Er predigte gegen Hitler

Julius von Jan als «Gerechter unter den Völkern» geehrt

Der evangelische Pfarrer Julius von Jan (1897-1964) wurde eingangs Woche als «Gerechter unter den Völkern» geehrt. Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem ehrt mit dieser Auszeichnung Menschen, die sich während dem Zweiten Weltkrieg für die Juden einsetzten.
Erinnerung an Julius von Jan
Richard von Jan nahm die Auszeichnung seines Vaters entgegen (Bild: Botschaft des Staates Israel)

Bekannt wurde Julius von Jan durch seine Predigt am 16. November 1938 in der Martinskirche in Oberlenningen. Heute erinnert dort ein Relief an den mutigen Pfarrer, der damals im Alter von 41 Jahren und als Vater zweier Kinder nicht schwieg. Eine Woche nach der «Pogromnacht» stellte er sich entschieden gegen die Nazis. Er prangerte die Verschleppung der Juden in die Konzentrationslager an, das Zerstören der Synagogen und die Enteignung von Juden.

Kurz danach wurde er von den SA-Schergen verprügelt. Er überlebte und landete hinter Gittern. Im April 1939 aus Württemberg ausgewiesen, zog er nach Bayern und wurde im Folgejahr an die Ostfront beordert. Fünf Jahre durfte er zurückkehren ins Pfarrhaus nach Oberlenningen.

In dunkelster Zeit beigestanden

Die Auszeichnung nahm sein Sohn Richard von Jan (86) entgegen. «Er war freundlich, zurückhaltend, unauffällig – kein Mensch, der alles nach aussen trägt», erinnerte er sich gegenüber der Bild-Zeitung. Der israelische Botschafter Jeremy Issacharoff (65) sprach von einem «leuchtendes Beispiel für Integrität. Er stand als Mann Gottes den Juden in der dunkelsten Zeit ihrer Geschichte zur Seite.» Jeder humane Mensch hätte das tun sollen, «doch er war eine Ausnahme.»

Sein Sohn erklärte weiter: «Es ist gewissermassen der Höhepunkt der Ehrungen, die meinem Vater posthum zuteil geworden sind.» Eigentlich habe er sich um Preise immer gedrückt, doch an diesem würde er sich auf jeden Fall freuen.

Er zitierte Jeremia

Die meisten schwiegen, als die Synagogen brannten und die Schaufenster zerstört wurden. Der Krieg hatte noch nicht begonnen, doch die Gewaltherrschaft war längst installiert.

Julius von Jan predigte – angelehnt an den Propheten Jeremia – «O Land, Land, Land, höre des Herrn Wort!». Er sprach vom «organisierten Antichristentum». Und weiter: «Die Leidenschaften sind entfesselt, die Gebote missachtet, Gotteshäuser, die andern heilig waren, sind ungestraft niedergebrannt worden, das Eigentum der Fremden geraubt oder zerstört. Männer, die unserem deutschen Volk treu gedient haben […], wurden ins KZ geworfen, bloss weil sie einer anderen Rasse angehörten!»

Weiter erklärte er: «Gott lässt seiner nicht spotten. Was der Mensch säet, wird er auch ernten!»

Über 27'000 Menschen geehrt

Nach seiner Rückkehr wirkte Julius von Jan noch rund zehn Jahre als Pfarrer in Oberlenningen. Er starb am 21. September 1964 im Alter von 67 Jahren.

Mit der Auszeichnung «Gerechter unter den Völkern» ehrt der Staat Israel jene Menschen, die in der Nazi-Zeit ihr Leben in Gefahr brachten, um Juden vor dem Tod zu retten. Bis heute wurde diese Auszeichnung rund 27'000 Mal vergeben, darunter an über 600 Deutsche.

Zum Thema:
Grundlegende Freiheitsrechte: Nur Mut zur freien Meinungsäusserung!
Mutter Teresas 110. Geburtstag: Barmherzige Mutter der Armen
Was ist ein Menschenleben wert?: Humanitäre Hilfe und Gerechtigkeit

Datum: 15.10.2020
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet / Bild / Deutsche Welle

Verwandte News
Werbung
Werbung
Livenet Service