpassage eines Worshipsongs, die aber so nicht in der Bibel zu finden ist.

Der Kuschelgott

Das Gottesbild hat sich über die Generationen hinweg geändert: Von einem gefürchteten zu einem liebevollen und emphatischen Gott, der sich in erster Linie um die Belange seiner Geschöpfe kümmert. Diese Entwicklung nimmt auch David Wöhrle wahr: «Gott liebt uns, wie wir sind. Aber er liebt uns zu fest, um uns zu lassen wie wir sind! Leider wird der zweite Teil dieser Wahrheit oftmals ausgeklammert.»

Stefan Fischer fügte hinzu, dass Gott kein Butler oder kosmischer Therapeut sei, der nur dazu da ist, den Menschen ein unbeschwertes Leben zu ermöglichen. Die Ehrfurcht vor Gott gerate manchmal zu stark in den Hintergrund. Vielmehr sollten beide Seiten betont werden: Liebe gepaart mit Ehrfurcht.

Gefühls- und erlebnisorientiert

Bei der Frage, ob die Gefühle im Glaubensleben überbewertet werden, waren sich die beiden Gäste einig: Die junge Generation betont die Gefühle stark. Dies sei aber nicht grundsätzlich negativ, sagte David Wöhrle: «Generell ist in der Kirchenlandschaft eine schöne Entwicklung der Spiritualität zu erkennen, die den gesamten Menschen – unter anderem auch mit seinen Gefühlen – einbezieht.»

Diese Erlebnisorientiertheit sollten die Kirchen in den verschiedensten Bereichen, auch ausserhalb des Gottesdienstes, fördern und ausleben, fügte Stefan Wöhrle hinzu. Um die Jugendlichen besser in die Kirchen einzubetten, brauche es eine gewisse Offenheit für Experimente, sagte der Gemeindeleiter von New Life Bern. Die Jugendlichen sollten die Möglichkeit erhalten, ihre Berufung zu entdecken.

«Glaube nicht allein von Emotionen abhängig machen»

Stefan «Sent» Fischer unterstützte die Aussage und fügte hinzu: «Junge Menschen brauchen einen Ort, wo sie ihren Glauben entfalten können, Platz haben Dinge auszuprobieren und Fehler machen dürfen.» Er betonte aber auch, dass die Nähe Gottes und der Glaube an ihn nicht alleine von den Emotionen abhängig gemacht werden dürften. Gerade in der Bibel seien viele Begebenheiten zu finden, in denen Gott Menschen Halt gab, als ihre Gefühlswelt zusammenbrach.

Weiterhin müsse der Glaube für junge Christen spürbar sein: «Das Bibellesen soll erlebt werden und über das intellektuelle Verständnis hinausgehen», meinte Sent weiter. Auf diese Weise könne die Bibel den Jugendlichen nähergebracht und ihr Interesse geweckt werden.

Der Livenet-Talk vom 3.6.2019 zum Thema «Generation Worship» gibt's hier: (Videolänge: 28 Minuten)

Weiterführende Informationen zur empirica Jugenstudie 2018

Das Buch «Generation Lobpreis und die Zukunft der Kirche» ist im Livenet-Shop erhältlich.

Zum Thema:
«Generation Lobpreis»: Wenn die Jugend der Kirche zum Gesprächsthema wird
«Hochreligiöse» Jugend: Mehr vom Lobpreisleiter als vom Pfarrer geprägt
Licht und Schatten: Die Worship-Bewegung unter der Lupe

Datum: 05.06.2019
Autor: Remo Maurer
Quelle: Livenet

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