Regierung Modi

Indien: Gewalt gegen Christen gehört zum Alltag

In Indien mehren sich gewalttätige Übergriffe auf religiöse Minderheiten, seit die national-hinduistische Bharatiya Janata Partei (BJP) vor einem Jahr die Macht übernommen hat. Am 26. Mai 2014 war der BJP-Politiker Narendra Modi als Premierminister vereidigt worden.
Seit Narendra Modi Premierminster in Indien ist, haben Übergriffe zugenommen.

Modi ist geprägt von der Hindutva-Lehre, wonach Muslime und Christen nur toleriert werden können, wenn sie sich dem Hinduismus als Leitkultur unterwerfen. Nach Angaben des Generalsekretärs des Gesamtindischen Christenrates, John Dayal, kamen in den ersten 300 Tagen der Regierung Modi 43 Muslime und Christen durch religiös motivierte Gewalttaten ums Leben. Insgesamt seien etwa 600 solcher Übergriffe registriert worden.

Eine ähnliche Bilanz zieht die Indische Evangelische Allianz. Sie hat im vergangenen Jahr 147 Fälle von Christenverfolgung registriert. Nach der Machtübernahme durch die BJP auf Bundesebene sei die Zahl der Übergriffe gestiegen. In der Mehrzahl der Fälle (54 Prozent) handele es sich um Bedrohung, Einschüchterung oder Nötigung; bei jedem vierten Fall (24 Prozent) sei Gewalt gegen Christen ausgeübt worden – in zunehmendem Masse gegen Frauen. Zur Zerstörung von Kreuzen oder anderen Kirchenschändungen sei es in acht Prozent der Fälle gekommen. Häufig bleibe die Polizei bei solchen Vorkommnissen untätig. Im Jahr 2015 habe sich die Welle der Übergriffe bis in den Mai fortgesetzt.

Anschläge auf Sozialeinrichtungen

Einen geographischen Schwerpunkt bildete der Bundesstaat Madhya Pradesh. Dort richteten sich Anschläge auch gegen kirchliche Sozialeinrichtungen. So hätten am 12. Mai mutmasslich hinduistische Extremisten ein katholisches Heim für geistig behinderte Kinder in Pipaldhar schwer beschädigt. Aus Protest gegen die Einweihung eines christlichen Waisenhauses seien am selben Tag drei Kirchen in Indore angegriffen worden. Am 10. Mai hätten Hinduisten wegen angeblicher Zwangsbekehrungen einen Pastor und 40 Gemeindemitglieder in Dewas tätlich angegriffen. Die Polizei habe die Opfer und nicht die Tatverdächtigen festgenommen und verhört.

Appell an die Bundesregierung

Der Präsident des katholischen Missionswerkes «missio», Prälat Klaus Krämer, hat an die deutsche Bundesregierung appelliert, die Verfolgung religiöser Minderheiten in Indien stärker in ihrer Menschenrechtspolitik zu beachten: «Die rechtliche Diskriminierung und Gewalt durch Hindu-Nationalisten in Indien macht unseren Projektpartnern grosse Sorgen.» Zum Alltag gehörten politische Morde aus religiösen Gründen, zerstörte Kirchen und Moscheen, die Einschüchterung von Priestern und Ordensleuten, Druck auf Nicht-Regierungsorganisationen sowie Kampagnen, die Christen und Muslime zwingen wollten, Hindus zu werden.

Gleichzeitig versuchten hindu-nationalistische Kräfte, im gesamten Land sogenannte Anti-Bekehrungsgesetze durchzusetzen, die einen Übertritt vom Hinduismus zu anderen Religionen verhindern sollen. In fünf der 29 Bundesstaaten sind solche Gesetze bereits in Kraft: Madhya Pradesh, Chhattisgarh, Odisha, Gujarat und Himachal Pradesh. Die indischen «missio»-Partner erklärten: «Der Hindu-Nationalismus bedroht durch seine totalitäre Struktur mittlerweile die gesamte Demokratie und Zivilgesellschaft in Indien.» Von den 1,25 Milliarden Einwohnern Indiens sind 82 Prozent Hindus, zwölf Prozent Muslime und mindestens drei Prozent Christen. Die übrigen sind meist Anhänger von Natur- und Stammesreligionen.

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Datum: 30.05.2015
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / idea Schweiz

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