«Eine Schuld zurückzahlen»

Die nächste Massen-Missionsbewegung

Vor 5 Jahren wurden 200 chinesische christliche Leiter im Land festgehalten und daran gehindert, am 3. Weltkongress für Evangelisation in Kapstadt teilzunehmen. Statt ihn zu dämpfen, hat diese Massnahme im Rückblick den Missionseifer chinesischer Christen eher angeheizt.
Mission China

Unter den 4'000 Teilnehmern des 3. Weltkongresses für Evangelisation in Kapstadt symbolisierten die leeren Sitze den Kampf und die Herausforderungen der chinesischen Kirche, sich in der Weltmission zu engagieren. Die Blockade von 200 Leitern diente nun aber eher als Katalysator für gezieltere Schritte.

2011 schafften es 100 dieser Leiter, sich in Seoul (Korea) zu einer Konferenz zu treffen, die die Lausanner Bewegung speziell für sie arrangiert hatte. Und im Herbst 2015 kamen nun 850 weitere Leiter in Hong Kong zusammen und kündigten ein Missionsziel an, das sie lange diskutiert hatten: China will bis 2030 20'000 Missionare in die Welt aussenden.

Diese Zahl ist enorm, vor allem für ein Land, das bisher nur ein paar hundert Missionare ausgesandt hat. Sie würde China hoch in die «Top 10» der sendenden Missionsländer katapultieren, auf etwa die gleiche Ebene wie Frankreich, Spanien, Italien und Südkorea, die alle rund 20'000 Missionare ausgesandt haben. Nur die USA (127'000) und Brasilien (37'000) senden haben mehr Missionare auf dem Feld (Quelle: Center for the Study of Global Christianity GSGC).

Nicht unmöglich

Wenn es um Zahlen geht, gewinnt China immer. Es ist schwierig, die Zahl der Christen in der Volksrepublik zu schätzen, denn es gibt keine offiziellen Zahlen. Schätzungen von Forschungsinstituten reichen von 67 bis 106 Millionen, und Vorhersagen sprechen von über 330 Millionen Christen in China im Jahr 2050.

Wenn man diese Zahlen ansieht, sind 20'000 Missionare nicht unmöglich zu erreichen. Der weltweite Durchschnitt ist 175 Missionare pro eine Million Christen. Wenn China 100 Millionen Christen hat, würde das 17'500 Missionare bedeuten.

Schuld zurückzahlen – den Kreis schliessen

Aber die chinesische Kirche will nicht nur Durchschnittszahlen; es geht ihnen um die «Rückzahlung» von alten Schulden. Es wird geschätzt, dass seit den Zeiten Hudson Taylors – also in den letzten 150 Jahren – etwa 20'000 Missionare nach China ausgesandt worden sind. Diese Zahl will China nun der Welt zurückgeben.

Der Missiologe und «Erfinder» des «10/40-Fensters», Luis Bush, sagt: «Die chinesische Kirche sieht sich als das extreme Ziel von Apostelgeschichte 1, Vers 8: das Ende der Erde» und erklärt: «Als Paulus daran gehindert wurde, nach Asien zu gehen, kehrte sich das Evangelium westwärts nach Europa und kam schliesslich auch nach Amerika. Als die Missionare schliesslich China erreichten, das Ende der Erde, konnte das Evangelium nicht anders als zurückzugehen nach Jerusalem. Darum sehen die chinesischen Christen ihre Missionsbewegung als den Abschluss des Kreises – das Evangelium ist um die ganze Erde gegangen.»

Verlagerung des Schwerpunkts vom Westen zum Osten

Das Ziel Chinas erinnert an Südkorea: In den 90er Jahren hatte die koreanische Kirche sich verpflichtet, 10'000 Missionare in 10 Jahren auszusenden. Dieses Ziel erreichten sie im Jahr 2000 – jetzt plant das Land die Aussendung von 100'000 Missionaren bis 2030.  
Nun also die nächste Bewegung aus China. «20'000 chinesische Missionare mehr auf der Welt unterwegs wird definintiv eine Verlagerung des Schwerpunktes der Weltchristenheit vom Westen zum Osten bedeuten», kommentiert David Ro, der Leiter der Lausanner Bewegung für Ostasien.

China: bis 2030 grösstes christliches Land der Erde?

Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur «idea», die sich auf das Mercator-Institut für China-Studien (Berlin) beruft, könnte China bis zum Jahr 2030 die USA als das Land mit der grössten christlichen Bevölkerung überholen. Schätzungen zufolge könnten dann mehr als 200 Millionen Christen in der Volksrepublik leben. Das Gefühl, in einer moralischen Krise zu leben, lasse immer mehr Menschen in China im christlichen Glauben Alternativen suchen. Darum habe der evangelische Glaube in China in den vergangenen 30 Jahren ein starkes Wachstum verzeichnet.

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Datum: 11.01.2016
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet.ch / Christianity Today

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