Aufbruch in Südasien

«Während des Lockdowns kamen hier Hunderte zum Glauben»

Ein auch in der Schweiz ansässiges Werk engagiert sich mit rund 9'800 lokalen Mitarbeitenden in Südasien für Menschen in Not – gerade in Zeiten von Corona ist die Lage äusserst delikat. «Die Christen vor Ort kümmern sich wie Hirten um die Menschen und bringen ihnen so Hoffnung», erklärt Mitarbeiterin Tabea Imhof im Interview mit Livenet.
Verteilen von Decken in Südasien (Bild: zVg)
Kirche in Südasien während Corona
Sozialhilfe in Südasien

Aufgrund der politisch heiklen Lage vor Ort wird auf die Nennung des Namens der Organisation gegenwärtig verzichtet.

Tabea Imhof, welche Chancen entstehen durch die schwierige Situation?
Tabea Imhof:
Unter den aktuellen Umständen ist es nicht mehr möglich, grosse Veranstaltungen, Projekte und so weiter durchzuführen. Wir wirken weiterhin im Kleinen, lokal dort, wo unsere Mitarbeiter zuhause sind. Für uns bietet sich auch die Chance, mehr Mitarbeiter zu schulen, damit sie in kleinen Dingen Verantwortung übernehmen können. Wenn es an etwas in Südasien nicht mangelt, dann an Menschen! Ein besonderes Augenmerk liegt im Moment darauf, Christen zu ermutigen, aufzustehen und ihren Mitmenschen zu dienen. Unser Hauptfokus lag schon immer in der Ausrüstung und Ausbildung von einheimischen Christen, die dort, wo sie leben, auch Dienen. Diese Art zu Arbeiten ist relevanter als je zuvor! Unser Netzwerk von rund 9800 lokalen Mitarbeitern kann auch ohne unsere Anwesenheit ihre Arbeit wahrnehmen und den Menschen dienen. Kurz gesagt, machen wir weiter das, was wir schon immer gemacht haben: Wir bilden Gemeindegründer aus und sind da für die Nöte und Anliegen der Bevölkerung – beten, begleiten und bieten Nothilfe an, wo nötig.

Was sind gegenwärtig Ihre Hauptaufgaben?
Wir mussten neue Wege finden, damit unsere Mitarbeiter vor Ort untereinander in Kontakt bleiben konnten und auch mit uns verbunden blieben. Dazu bauten wir die technischen Möglichkeiten aus und nutzen sie gezielter. Sofort zu Beginn des Lockdowns im März, stellten wir den Pastoren, die keinen Zugang zum Internet hatten, ein Abonnement mit Mobile-Daten zur Verfügung. Vor Corona hatten wir in den 55 Trainingszentren je rund 20 Studenten. Wir sind daran, den Unterricht an die neue Situation anzupassen, wir haben da einige spannende Ideen und arbeiten ein Konzept aus, das den Verantwortlichen in Südasien eine grosse Hilfe sein wird. Aktuell treffen sich die Studenten, wenn möglich, in kleineren Gruppen und erhalten einen Teil des Unterrichts per WhatsApp.

Welchen Unterschied können Christen aktuell in der Gesellschaft vor Ort machen?
Viele Menschen fühlen sich verloren und sind mit der Situation überfordert. Die Christen vor Ort kümmern sich wie Hirten um die Menschen und bringen ihnen so Hoffnung. Sie verkündigen das Evangelium, sie sind da in Liebe und Fürsorge, helfen und dienen ihren Mitmenschen. Christen nutzen diese Gelegenheit auch, um die Gesellschaft vor dem Thron Gottes zu vertreten, Busse zu tun und um Vergebung für die Sünden der Nation zu bitten.

Was bewegt Sie in Ihrem Alltag besonders?
Wir erinnern uns immer wieder daran, dass wir einen souveränen Gott haben. Er hat ein Plan für sein Volk! Wir leben in einer Zeit, wo Hobbys, Reisen und Vergnügungen nur eingeschränkt möglich sind und sich viele Menschen Sinnfragen stellen. Das ist in Südasien nicht anders. Viele sind hoffnungslos und wenden sich an unsere Gemeindegründer, suchen Antworten auf ihre Lebensfragen und bitten um Gebet. Die Türen sind weit offen, um Menschen zu Jesus zu führen! Für uns hier in Europa ist es sehr ermutigend und motivierend zu sehen, wie unsere 9800 Mitarbeiter voller Leidenschaft ihren Mitmenschen dienen. Vor kurzem haben sich zwei renommierte Institute für Theologie in Asien («South Asia Institute of Advanced Christian Studies» und «Asian Theological Association») an uns gewandt, um uns mitzuteilen, dass sie die Ausbildung, die wir unseren Gemeindegründern geben, offiziell anerkennen möchten. Sie haben festgestellt, dass unsere Gemeindegründer auf diesem Gebiet äusserst effektiv sind! Dies ist eine grosse Ermutigung für uns!

