Die Täter waren grossenteils Marokkaner, die seit langem in Spanien lebten. Sie konnten die fürchterlichen Anschläge auf Madrider Vorortszüge durchführen, obwohl der aus Marokko stammende Waffenschieber, der ihnen den Sprengstoff vermittelte, ein Spitzel der Guardia Civil war! Die extremistischen Umtriebe der Täter waren der Polizei in vielen Fällen bekannt; manche waren, wie seither bekannt wurde, zeitweise observiert worden. Der NZZ-Korrespondent skizziert die bekannten Teile des internationalen Netzes der Islamisten. Erwähnt wird auch der in der Schweiz in Auslieferungshaft sitzende Mohammed Achraf. Seine Zelle plante unter anderem eine Selbstmordattacke auf die Audiencia Nacional in Madrid, die auf Terrorismusfälle spezialisierte Justizbehörde. Achraf und Co. hatten ihre Leute in spanischen Gefängnissen rekrutiert. Ein kürzlich erschienenes Buch des Journalisten José María Irujo lässt auf eine zentrale Stellung Spaniens im terroristischen Netzwerk der Islamisten schliessen: Europaweit gejagte Fanatiker suchten hier Zuflucht; Spanien war oft die letzte Station vor dem Absprung aus Europa; falsche Dokumente wurden fabriziert und Geld verschoben. Laut der NZZ ergibt sich „insgesamt das Bild eines kontinuierlich in Spanien aktiven islamistischen Extremismus, der mit dem internationalen Netz der Kaida verknüpft ist und in dem die Täter der März-Attentate nur eines von vielen Elementen sind.“ Die spanischen Behörden konzentrierten seit Jahrzehnten auf die Bekämpfung der baskischen ETA, was für die Regierung Aznar bei den Wahlen nach dem 11. März fatale Folgen hatte. „Man wiegte sich im Glauben, Spanien sei zwar Rückraum, aber nicht Aktionsziel des islamistischen Extremismus und deshalb sei es ergiebiger, die Aktivisten zu beobachten und Informationen zu sammeln, als sie festzunehmen und geringfügiger Vergehen anzuklagen.“ Die Sicherheitsdienste wurden vor dem 11. März vom Innenministerium nicht koordiniert; Abgeordnete der oppositionellen Sozialisten spotteten über die Verhaftung von Islamisten als übertriebene Reaktion. Allerdings hatte Osama bin Laden im Oktober 2003 ausdrücklich zu Attentaten gegen Spanien aufgerufen, das Truppen in Irak stehen hatte. Und schon im Oktober 2001 hatte der Kaida-Führer Andalusien als eines der verlorenen Territorien der «muslimischen Nation» erwähnt. Bis 1492 regierten islamische Herrscher aus Afrika in Granada. Im 8. Jahrhundert hatten arabische Heere den grössten Teil Spaniens unterworfen; die Mauren hatten die Gebiete aber im Lauf der Reconquista, der Rückeroberung, wieder an die (christlichen) Spanier verloren. Die Islamisten, die die Welt in ein „Haus des Islam“, in dem Frieden herrscht, und ein „Haus des Krieges“ einteilen, haben sich offenbar nicht mit der Geschichte abgefunden. Quelle: Livenet/NZZNur observiert, nicht verhaftet
Bin Ladens Geschichtsbild
Datum: 12.03.2005
Autor: Peter Schmid