Im Licht des Morgengrauens trifft sich eine kleine
Gruppe Nordkoreaner am Ufer eines Flusses und schleppt ihre Angelausrüstung mit
sich. Leise laden sie alles in ein Boot und fahren los. Erst als sie ganz in
der Mitte des breiten Flusses angekommen sind, trauen sie sich, in ihrer
Ausrüstung zu wühlen und die zerfledderten Bibeln herauszuholen.
Dies ist der einzige Ort,
an dem sie sich sicher genug fühlen, gemeinsam zu singen und in Gottes Wort zu
lesen. Und selbst hier sind sie ständig wachsam. Wenn sie beim Bibellesen
erwischt werden, drohen ihnen 15 Jahre in einem Arbeitslager – oder
Schlimmeres. Sie haben Geschichten gehört, was mit Menschen passiert, die dabei
erwischt werden, wenn sie den Namen Jesus laut sagen. Viele ihrer
Familienmitglieder und Freunde leben in Arbeitslagern – oder wurden dort
begraben.
Gottes Wort – ihr wertvollster Besitz
Deshalb bricht Panik aus,
als sich ein anderes Boot nähert. Alle stolpern übereinander im Versuch, die Bibeln
zu verstecken. «Es ist die Polizei», ruft jemand. Erst als der Mann im anderen
Boot sie im Namen Jesu grüsst und ihnen zuruft, dass er ein Geschenk für sie
hat, werden sie wieder ruhiger. Er bittet sie, ihre Bibeln zu zeigen – die
Christen, die eine besitzen, reichen sie ihm. Es gibt unter den
Gemeindegliedern nur wenig Bibeln, nicht genug für jeden. Und die wenigen Kopien
sind völlig zerfleddert. Nach Jahren des Bibelstudiums und ständigen Versteckens
sind die Einbände lose und die Seiten beginnen, herauszufallen. Viele der
Bibeln sind auch vom Wasser der Flussgottesdienste beschädigt. Und doch ist es
für sie ihr wertvollster Besitz… sie riskieren ihr Leben für diese Bibeln.
Als der Fremde dann eine
Kiste mit neuen Bibeln hervorholt, die von der christlichen Hilfsorganisation
World Help gespendet wurden, gibt es eine spontane Feier auf dem Boot. Die
Christen drücken die neuen Bibeln an ihre Brust und viele derjenigen, die zuvor
keine hatten, beginnen zu weinen. Für sie ist es das grösste Geschenk, das sie
je erhalten könnten. Viele Nordkoreaner wünschen sich Gottes Wort und werden es
vermutlich nie persönlich besitzen…
Ein unerwarteter Fund
Nachdem der World Help-Mitarbeiter
die neuen Bibeln der Untergrundkirche auf dem Fluss überreicht hat, nimmt er ihre
alten mit sich zurück ins Hotel und versteckt sie dort. Doch kurz darauf
verschwinden sie. Erst später findet er heraus, dass der Hausmeister sie
gefunden hat. Anstatt den Hotelgast anzuzeigen, nahm er die Bibeln mit. Er ist
selbst Christ, hat eine winzige Untergrundkirche von vier Mitgliedern bei sich
zu Hause und sie hatten lange für Bibeln gebetet. Er lobte Gott für diesen Fund
– selbst wenn die Bibeln beschädigt waren und beinahe auseinander fielen –,
weil sie nun endlich selbst Gottes Wort studieren konnten. So sehr sehnen sich
Nordkoreaner nach der Bibel!
Rachel Goodwin
Zur Autorin:
Rachel Goodwin schreibt für die christliche
Hilfsorganisation World Help. Diese wahre Geschichte hat sie von Partnern der
Organisation erfahren, unter denen sich auch nordkoreanische Flüchtlinge
befinden, die World Help dabei unterstützen, Bibeln nach Nordkorea zu
schmuggeln.