Wer konvertieren will, muss dies 60 Tage vorher melden
Christen in Indien (Bild: CSI International)
Der indische Bundesstaat Madhya
Pradesh hat kürzlich eine neue Anti-Konvertierungs-Verordnung
verabschiedet. Diese macht es illegal, jemanden zu bestechen oder zu zwingen,
seine Religion zu wechseln. Was auf den ersten Blick
sinnvoll klingt, erschwert den Religionswechsel (sofern dieser weg vom
Hinduismus führt).
Die «Madhya Pradesh Freedom of Religion Ordinance 2020»
ersetzt ein älteres Regelwerk (aus dem Jahr 1968) in dem Bundesstaat. Sie wird
als die strengste Anti-Konvertierungs-Massnahme in ganz Indien angesehen.
Wer im 74-Millionen-Staat beispielsweise
seine Religion wechseln will, muss dies nun 60 Tage im Voraus bei der Bezirksverwaltung
beantragen. Wer das nicht tut, muss mit hohen Geld- und Gefängnisstrafen
rechnen.
Die neue Verordnung ist derzeit für sechs Monate in
Kraft. Wenn sie von der Legislative des Bundesstaates Madhya Pradesh bestätigt
wird, sobald diese wieder tagt, wird die Verordnung beibehalten.
Missbräuchlich eingesetzt
Todd Nettleton von «The Voice of the Martyrs» zu
dieser Entwicklung: «Die indische Regierung sagt: 'Wir wollen nicht, dass
jemand bestochen wird.' Und ich denke, jeder von uns würde sagen: 'Ja, wir
wollen nicht, dass jemand bestochen wird, um seine Religion zu wechseln.' Aber
die Realität ist, dass dies gegen Hindus eingesetzt wird, die ihre Religion
wechseln wollen.»
Anti-Konversionsgesetze sind auf dem Vormarsch, da die
«Bharatiya Janata Party» (BJP) darauf drängt, Indien zu einer Hindu-Nation zu
machen. Ein ähnliches Gesetz ist Ende letzten
Jahres in Uttar Pradesh in Kraft getreten. Zwei Christen wurden dort bereits
verhaftet, seit das Gesetz in Kraft getreten ist.
Bald zehn Staaten mit Anti-Konvertierungsgesetz
«Wie lange wird es dauern, bis auch dort ein Christ
verhaftet wird?», fragt Todd Nettleton. Eine Zuwiderhandlung kann bis zu zehn
Jahre Gefängnis bedeuten.
Gegenwärtig verfügen neun von 29
indischen Bundesstaaten über ein Anti-Konvertierungs-Gesetz, in chronologischer Reihenfolge:
Odisha (seit 1967), Madhya Pradesh (1968 nun verschärft), Arunachal Pradesh
(1978), Chhattisgarh (2000), Gujarat (2003), Himachal Pradesh (2006), Jharkhand
(2017), und Uttarakhand (2018) und Himachal Pradesh (2019).
In Uttar Pradesh ist ebenfalls die Einführung eines
solchen Gesetzes geplant.
Bald bundesweit gültig?
«Wir befürchten, dass diese Gesetze zu einem
Bundesgesetz werden, sobald die BJP genügend Macht im Land und insbesondere im
Senat hat», erklärt Jan Vermeer, Asien-Kommunikationsleiter von Open Doors.
Seit Amtsantritt von Premierminister Modi im Jahr
2014 hat die Ideologie der Hindu-Nationalisten massiv an Bedeutung gewonnen.
Ihre Verfechter bekämpfen den Einfluss nicht-hinduistischer Religionen auf
allen Ebenen der Gesellschaft. Neben dem deutlichen Anstieg von gewaltsamen Übergriffen
auf Christen und christliche Gemeinden durch extremistische Hindus, haben auch
Regierungsbeamte und Behörden Anteil an der wachsenden Diskriminierung von
Christen. Indien steht auf dem Weltverfolgungsindex 2021 an zehnter Stelle
unter den Ländern, in denen Christen am stärksten wegen ihres Glaubens verfolgt
werden.