Noch ein Licht in Bethlehem

Nihad Salman. Auch seine Gemeinde in Bethlehem wächst.
Alex Awad bildet am Bethlehem Bible College die Hirten von morgen aus.
Bethlehem heisst übersetzt «Brothausen». Ob die Landschaft bald wieder blüht?

Die Menschen in Bethlehem besinnen sich auf ihren prominentesten Bürger. Die Folge: In Jesu Geburtsstadt wachsen die christlichen Gemeinden.

Ausserhalb der Weihnachtssaison ist es ruhig in Bethlehem. Touristen findet man wenige, und wenn, dann fahren sie nicht selten mit dem Taxi zur berühmten Geburtskirche und anderen Attraktionen und verlassen die Gegend gleich wieder. Die Hotels stehen zum grössten Teil leer.

Voll dagegen sind die Kirchen. «Wir leben hier unter schwierigen Bedingungen. Manche Leute wenden sich nun von Gott ab. Sie sagen, er kümmert sich nicht um uns. Es sind aber auch viele, die sich Gott zuwenden», schildert Nihad Salman. Er leitet eine Gemeinde, die inzwischen auf rund 200 Mitglieder angewachsen ist. Seine Erklärung: «Die Leute haben keinen Job und viel Zeit. Da schauen sie nach jemandem, der stärker ist und ihnen hilft. Vor der Intifada waren wenige Leute in den Kirchen. Heute sind sie voll. Die Menschen kommen, um zu beten. Wir haben acht evangelische Kirchen, und die meisten wachsen. Das ist eine neue Erfahrung. Es ist schön zu sehen, dass die Leute in dieser schwierigen Zeit beim Herrn Hilfe suchen.»

Zwei Prozent Christen – wie in der Schweiz

Nihad hofft, dass sie auch in besseren Zeiten den Gemeinden treu bleiben. «Wir führen Jüngerschulungen durch, damit unsere Mitglieder in Gottes Wort gegründet werden.» Die Christen in der Geburtsstadt von Jesus Christus geniessen Religionsfreiheit. «Es ist ein Segen, dass Gott diese Freiheit ermöglicht. Inmitten von harten Zeiten zeigt er seine Gnade», freut sich Nihad Salman. Nach den Worten von Alex Awad, Dekan des Bethlehem Bible College, gebe es immer mehr Gebäude, Dienste und Gläubige. «Und wir werden in der Gesellschaft immer mehr respektiert.» In dieser palästinensischen Gesellschaft gebe es etwa zwei Prozent bekennende Christen – ähnlich viele wie in der Schweiz. In Bethlehem selber sei der Anteil etwas höher.

Orientalischer Worship

In den Gottesdiensten werden palästinensische Lobpreislieder mit orientalischem Touch gesungen. Awad: «Die Menschen hier lieben das Singen und Händeklatschen. Der Lobpreis freut die Leute sehr.» Es sind zum Beispiel Songs vom College-Chor, aus Ägypten, dem Libanon oder auch von messianischen Juden. Gesungen wird meist auf Arabisch. Die Gottesdienste liefen in etwa ab wie überall auf der Welt. «Wir sind aber nicht zu charismatisch. Wir sind konservativer als man zum Beispiel in den USA oder in manchen Teilen Europas.» Der Worship sei aber geisterfüllt, und «es ist eine Freude, am Sonntagmorgen in Bethlehem in einer Gemeinde zu sein». So ein Gottesdienst dauert ein bis zwei Stunden, je nach Gemeinde.

Weniger freier Sex, Alk und Drogen

Das Hauptproblem sei, dass man nicht frei aus Bethlehem hinaus- oder hineingehen könne. «Das ist nicht leicht», versichert Alex Awad. «Wegen der politischen Situation kümmern wir uns daher auch mehr um Frieden und Gerechtigkeit, mehr als man das im Westen tut.» Dafür sei man vor Verführungen besser geschützt. «Zum Beispiel vor Drogen und Alkohol. Aber wenn junge Leute Drogen wollen, kriegen sie die auch hier. Aber sie sind weniger mit freiem Sex oder Süchten konfrontiert als ihre Altersgenossen in Europa. Wir sind konservativer, und auch der Islam verhindert manche dieser Auswüchse.»

Ein Licht geht auf

Vor 40 Jahren seien die Evangelikalen noch am Rande gestanden. «Man hat uns als Sekten oder Kulte betrachtet. Heute geniessen wir Respekt.» Bewirkt haben das der Lebenswandel der Christen und die Arbeit der christlichen Werke in den vergangenen 15 Jahren. «Die Regierung weiss, dass wir keine Probleme machen. Wir sind gute Bürger und tun unsere Arbeit. Wir lieben unser Land und betrügen nicht. Sie finden auch keine Christen, die Verräter sind.» Man kenne zum Beispiel das christliche Sozialwerk «Shepherd Society». Auch Moslems bekämen dort zu essen. Awad: «Jesus sagt: Lasst euer Licht leuchten, damit die Menschen eure guten Werke sehen und dadurch euren himmlischen Vater preisen. – Wir sind Gott sehr dankbar, dass wir in der Gesellschaft ein Licht sein können.»

Datum: 11.12.2004
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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