Hilfsbereiter Staat – was brauchen Eltern, was die Kinder?

Ganztagesschule
Edelgard Bulmahn
Ludwig Georg Braun

Eine grosse Mehrheit der Deutschen ist für ein flächendeckendes Angebot von Ganztagsschulen. Eltern sollen nicht nur so entlastet, sondern staatlicherseits auch beraten werden, wünscht die SPD-Bundesfamilienministerin im Wahlkampf. In Hamburg wollen die Behörden künftig mehr tun, um zu verhindern, dass Eltern – wie im Fall von Jessica geschehen – ihre Kinder zu Tode quälen.

Alle Eltern sollten die Möglichkeit haben, ihre Kinder auf Ganztagsschulen zu schicken, gaben 80 Prozent der Befragten in einer Umfrage des Forschungsinstituts Forsa an. Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) wertete dieses Ergebnis als Bestätigung des Ganztagsschulprogramms des Bundes.

«Wir fördern damit die Kinder früh in ihren Stärken und ermöglichen ihren Eltern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf», sagte die Ministerin bei dem Besuch einer Grundschule mit neuem Ganztagsangebot. Mit neuen pädagogischen Konzepten der individuellen Förderung sollten die Talente aller Kinder früh entdeckt werden. Die Bundesregierung baut mit einem Vier-Milliarden-Programm des Bundes in diesem Schuljahr 5’000 neue Ganztagsschulen aus.


Der Forsa-Umfrage zufolge sind 69 Prozent der 20- bis 50-Jährigen der Meinung, dass durch mehr Zeit in einer Ganztagsschule Kinder individuell besser gefördert werden. 59 Prozent glauben, dass die Kreativität besser gefördert wird, wenn Schülern und Lehrern mehr Zeit zur Verfügung steht. Knapp die Hälfte ist der Auffassung, dass in der Ganztagsschule die Qualität des Unterrichts verbessert wird.

Eltern-Kind-Zentren: Von den Briten lernen?

Im Wahlkampf setzt sich Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) für die bundesweite Einrichtung von Eltern-Kind-Zentren ein. Die Zentren sollten Betreuung der Kinder und Beratung der Eltern aus einer Hand bieten. Gemeinsam mit dem Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Ludwig Georg Braun, stellte Schmidt am Mittwoch dazu ein «Impulspapier» vor.

Eltern erhalten in diesen Zentren, die nach dem Vorbild britischer Einrichtungen arbeiten sollen, Hilfe und Unterstützung in Erziehungsfragen, bei Ehe- und Familienproblemen oder für die Gesundheitsprävention. Positive Erfahrungen gebe es bereits in einzelnen deutschen Städten, sagte Schmidt. Gemeinsam mit Kommunen, Wohlfahrtsverbänden und Kirchen will das Familienministerium ein Qualitätsprofil für Eltern-Kind-Zentren entwickeln.

Die Eltern müssten in ihrer Erziehungskompetenz gestärkt und in die Förderung ihrer Kinder einbezogen werden, sagte Schmidt. Eltern-Kind-Zentren seien eine innovative Antwort auf die heutigen Bedürfnisse von Familien. Braun betonte ebenfalls die Notwendigkeit einer guten Kinderbetreuung. Wenn Eltern gestresst seien, weil die Kindertagesstätte so früh schliesse, dann trügen sie diesen Stress in die Betriebe.

Statistiker: Mehr Familien benötigen sozialpädagogische Hilfe

Die Zahl der Kinder mit Entwicklungsschwierigkeiten sowie Schul- und Ausbildungsproblemen hat sich in Deutschland deutlich erhöht. Nach dem Statistischen Bundesamt erhielten im Jahr 2004 45’200 Familien mit 101’100 Kindern und Jugendlichen sozialpädagogische Familienhilfe bei der Bewältigung von Konflikten und Alltagsproblemen. Das waren acht Prozent mehr Familien und sieben Prozent mehr unterstützte Kinder als 2003.

Unterstützt wurden den Angaben zufolge vor allem kinderreiche Familien und Haushalte von allein erziehenden Müttern und Vätern. Als Anlass der Hilfen wurden am häufigsten Erziehungsschwierigkeiten (70 Prozent) genannt, gefolgt von Entwicklungsauffälligkeiten (39 Prozent), Beziehungsproblemen (29 Prozent) sowie Schul- und Ausbildungsproblemen. Die Trennung der Eltern war in 16 Prozent der Fälle und Vernachlässigung von Kindern in 15 Prozent der Hilfefälle Anlass der Unterstützungsmassnahmen.

Datum: 29.08.2005
Quelle: Epd

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