«Release International» warnt vor einer
wahrscheinlichen Zunahme von Angriffen auf Christen in Afghanistan und der
Region, nachdem die Taliban nach dem Abzug der US- und Nato-Truppen die
Kontrolle über das Land übernommen haben.
Die Geschwindigkeit, mit der die
Taliban die Kontrolle über das Land wiedererlangt haben, hat die internationale
Gemeinschaft schockiert. Während die Taliban um eine
friedliche Machtübergabe gebeten haben, ist «Release International» der
Ansicht, dass die dramatische, temporeiche Wendung der Ereignisse die Extremisten
ermutigt.
«Situation vor Ort ist
schrecklich»
Ein Kirchenleiter in Afghanistan
sagte der Hilfsorganisation, dass die Christen in grosser Angst leben. Dazu
gehören auch einige Christen, die für die Regierung gearbeitet haben und nun
von Repressalien bedroht sind.
Das Werk «Release International» warnte, dass jeder, der
sich als Christ zu erkennen gibt, wegen seines Glaubens getötet werden könnte
und dass er Gefahr läuft, verraten zu werden oder einem Ehrenmord durch seine
eigenen Familienmitglieder zum Opfer fallen könnte. Ein christlicher Kontaktmann
erläuterte, «dass die Situation vor Ort schrecklich ist. Unsere Brüder und
Schwestern in Christus erzählen uns, wie sehr sie sich fürchten. In den von den
Taliban kontrollierten Gebieten dürfen Mädchen nicht zur Schule gehen und
Frauen dürfen ihr Haus nicht ohne männliche Begleitung verlassen.»
Christenverfolgung schon vor Taliban-Übernahme gestiegen
Nach Angaben von Release nahm die
Verfolgung von Christen bereits vor der Machtübernahme durch die Taliban zu, da
die christliche Gemeinde aufgrund der strengen Apostasiegesetze, die den
Übertritt vom Islam unter Todes- oder Gefängnisstrafe stellen, in den
Untergrund gedrängt wurde.
In der Vergangenheit wurden
ausländische christliche Mitarbeiter getötet. Andere haben das Land verlassen.
Flucht oft nicht
finanzierbar
Tragischerweise, so das Werk weiter, sind viele Christen arm und können es sich daher nicht
leisten zu fliehen. «Sie werden zurückbleiben», erklärt Paul Robinson,
Geschäftsführer von «Release International». Er bittet, für die Christen in Afghanistan zu
beten. «Der rasche Vormarsch der Taliban
kann die Extremisten nur ermutigen», sagte er.
Während Tausende von Afghanen,
darunter viele Christen, ins benachbarte Pakistan strömen, warnt das Werk, dass auch dort Gefahren lauern; namentlich wächst auch da der
Einfluss der Taliban. Die pakistanischen Taliban haben
bekanntlich die damals 14-jährige Malala Yousafzai versucht zu
erschiessen, weil sie zur Schule ging. Sie überlebte und ist heute eine
Menschenrechtsaktivistin.
Sie sagt, sie mache sich «grosse
Sorgen um Frauen und Minderheiten» in Afghanistan, jetzt wo die Taliban wieder
das Sagen haben.
Auch Pakistan
vor Destabilisierung
Die Partner von «Release International» befürchten, dass die Machtübernahme in Afghanistan den Nordwesten Pakistans
destabilisieren könnte. «Vor allem Pakistan könnte von der neuen Stimmung
betroffen sein, was für die Christen in der gesamten Region eine schlechte
Nachricht wäre», so Robinson.
Das Werk arbeitet mit Partnern in
der Region zusammen, um christliche Radiosendungen in den Sprachen Dari und
Paschtun anzubieten. Ausserdem werden christliche Literatur und digitales
Material für die Jüngerschaft erstellt. Ihre Partner rufen zum Gebet auf. «In
diese Finsternis hinein bringt unser Dienst täglich eine Botschaft der
Hoffnung, des Lebens und des Trostes.» Auch in den Sozialen Meien versuchen christliche Werke präsent zu sein und Hoffnung zu verbreiten. Paul Robinson dazu: «An Orten wie Afghanistan musste
die Kirche lernen, ähnlich wie die frühe Gemeinde in der Apostelgeschichte zu
handeln – unter ständiger Bedrohung durch Verfolgung. Aber heute ist die christliche
Gemeinde besser ausgestattet und ausgerüstet, um diese Herausforderung zu
meistern als je zuvor.»