Albanien

Kirchen sollen wieder zu Volkskulturhäusern werden

Seit dem Ende des Kommunismus erlebten christliche Kirchen einen Neuaufbruch. Diesen wollen jetzt die Altkommunisten des Landes durch Kirchenschliessungen behindern. 
Kirche von Këlcyrë, Albanien

Seit den Neuwahlen vom 23. Juni herrschen in Albanien erneut Ungewissheit und Unsicherheit: Der Bürgermeister der Hauptstadt Tirana, Edi Rama, hat zwar mit seinen Sozialisten die parlamentarische Mehrheit gewonnen. Der bisherige Regierungschef, der Nationalist Sali Berisha, konnte jedoch die amtliche Anerkennung dieses Ergebnisses hinauszögern. Noch immer ist der ehemalige Leibarzt von Albaniens Diktator Enver Hoxha, dem «Stalin des Balkans», heimlicher Herr des Landes, mag ihn das Volk auch abgewählt haben.

Vordergründige gegen ausländische Kirchen

Religionspolitisch verbindet sich die anhaltende Kirchenfeindlichkeit der sozialistischen Exkommunisten mit dem Bemühen der Nationaldemokraten Berishas, die «ausländischen» Bekenntnisse beispielsweise des «italienischen» Katholizismus, der «griechischen» Orthodoxie oder der «germanisch-amerikanischen» Evangelikalen zurückzudrängen.

Diese Kirchenfeindlichkeit manifestiert sich zur Zeit in Permet im albanischen Südosten: Mitte August wurde die einzige Kirche der Stadt von der Gemeindepolizei abgeriegelt. Sie heftete den Beschluss des Stadtrates zur Rückwandlung des Gotteshauses in ein «Volkskulturhaus» an die Kirchentür, brach diese auf und begann, alles hinauszuwerfen: Bänke und Bibeln, Kelche und liturgische Gewänder. Bis jetzt beharren die altkommunistischen Stadtväter von Permet auf ihrer Aktion. Die Christen der Region müssen im Freien an den Absperrungen beten und Gottesdienst feiern.

Protest der Albanischen Orthodoxen Kirche

Inzwischen mehren sich Anzeichen, dass Permet kein Einzelfall bleibt, sondern eine konzertierte Aktion von kommunalen Kirchenschliessungen in Albanien bevorsteht. Zu ihrem Sprachrohr macht sich eine der beiden führenden Tageszeitungen des Landes, «Shekulli» (Das Jahrhundert). Die Albanische Orthodoxe Kirche, die sich als ziemlich Einzige im ehemaligen Ostblock durch ein gutes Verhältnis zu allem Evangelischen auszeichnet, klagt auf ihrem Webportal an: «Was in Permet geschah und geschieht, ist nicht nur ein Angriff auf unsere Kirche. Es handelt sich um eine Attacke auf das freie, postkommunistische Albanien. Wir glauben uns nicht im Jahr 2013, sondern 1967 zu befinden, als Enver Hoxha alle Gotteshäuser schloss, sie zu Ställen, Scheunen, Lagerhäusern, KP-Lokalen und zu Volkskulturhäusern machte. Einerseits wollen wir in die Europäische Union aufgenommen werden, doch nun verletzen wir erneut die minimalsten EU-Standards der Religionsfreiheit!»

Datum: 02.09.2013
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet

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