Können Sie das ein oder andere Beispiel erzählen von Menschen, die durch Ihre Arbeit verändert worden sind?
Mangali (alle Namen in diesem Abschnitt geändert) hat mitten der Krise zu Gott gefunden. Sie hatte starke Kopfschmerzen, genau in dieser Zeit wurde der landesweite Lockdown verhängt und verunmöglichte es der Familie, medizinische Hilfe zu bekommen. Ein Dorfbewohner schlug vor, mit einem Gemeindegründer von uns Kontakt aufzunehmen. Der könne ihnen helfen, er hätte schon gehört, das Wunder geschehen seien als er betete. Am Telefon betete Shyam für Mangali die sich sofort besser fühlte. Einige Tage später kamen die Schmerzen in voller Wucht zurück. Der Ehemann flehte den Pastor an, dass er bei ihnen Zuhause vorbeikommen sollte. Aufgrund des Lockdowns fuhren weder Bus noch Taxi. Obschon es bereits dunkel wurde, machte sich Shyam mit dem Fahrrad ins 30 Kilometer entfernte Dorf auf. Er erzählte der Familie das Evangelium und betete die ganze Nacht. Am Morgen war Mangali geheilt! «Ich fühlte mich wie neugeboren! Meine ganze Familie und ich haben Jesus als unseren Erlöser angenommen und besuchen jetzt die Gemeinde.»

Pastor Shyam, der Gemeindeleiter und Gebietskoordinator für 22 Pastoren ist: «Während dieser Zeit des Lockdowns kamen in meiner Region Hunderte von Menschen zum Glauben an Jesus Christus. Viele baten mich um Gebet und erlebten Wunder. Gott tut heute noch Wunder! Ich bin überzeugt, dass durch diese Krise noch viele Menschen auf der ganzen Welt die Kraft Gottes persönlich erfahren werden.»

Können Sie noch weitere Begegnungen beschreiben?
Chanda (alle Namen im Abschnitt geändert) ist gelähmt. Seine Frau arbeitet als Strassenwischerin, um ihre Familie zu ernähren. Während des Lockdowns durfte niemand mehr das Haus verlassen. Ein Tag ohne Arbeit bedeutet für die Familie auch ein Tag ohne Essen! Sie hatten keine Möglichkeit, an Nahrung zu kommen und niemand half ihnen. Plötzlich standen Mitarbeiter von uns an der Tür und überreichten ihnen ein Essenspaket. Chanda: «Das kann nur Gott sein, der Sie geschickt hat, um uns zu retten. Danke!»

Und Pastor Satshi berichtet: «Wir haben eine nie dagewesene Einheit und Liebe in der Gemeinde erlebt. Jeder hat seinen Teil dazu beigetragen und in seinem Umfeld gedient. Dadurch konnten wir neue Dörfer mit dem Evangelium erreichen.»

Weiter erklärt Pastor Ashru: «Schon länger haben wir für eine spezifische Volksgruppe gebetet. Während des Lockdowns konnten wir diesen Menschen Essenspakete bringen und ihnen von Jesus erzählen. Fünf Personen haben seither ihr Leben Jesus übergeben. Betet, dass noch viele Jesus annehmen.»

Und Pastorin Asha hält fest: «Es war eine sehr anstrengende Zeit; auch wenn es an vielem mangelte, hatten wir nicht Zeit darüber nachzudenken. Denn es kamen so viele Menschen zu uns und baten um Gebet und wollten von Jesus wissen. In den vergangen drei Monaten durften wir 55 Personen taufen!»

Gibt es neue Projekte, die bei Ihnen anstehen?
Grundsätzlich ändert sich an unserem Kernprojekt nichts. Wir möchten Südasien mit dem Evangelium erreichen! Mit dem Ziel, eine Bevölkerung von 1,3 Milliarden Menschen zu erreichen, ist es nötig, dass wir 30’000 Gemeindegründer ausbilden. Heute werden pro Jahr rund 1000 Gemeindegründer ausgebildet. Um diesem Auftrag gerecht zu werden, müssen wir flexibel bleiben und unsere Strategien anpassen. Das heisst, in der aktuellen Situation nützen wir die Möglichkeiten der Digitalen Medien vermehrt und sind daran, ein neues Konzept zu entwickeln, welches auf die veränderte Situation abgestimmt ist: Weil Covid-19 nicht die einzige Herausforderung ist, der die Christen in Südasien heute begegnen. Verfolgung und Unterdrückung von Minderheiten, allen voran gegen die Christen und Muslime, nimmt sprunghaft zu.

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Datum: 20.06.2021
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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