Nach dem erneuten Wahlsieg der Hinduistischen Partei BJP in Indien erwarten Beobachter, dass die Situation für Christen und Muslime schwieriger wird.
Christen und Muslime erleben in Indien offene Diskriminierung
und Benachteiligungen bis hin zu tätlichen Angriffen und Brandanschlägen.
Radikale Hindus sind davon überzeugt, dass allein die Tatsache, dass Menschen
die aus ihrer Sicht heiligen Kühe schlachten, den Tod verdienen.
Besonders
jüngere Gemeinden und Hauskirchen, die zumeist keine repräsentativen Gebäude
haben, sind das Ziel von Brandanschlägen und Gewalt. Im Stadt-Land-Vergleich
trifft es vor allem die ländlichen Gemeinden.
Satte
Mehrheit für die BJP
Premierminister Narendra Modi
In der jüngsten Nationalwahl errang die BJP, Bharatiya Janata Party, in
Koalitionen mit anderen Parteien, 303 der
542 Sitze des indischen Parlamentes, der Lok Shaba (Livenet berichtete). Damit wird der
pro-hinduistische Kurs des Ministerpräsidenten Naendra Modi weitergehen.
Für viele Inder ist Modi der gewünschte starke
Mann, der Indien zu einem starken Staat machen soll. Und so gab es sogar nicht
wenige Christen, die Modi vor fünf Jahren wählten, weil auch sie sich eine
starke Führung wünschten. Mittlerweile bereuen viele Christen dies. Sie
mussten erleben, wie Gewalt, Diskriminierung und Verfolgung gegen sie zunahmen.
Wellen des
Hindu-Nationalismus
Mit dem jüngsten, aber auch früheren Wahlsiegen
der BJP ging und geht eine Welle des Hindu-Nationalismus durch das Land. Obwohl
formal ein säkularer Staat, fordern viele Hindus eine Vorrangstellung ihrer
Religion. Für sie kann ein guter Inder nur ein Hindu sein. So wurden in einigen
Staaten Gesetze erlassen, die die Konversion von Hindus zu anderen Religionen
unter Strafe stellen. Angesichts der verfassungsrechtlich garantierten
Religionsfreiheit rechtlich eine Unmöglichkeit.
Zudem fühlen sich Hindus gegenüber Christen und
Muslimen moralisch überlegen, sie verstehen sich als rein, während Westler und
Anhänger anderer Religionen als unrein gelten. Auch vor diesem Hintergrund
werden Menschen, die dem Hindu-Glauben den Rücken kehren als Ausgestossene
behandelt.
Verfassungsänderung
soll Hindus bevorzugen
Wiederholt hatte
der wiedergewählte Ministerpräsident Narendra Modi angekündigt, er wolle eine
Vorrangstellung der Hinduistischen Religion in der Verfassung verankern. Das
würde die Situation für religiöse Minderheiten im Land drastisch verschlechtern.
Ein internationaler
Beobachter äusserte gegenüber Livenet seine Sorge über die weitere Entwicklung
Indiens: «Es wird erwartet,
dass Modi die Verfassung ändert. Das wird der nächste Schritt sein.» Gegenüber Livenet wollen sich Kritiker der
Regierungspolitik nur äussern, wenn gesichert ist, dass sie nicht mit Namen
genannt werden. Sie haben Repressalien zu erwarten bis hin zur Ausweisung oder der
Nicht-Wiedereinreise ins Land.
Yoga-Zentren statt
Krankenhäuser
Ein Beispiel für hinduistisches Überlegenheits-Denken ist Yogi Adityanath,
seit März 2017 Chief Minister des Staates Uttar Pradesh, dem mit 220 Millionen
Einwohnern grössten Bundesstaat in Indien. Der Politiker und Priester beginnt
seinen Tag mit dem Gang in den Kuhstall, bevor er ins Büro geht. Er sieht in der
Hilfsarbeit von Mutter Teresa und ihren Schwestern einen verkappten Versuch,
Hindus zu Christen zu machen. Er warnte davor, sich von der Hilfsarbeit
täuschen zu lassen. Im Übrigen, so Adityanath, brauche man im Land keine
Krankenhäuser, sondern vielmehr Yoga-Zentren für die Menschen.
Beten für Christen in Indien
Ein Beobachter der
Situation in Indien äusserte sich gegenüber Livenet so: «Ich bete dafür, dass die Wahrheit des Evangeliums,
dass jeder einen direkten Zugang zu Gott haben kann, einschlägt und Verbreitung
findet. Ich bete, dass die Christen im Land selbstbewusster werden und
ihre Überzeugungen trotz der Widerstände leben und umsetzen, sei es bei einer
Gemeindegründung, sei es in ihrem Beruf.»
Die
religiöse Situation in Indien lässt sich nicht leicht beschreiben. Das riesige Land
ist eher wie ein Kontinent, mit unterschiedlich religiösen und wohlhabenden
Bundesstaaten. Es gibt Staaten und Regionen, da machen die Christen über 80
Prozent aus, in anderen Staaten ist es gerademal ein Prozent. Neben den etablierten
Kirchen und den Freikirchen gibt es im Land auch viele Hauskirchen. Landesweit
gehören etwa 5-7 Prozent der Menschen zu einer christlichen Gemeinde oder Kirche.