30.000 Opfer, multipliziert mit 100 Jahren ...
Offizielle „Staatsreligion“ ist in China nach wie vor der Kommunismus, und seligmachend sei der Glaube an die Partei. Nur folgen dem immer weniger. Breite Schichten öffnen sich dem Materialismus, der über Sonderwirtschaftszonen wie Schanghai und Hongkong ungebremst ins Land rollt. Von der übrigen Presse weniger beachtet ist der enorme christliche Aufbruch, den China seit Jahren erfährt. Schätzungen gehen inzwischen von bis zu 100 Millionen bekennenden Christen aus. Oder 30.000 Neuzugängen pro Tag – und das unter widrigsten Umständen.
Erst im vergangenen Juni wurden 100 Leiter einer evangelischen Hauskirchenbewegung vorübergehend festgenommen. Nicht weniger als 50 Offiziere des "Public Security Bureau" hatten ihr Treffen überfallen. Am 2. Juli durften sie zwar ihre Zellen wieder verlassen, hätten nun aber Meldeauflagen zu erfüllen, wie das Freitagsfax unter Berufung auf das Missionswerk Asianharvest berichtet.
Im Budget: 90 Mio. Franken für Christenverfolgung
Die Kader des „Büros für religiöse Angelegenheiten“ werden für solche Einsätze besonders geschult, unter anderem durch die jährlich stattfindende "National Religious Working Conference". Im Januar 2004 schaute man sich dafür eigens das vierstündige christliche Video „The Cross: Jesus in China“ an und studierte das neue Buch des früheren Time-Magazine-Korrespondenten David Aikman, „Jesus in Beijing“. Beides dokumentiere „das erstaunliche Wachstum und die Vitalität des Christentums in China“, wie das amerikanische Heft „Christianity Today“ schreibt. Um das zu bekämpfen, hat die Regierung dem Religionsbüro 450 Millionen Yuan, rund 90 Millionen Franken, zur Verfügung gestellt. Sie sollen den Elite-Kaderteams dabei helfen, unregistrierte religiöse Gruppen zu eliminieren und durch „patriotische Kräfte“ zu ersetzen.
Kein Sieg über die Vergangenheit
Bislang war diesen Bemühungen wenig Erfolg beschieden. Denn die Vergangenheit können auch gut dotierte Schlägertrupps nicht auslöschen. Aber grade dort dürfte einer der Hauptgründe für das rapide Wachstum der christlichen Gemeinden liegen: 30'000 neue Christen pro Tag seien es zur Zeit – 30'000 ermordete Christen waren es, damals, im Jahr 1900, beim so genannten Boxeraufstand.
Die Märtyrer des „Boxer-Aufstandes“
Die nationalistische Gruppe der „Boxer“ begehrte auf gegen alles Fremdländische, das sich seit Jahrzehnten im Land festgekrallt, es gedemütigt und geplündert hatte. In einer fanatisierten Überreaktion zählte man dazu auch alle einheimischen Christen und ihre ausländischen Missionare. Im Sommer des Jahres 1900 eskalierte die Lage, und über 32.000 Christen wurden grauenvoll niedergemetzelt, unter ihnen 188 Missionare. Mit langen Krummschwertern wurden ihnen die Köpfe abgeschlagen, mit Messern das Herz aus der Brust geschnitten, andere bei lebendigem Leib in ihren Häuser verbrannt, wie ein Reporter der London Times als Zeitzeuge berichtete. „Sha kuei-tzu“, „bringt die Teufel um“, hätten die Aufständischen geschrien.
Späte Frucht
Dass die Opfer sich nicht wehrten, sondern den Tod hinnahmen, wurde von vielen ihrer Landsleute aufmerksam und staunend registriert. Offenbar wirkt dieses Staunen, dieser Eindruck von damals, weiter bis in die Gegenwart und lässt den christlichen Glauben auch heute noch als eine glaubwürdige Alternative zur staatlichen oder westlichen Ersatzreligion erscheinen.
Unter ähnlichen Umständen hatte ein anderer Christ den Satz formuliert: „Das Blut der Märtyrer ist der Same der Kirche.“ Der nordafrikanische Bischof Tertullian brachte damit seine Erfahrung auf den Punkt, die er im zweiten Jahrhundert unter den Verfolgungen durch die römischen Behörden gemacht hatte. Chinesische Christen machen sie heute, wie es dieses Rechenbeispiel nahe legt.
Quellen: Freitagsfax, unter Berufung auf www.asiaharvest.org
Datum: 04.12.2004
Quelle: Livenet.ch