Das Wunder von Gush Katif

«Vom Himmel hoch ... » Über 5000 Einschläge in Gush Katif.
In den Strassen dieser Siedlung.
Leben und Protestieren in Gush Katif. Israels Regierung plant die Räumung der Siedlungen im Gazastreifen.

Ein wahrer Bombenhagel ging in den letzten Jahren auf die israelische Siedlung Gush Katif im Gazastreifen nieder. Dabei wurden «nur» vier Menschen getötet. Ein Wunder Gottes?

Nicht weniger als 5347 Mörsergranaten und Raketen fielen in den letzten viereinhalb Jahren auf die 21 Einzelsiedlungen von Gush Katif nahe der ägyptischen Grenze am Mittelmeer. «Dabei starben vier Menschen, und über 100 wurden verletzt», sagt Eran Sternberg, Sprecher von Gush Katif gegenüber dieser Homepage. «Häuser wurden durch diese Bomben nicht zerstört, aber stark beschädigt», und zwar 110 an der Zahl. Mehrere Hundert wurden in Mitleidenschaft gezogen.

Überall niedergegangen

«Sie haben blindlings auf unsere Ortschaften geschossen, ohne richtig zu zielen.» Doch eigentlich wollten sie auch die Synagogen bombardieren und «so viele Menschen wie möglich umbringen und soviel wie möglich zerstören», erzählt Sternberg. «Sie machten endlose Versuche, uns zu infiltrieren und Frauen und Kinder umzubringen. Sie wollten uns auch nicht einfach nur Angst machen. Die hohe Anzahl an Bomben und Raketen zeigt das.» Überall seien die Raketen niedergegangen.

«Lächerliche Resultate»

Dass nicht mehr passiert sei, betrachtet er als ein Wunder. «Statistiker haben sich vor Ort ein Bild gemacht, die Art der Bomben geprüft, die Einschläge pro Meter und vieles weitere verglichen. Sie waren erstaunt, als sie diese Angaben mit vergleichbaren Fällen rund um den Globus verglichen. Selbst die Terroristen drückten ihre Frustration aus und sprachen von „lächerlichen Resultaten“.» Sieht Eran Sternberg darin Gottes Schutz? «Ja, natürlich hat Gott seine Hand über unsere Ortschaften.»

Das Wunder in Zahlen

Zu Gush Katif zählt Sternberg 21 Siedlungen mit 8700 Einwohnern. 4 Personen kamen durch die 5437 Einschläge ums Leben. Macht pro Toten 1336,75 Raketen und Granaten. Oder 0,6145977 pro Einwohner.

Gedanken eines Militärhistorikers

Einschlag und Wirkung – dazu ein paar Gedanken des Militärhistorikers Hans Rudolf Fuhrer von der Militärakademie an der ETH Zürich: «Diese Fragestellung ist so alt wie die Militärgeschichte. Es gibt da keine allgemeingültige Aussage.» Darum würde er im Falle von Gush Katif das Wort „Wunder“ mit Vorsicht gebrauchen, es aber für die subjektive Befindlichkeit der Betroffenen gelten lassen.

Er hat diesen Konfliktort selber nie unter die Lupe genommen. «Es gibt bei jeder derartigen Untersuchung viele Fragen zu beantworten. Welche Waffen wurden eingesetzt? Eine grosse Fliegerbombe ist zum Beispiel wirkungsvoller als eine selbstgebastelte Rakete. Wurde die Waffe unter grossem psychischen Druck des Schützen abgeschossen oder hatte er Zeit? Wie war die Bevölkerung geschützt? Gut, mittelmässig oder gar nicht?» Jede Situation sei anders, auch die Art der Waffe und die Art des Angriffs. Zu berücksichtigen ist ferner, ob die Zivilbevölkerung um die Gefahr weiss oder komplett überrascht wird usw. All diese Variablen würden das Resultat beeinflussen.

Fuhrer untersucht zur Zeit das sowjetische Bombardement, das im Zweiten Weltkrieg auf Finnland niederging. «2. Januarwoche 1940. 2000 Bomben fielen auf 42 Ortschaften. 18 Menschen starben, 39 wurden verletzt.» Macht 111,1 Einschläge pro getötete Person. Ist das nun viel oder wenig? Man könnte darauf verweisen, dass die Trefferquote in Gush Katif mehr als zehnmal schlechter ausfällt; „erst“ beim 1337. Einschlag stirbt dort jemand. – Fuhrer warnt vor solchen makabren Zahlenspielereien. Viel gescheiter wäre es, sich mit derselben Gründlichkeit der Ursachen des Konflikts anzunehmen. Hinzu komme folgendes: «Indem man Gott ins Spiel bringt, versucht man, das Unerklärbare erklärbar zu machen und Gott für sich zu monopolisieren. Im Konflikt zweier Religionen halte ich das für gefährlich. Denn es heisst, dass Gott nicht mit der anderen Seite ist. Auch das „Gottesurteil“ ist so alt wie die Kriegsgeschichte, aber damit nicht weniger problematisch.»

Kommentar

„Dem Frieden nachjagen“

Von Daniel Gerber

Der 1337. in jener israelischen Siedlung wird sich nicht darüber freuen, dass «nur» jeder 1337. stirbt. Wie sich in Finnland keiner der 18 Getroffenen gefreut hatte ... Aber wenn man davon ausgeht, dass Gott in Gush Katif tatsächlich ein Wunder bewirkt hat, dann kann man sich nur darüber freuen, dass er sein Volk beschützt hat. Als „sein Volk“ bezeichnet er es ja in der Bibel. Dass muss nicht gleichzeitig eine Niederlage der Palästinenser sein. Sondern Gott hat verhindert, dass andere Menschen Blut an den Händen haben.

Gott ruft in der Bibel auch uns zum Frieden auf. Es steht dort nicht, «falls ihr nach Feierabend noch etwas Zeit übrig habt, wäre es ganz nett, wenn ihr während ein paar Minuten – es kann auch vor dem Einschlafen sein – einige Gedanken zum Thema Frieden verlieren würdet ... » Es heisst vielmehr, man solle «dem Frieden nachjagen», Hebräer 12,14.

Datum: 06.05.2005
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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